Moerderische Kuesse
herhalten musste, hatte er wohl das Recht der Wahl.
Sie war nur froh, dass es keinen Rolls‐Royce zu mieten gegeben hatte.
»Tut er auch«, bestätigte er. »Die Deutschen bauen immer noch die besten Motoren. Aber der Jaguar war verflucht cool.
Und der Megane war super zu fahren.«
Lily rätselte, wie sie so schnell vom Thema abgeschweift waren; gerade hatten sie noch von ihrer Liebe gesprochen, jetzt redeten sie über Autos. Sie schlang die Arme um seinen Hals.
Wie sollte es mit ihnen weitergehen? Und war es überhaupt sinnvoll, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, solange sie nicht wussten, ob sie überhaupt eine hatten?
»Du bleibst im –«, setzte Swain an.
»Kommt gar nicht infrage«, fiel ihm Lily ins Wort. »Ich bleibe ganz bestimmt nicht im Auto.«
»Das ist sicherer«, bemerkte er mit unbestechlicher Logik.
»Nicht für dich«, widersprach sie nicht weniger logisch. Er sah sie finster an. Dass sie ebenso logisch argumentierte wie er, war eindeutig ein Charakterfehler. Sie blickte ebenso finster zurück und verdüsterte ihr Gesicht dabei übertrieben, um ihn zu ärgern.
»Ich brauche keine Rückendeckung.«
»Na schön. Wenn es so ungefährlich ist, kann ich es ja machen.«
»Scheiße.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und trommelte dann mit den Fingern aufs Lenkrad. Immerhin war es das Lenkrad eines richtigen Autos, eines schwarzen Mercedes der S‐Klasse; das war im Moment der einzige Trost, den er finden konnte.
Die Aussicht auf die bevorstehende Transaktion machte ihn so nervös wie eine langschwänzige Katze in einem Schaukelstuhlgeschäft. Er spürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken, und all seine Instinkte schienen ihm zuzuschreien, dass die Sache schwer in die Hose gehen könnte. Wenn er allein gewesen wäre, hätte er damit besser umgehen können und die Übergabe eher als Herausforderung betrachtet, aber dass Lily mit von der Partie war, änderte alles.
Drei Tage hatte er gebraucht, um einen Lieferanten für das benötigte Plastik aufzutreiben, und der Kerl hatte darauf bestanden, dass sie sich in einem finsteren Viertel von Paris trafen, wo sie Dollars gegen Sprengstoff tauschen sollten. Sogar im Vergleich mit anderen finsteren Vierteln war dieses ein unbeleuchteter Tunnel in einer Neumondnacht. Im Grunde war ein Slum wie der andere, und er war schon in einigen gewesen, aber hier lag ein übler Geruch in der Luft, bei dem sich alle seine Haare aufstellten.
Der Lieferant hieß angeblich Bernard. Es war ein ziemlich gewöhnlicher Name und daher möglicherweise sein richtiger.
Swain hatte da seine Zweifel, aber letztendlich war es ihm egal, wie er Typ hieß. Ihm war nur wichtig, ob das Plastik brauchbar war, ob die Geldübergabe klappte und ob er lebend aus der Sache rauskommen würde. Ein paar hässliche Gestalten lebten sehr gut davon, dass sie dieselbe illegale Ware immer und immer wieder verkauften; dazu brauchte man nur den Kunden zu beseitigen und anschließend die Ware und das Geld einzustecken.
Höchstwahrscheinlich gab es auch Kunden, die umgekehrt arbeiteten: den Verkäufer beseitigen, das Geld behalten und die Ware mitnehmen. In beiden Varianten war es ein profitables Geschäft. Und das bedeutete wiederum, dass dieser Bernard wahrscheinlich genauso nervös war wie Swain. Kein gutes Vorzeichen.
»Aus dem Auto kann ich dir keine Rückendeckung geben«, sagte Lily und prüfte dabei so gut wie möglich ihr Bild im Rückspiegel. Sie probierte seit einigen Tagen verschiedene Verkleidungen aus. Heute trug sie von Kopf bis Fuß schwarz und war darüber hinaus in einen schwarzen Mantel gehüllt, dessen sackartiger Schnitt ihre schlanke, aber unverkennbar weibliche Gestalt verbarg. Statt der üblichen eleganten Stiefeletten trug sie Motorradstiefel mit fünf Zentimeter hohen Absätzen, in denen sie deutlich größer aussah und deren klobige Form kaschierte, dass sie zierliche Füße hatte.
Außerdem
hatte
sie
in
einem
Fachgeschäft
für
Maskenbildnerbedarf hautfarbene Latexmasse gekauft und lernte, ihre Kinnform und Stirn zu verstärken, damit sie maskuliner aussah. Zusätzlich trug sie ihre braunen Kontaktlinsen, hatte die blonden Haare unter eine schwarze Strickmütze gestopft und diese bis knapp über die Augenbrauen gezogen, die sie nachgeschwärzt hatte, damit sie zu dem mittelgroßen falschen Schnauzer passten, den sie unter ihre Nase geklebt hatte.
Als sie aus dem Bad gekommen war, hatte er sich gebogen vor Lachen, aber jetzt, im schwachen
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