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Moerderische Kuesse

Moerderische Kuesse

Titel: Moerderische Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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vorgegeben, sie hätte Angst, im Schlaf zu sterben, und außerdem das Gefühl, dass sie das Gift besser bekämpfen könnte, wenn sie bei Sinnen war, und obwohl Dr. Giordano wusste, dass das aus medizinischer Sicht unsinnig war, hatte er sich ihren Wünschen gebeugt.
    Manchmal, hatte er erklärt, sei die geistige Verfassung eines Patienten entscheidender für seine Erholung als die körperliche. Dass ihr anfangs immer wieder die Augen zugefallen waren, hatte sich als Glücksfall erwiesen, denn er hatte deshalb darauf verzichtet, ihre Pupillen zu untersuchen, wobei ihm mit Sicherheit die Kontaktlinsen aufgefallen wären.
    Als sie sich langsam und unter Aufbietung aller Kräfte aus dem verschwenderisch ausgestatteten Bad in ihr Zimmer zurückkämpfte, saß Rodrigo bereits auf dem Stuhl neben dem Bett und wartete auf sie. Er war vom Rollkragenpullover bis zu den Schuhen in Schwarz gekleidet und wirkte in dem weiß und eierschalengelb eingerichteten Zimmer wie ein düsteres Omen.
    Sofort wechselten alle ihre Instinkte auf eine höhere Alarmstufe. Rodrigo würde sich nicht so leicht manipulieren lassen wie Salvatore. Zum einen war Salvatore zwar gerissen gewesen, aber sein Sohn war schlauer, härter, verschlagener –
    und das wollte einiges heißen –, zum anderen hatte Salvatore einen Narren an ihr gefressen und Rodrigo nicht. Für den Vater war sie eine junge Frau gewesen, eine Eroberung, aber sie war drei Jahre älter als Rodrigo, der stets genug zu erobern gehabt hatte.
    Sie trug ihren eigenen Pyjama, den man ihr gestern aus ihrer Wohnung geholt hatte, aber sie war dankbar für den zusätzlichen Schutz des dicken türkischen Morgenmantels, der an einem Haken im Bad gehangen hatte. Rodrigo gehörte zu jenen aggressiv erotischen Männern, deren Ausstrahlung sich keine Frau entziehen kann, und sie war durchaus empfänglich für diese Facette seiner Persönlichkeit, obwohl sie eigentlich genug über ihn wusste, um sich innerlich vor Abscheu zu schütteln. Er war an den meisten Sünden Salvatores nicht unschuldig, obwohl er tatsächlich unschuldig an den Morden war, die sie auf ihren Rachefeldzug getrieben hatten; zu jener Zeit hatte sich Rodrigo zufällig in Südamerika aufgehalten.
    Sie kämpfte sich zum Bett vor, ließ sich auf die Matratze sinken und klammerte sich an einem Bettpfosten fest, um nicht umzukippen. Dann schluckte sie und sagte: »Sie haben mir das Leben gerettet.« Ihre Stimme war dünn und schwach. Sie war dünn und schwach und eindeutig nicht in der Lage, sich zu verteidigen.
    Er zuckte die Achseln. »Das war ich nicht. Vincenzo – Dr.
    Giordano – sagt, er hätte Ihnen sowieso nicht helfen können.
    Sie haben sich von ganz allein erholt, aber Sie haben einen Schaden davongetragen. Eine Herzklappe, sagte er, wenn ich mich recht erinnere.«
    Das wusste sie bereits, weil Dr. Giordano ihr am Morgen das Gleiche gesagt hatte. Sie hatte gewusst, was ihr passieren konnte, als sie diesen Plan gefasst hatte.
    »Ihre Leber wird sich hingegen erholen. Sie sehen schon viel besser aus.«
    »Niemand hat mir erklären können, was eigentlich passiert ist. Woher wussten Sie, dass ich krank war? War Salvatore auch krank?«
    »Ja«, bestätigte er. »Er hat sich nicht wieder erholt.«
    Ganz offensichtlich wurde eine andere Reaktion als »Na endlich« von ihr erwartet, darum dachte Lily mit aller Kraft an Averill und Tina und vor allem an die pubertär schlaksige Zia mit
    ihrem
    offenen,
    fröhlichen
    Gesicht
    und
    dem
    ununterbrochenen Geschnatter. O Gott, wie vermisste sie Zia; der Schmerz saß genau in ihrem Herzen. Tränen traten ihr in die Augen, und sie ließ sie über ihre Wangen rinnen.
    »Es war Gift«, sagte Rodrigo mit so gelassener Miene und Stimme, als spräche er über das Wetter. Sie ließ sich nicht irreführen; bestimmt zerfraß ihn der Zorn. »In der Weinflasche des Restaurants. Es scheint ein synthetisches, sehr wirksames Designergift zu sein; wenn die ersten Symptome auftreten, ist es bereits zu spät. Monsieur Durand aus dem Restaurant sagte, Sie hätten von dem Wein gekostet.«
    »Ja, einen Schluck.« Sie wischte die Tränen von ihren Wangen. »Ich mag keinen Wein, aber Salvatore gab keine Ruhe und wurde wütend, weil ich nicht probieren wollte, darum kostete ich … aber nur einen kleinen Schluck, ihm zuliebe. Es schmeckte widerlich.«
    »Sie haben Glück gehabt. Vincenzo sagt, das Gift ist so wirksam, dass sie jetzt tot wären, wenn sie mehr getrunken hätten oder der Schluck nicht ganz so klein

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