Moerderische Idylle
Unruhe. Außerdem hatte er ein Großteil seiner wachen Zeit in seinem mit Klimaanlage ausgerüsteten Büro im Polizeigebäude verbracht, deswegen war er nicht gerade auf die Hitze vorbereitet.
»Wir sollten vielleicht im Haus bleiben«, schlug er vor und lächelte Eva Svanström zögernd an. Was ist eigentlich los, überlegte er. In Schweden, mitten im Sommer?
»Ich finde das phantastisch«, erwiderte Eva, lächelte glücklich und breitete beide Arme zu einer überaus unschwedischen Geste aus. »Komm schon, Janne, los geht’s. Du darfst auch im Schatten sitzen.«
Die Nachrichten am Abend und am folgenden Morgen drehten sich größtenteils um dasselbe Thema, und die lokalen Medien brachten ein ansehnliches Maß an sogenanntem Lokalpatriotismus zum Ausdruck. Der wärmste Ort auf schwedischem Boden war weiterhin des Herrn getreues Smäland. Eine Zeitung erkühnte sich sogar, Smäland zur neuen Riviera Nordeuropas auszurufen, während Smälandsposten wie schon so oft zurückhaltender auftrat, denn schließlich weiß jeder Smäländer, dass man nicht übertreiben darf.
Wie die großen Morgenzeitungen hatten auch die Lokalzeitungen allerlei Fachleute zu Wort kommen lassen, solche, die vor dem Treibhauseffekt warnten, und solche, die alles mit dem Hinweis auf geschichtliche und langfristige Temperaturschwankungen abtaten, zum Beispiel mit dem Hinweis auf die Tatsache, dass zur Bronzezeit noch oben in Norrland Weintrauben angebaut worden waren, und ansonsten gab es jede Menge medizinische Tipps für die schwitzenden Leser.
Es galt, im Schatten zu bleiben und sich ruhig zu verhalten, jeder unnötigen körperlichen Anstrengung aus dem Weg zu gehen, viel zu trinken und den Kopf mit einer Mütze oder einem Hut zu schützen. Vor allem war das wichtig, wenn man älter oder sehr jung war oder hohen Blutdruck oder Probleme mit dem Herzen hatte. Und natürlich durfte man nicht einmal für kurze Zeit Hunde oder kleine Kinder in verschlossenen parkenden Autos lassen.
In den Abendzeitungen war alles wie immer gewesen. Nachdem sie ihre Pflicht getan und die meteorologischen Notwendigkeiten abgehakt hatten, waren sie auf das Wesentliche zurückgekommen, wie auf den Zusammenhang zwischen der unerträglichen Hitze und der wachsenden Gewalttätigkeit in diesem Sommer. Und auf den Lindamord, nicht zu vergessen.
Einer der befragten Experten in einem der allergrößten Klatschblätter hatte sogar auf deutliche Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit von Serienmorden und Serienmördern und der aktuellen Temperatur hingewiesen. Nach seiner eigenen Forschung stieg die Wahrscheinlichkeit für ersteres Phänomen mit der Temperatur. Das Sommerhalbjahr war kritischer als das Winterhalbjahr, ganz egal, ob man Eskimo oder Hottentotte war. Und die allermeisten bekannten Serienmörder in den USA zum Beispiel wurden lieber in den südlichen Staaten Kalifornien und Florida tätig als im Mittleren Westen oder in den nördlichen Bundesstaaten, und das konnte kein Zufall sein. Hitze führt zu Gewaltausbrüchen, vor allem bei psychisch kranken, labilen und instabilen Tätern, erklärte er abschließend.
19
Das Leben spielt. Zuerst muss ich vor dem Mittagessen mit einer vergrätzten Alten reden, und dann muss ich mit zwei Vollidioten speisen, da Rogersson offenbar lieber mit einer weiteren Alten herumfaselt, dachte Bäckström. Und als ob das nicht genug wäre, gibt es zum Mittagessen auch noch zerkochte Nudeln mit einer verdammten Fischsoße. Was ist denn an ganz normalen Klopsen mit roter Beete auszusetzen, überlegte er. Schließlich liegt doch Schonen verdammt noch mal Wand an Wand mit diesem Loch hier.
Knutsson und Thoren machten einen um einiges fröhlicheren Eindruck, und am allerfröhlichsten war Knutsson, der sich mit Einbrechern amüsieren durfte, seit die Nachbarin sich in der großen Morgenzeitung geoutet hatte.
»Sehr umsichtig von dir, Erik«, lobte Thoren. »Als ich las, was sie gesagt hat, war ich sofort überzeugt davon, dass es stimmt. Ich glaube, du liegst total richtig.«
»Erzähl«, sagte Bäckström. Vollidioten, dachte er.
Thoren zufolge war alles ganz einfach.
»Typisches Einbrecherverhalten. Zuerst schleichen sie ganz nach oben, wo die Gefahr nicht so groß ist, dass jemand aus einer der unteren Wohnungen zufällig vorbeikommt.«
Um drei Uhr morgens, mitten in der Urlaubszeit, muss dieses Risiko ja auch gewaltig sein, dachte Bäckström und nickte dem Kollegen aufmunternd zu.
»Ja, und dann hat er wohl
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