Moerderische Idylle
Frauenzimmer mit Humor, dachte er.
Nichts Besonderes, meinte Anna. Etliche lokale Schurken und ihr Gegenteil waren dort gewesen, ungewöhnlich, wenn wir Ort und Zeit bedenken. Sie hatten mit mehreren bereits sprechen können, und alle waren entsetzt über den Mord an Linda. Was nicht weiter überraschend war, fand Anna.
»Es gibt also mindestens fünfzig Personen, von deren Identität wir keine Ahnung haben«, stellte Bäckström fest. Die Meisterdetektivin Anna Blomkvist, dachte er.
»Ja«, sagte Anna. »Schlimmstenfalls, wenn wir von Männern sprechen. Ich glaube aber, dass es weniger sind.«
»Aber wie kriegen wir die jetzt«, beharrte Bäckström.
Anna zufolge mussten sie damit rechnen, dass es seine Zeit dauern würde. Einerseits wegen der Urlaubszeit, andererseits war es wohl einfach so, dass viele von ihnen nicht zugeben wollten, dass sie im Lokal gewesen waren, auch wenn sie dort keinerlei Kontakt zum Mordopfer gehabt hatten. Außerdem hatte Kollegin Sandberg eine private Überlegung angestellt und fragte, ob sie die wohl vortragen dürfe.
»Ich habe ziemlich viel darüber nachgedacht, und, ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob es der Mühe wert ist.«
»Warum sollte es das nicht sein«, fragte Bäckström. Faul ist sie auch noch, dachte er.
Aus mehreren Gründen, fand Anna. Jede Menge Arbeit, und egal, wie sehr man sich auch anstrengte, man würde doch nicht alle finden, die im Lokal gewesen waren.
»Ist das alles«, fragte Bäckström. Seufz, dachte er.
»Ist es eigentlich interessant«, fragte Anna. »Alles weist doch darauf hin, dass ihr niemand aus dem Lokal gefolgt ist oder sie überhaupt verfolgt hat. Oder dass sie sich für später mit jemandem verabredet hat, dem sie im Lokal begegnet ist. Wenn das, was die Nachbarin in der Zeitung sagt, stimmt, dann ist sie doch offenbar einem Verrückten zum Opfer gefallen? Ich finde, dass eigentlich fast alles dafür spricht.«
»Das wissen wir aber nicht«, sagte Bäckström kurz. »Weder du noch ich«, fügte er hinzu. Und du am allerwenigsten, dachte er.
»Also machen wir weiter«, stellte Anna fest.
»Richtig erkannt«, sagte Bäckström. »Ich will alle, die im Lokal waren, identifiziert und verhört haben, und wenn wir währenddessen den Täter auf andere Weise finden, dann blasen wir die Aktion eben ab. In der Hinsicht bin ich nämlich nicht blöd.«
»Verstanden«, sagte Anna kurz.
»Noch was«, sagte Bäckström. »Du hast mir angeboten, einen Blick in ihren Terminkalender zu werfen.«
»Sicher«, sagte Anna. »Aber ich fürchte, auch darin steht nichts Interessantes. Zumindest habe ich nichts gefunden.«
»Sind die Techniker damit fertig«, fragte Bäckström. Wieso denn auch nicht, dachte er.
»Aber ja«, sagte Anna. »Nur Lindas Finger. Keine anderen.«
»Wie schön«, sagte Bäckström und grinste.
»Wie meinst du das?« Anna musterte ihn wachsam.
»Da brauche ich nicht solche Plastikhandschuhe anzuziehen«, sagte Bäckström.
»Das brauchst du nicht«, sagte Anna kurz. »Sind wir dann so weit?«
»Sicher«, sagte Bäckström und zuckte mit den Schultern. Dass ein Frauenzimmer mit so feinen Möpsen so verdammt sauer sein kann, dachte er.
18
Ein seltsamer Sommer. Der seltsamste seit Menschengedenken und seit Gedenken aller anderen, falls sie alt genug waren, natürlich nur. Er hatte schon im Mai angefangen und schien kein Ende nehmen zu wollen. Tag für Tag unter stechender Sonne mit immer neuen lokalen Hitzerekorden, die sich dazu noch ziemlich gerecht über das ganze Land verteilten.
Dienstag, der 18. Juli, brachte einen neuen nationalen Rekord. Der alte schwedische Rekord war fast sechzig Jahre zuvor eben in Smäland aufgestellt worden. Am 29. Juni 1947 waren nämlich mitten am Tag in Mälilla achtunddreißig Grad notiert worden, und wenn es nun unser Herrgott ist, der das Wetter lenkt, dann schien er die Seinen offenbar ermahnen zu wollen. Wie sollte man es sonst erklären, dass um drei Uhr nachmittags am Dienstag, dem 18. Juli, in Väckelsäng, einige Dutzend Kilometer südlich von Växjö, eine Temperatur von achtunddreißig Komma drei Grad Celsius gemessen wurde? Und das noch dazu im Schatten.
In Växjö war es verhältnismäßig kühl. Als Lewin und Eva Svanström um kurz nach eins die Wache verließen, um in der Stadt ein spätes Mittagessen zu sich zu nehmen, flimmerte der ganze Oxtorg im Sonnendunst, obwohl es nur schnöde zweiunddreißig Grad waren.
Ohne zu wissen, warum, verspürte Lewin die vertraute
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