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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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Vergewaltigt und gemordet. Gewürgt. Einen mit dem Spaten erschlagen. Polizisten mit geklautem Auto umgefahren. Soll ausgesehen haben wie der Milz, dieser Tourist in Thüringen. Wie Kevin Milz, der Schwerstverbrecher, der brutale Serientäter. Hat nicht reagiert, als er öffnen sollte, der Tourist. Auf Ansprache hin herumgewirtschaftet, als ob er gleich eine Gewehrsalve durch die Tür hindurchbrettern wollte. Trotzdem. Einfach erschießen? Durch die Tür?«
    Rauchbär sog die salzige Luft der See in tiefen Zügen ein. Thüringen war weit weg. Auch wenn einige Spökenkieker gemeint hatten, den steckbrieflich gesuchten Schwerstverbrecher Kevin Milz hier in der Nähe gesehen zu haben. Von der SoKo Milz waren welche im nahe gelegenen Wismar aufgetaucht.
    Rauchbär verhielt den Schritt, um dem Spiel der Wellen zuzuschauen. Adria, Atlantik, Pazifik, ach was. Ostsee. Das war es. Ein Thüringer Wald kam da überhaupt nicht gegen an. Auch keine Thüringer Bratwurst von dioxingefüttertem Schwein. In frischem Hering war höchstens ein bisschen Quecksilberverseuchung. Rauchbär grinste und schmeckte gleich Bratkartoffeln mit grünen Heringen   …
    »Dienstfrei« statt »Urlaub«. Irgendwie musste der Dienst bei ihm immer dabei sein. Er war nun einmal gern auf Streife. Sein Gang hatte auch jetzt etwas Polizeiliches an sich.
    Gerade hatte er die Grenze zum inoffiziellen FKK überschritten. Er hatte es erst gar nicht bemerkt, weil es so kalt und regnerisch war und sich außer ihm weit und breit niemand hier aufzuhalten schien. Doch plötzlich gerieten seine energischen Schritte aus dem Takt.
    Unübersehbar aalte sich direkt vor ihm eine Nackte im nassen Ostseesand. Sie hatte weder Decke noch Tasche, Kleidung, Handtuch oder Schuhe bei sich. In der warmen Jahreszeit wäre das nichts Ungewöhnliches gewesen. Aber so?
    »Fehlt Ihnen etwas?«, fragte Rauchbär. Dann gewahrte er die ihn leblos anglotzenden Augen, den offen stehenden Mund. Eine Leiche. Ein neues Opfer. Vergewaltigt und getötet. Arme Deern, dachte Rauchbär, während er per Handy die diensthabenden Kollegen informierte. Sie würden sicher die SoKo schicken.
    Rauchbär musterte die Tote. »In Sachsen, in Sachsen, wo die schönen Mädchen wachsen.« Wie kam er jetzt darauf? Kurz nach der Wende war der Strom der Urlauberinnen und Urlauber aus Sachsen zeitweise versiegt. Die Sachsen hatten sich die bis dato verborgene exotische Welt erobert. Nun waren sie wieder da.
    Eine schöne Sächsin? Vielleicht. An irgendetwas oder irgendwen erinnerte Rauchbär diese junge Frau. An etwas, das lange zurücklag   … Er blickte in die Ferne. Wo blieben die von der Kripo? Übersehen konnten sie ihn und die tote Frau kaum.
    Plötzlich kam ein ganzes Rudel von Männern über den Strand. Die praktische Kleidung, die dicken Alukoffer der Spurensicherer   – das war die Soko, kein Zweifel.
    »Sind Sie also über die Leiche gestolpert, wie?«
    »Tscha. Das ischa man woll so. Hauptwachtmeister Rauchbär mein Name. Eigentlich in Urlaub.«
    »Ist ja ein feiner Urlaubstag.«
    »Mit Spuren ist das hier schwierisch«, nörgelte einer. Er wandte sich Rauchbär zu. »Hier gommt im Moment wohl lange keener vorbei. Außer Ihnen natürlisch.«
    »Kommen Sie aus Sachsen?«
    »Ja, mer Sachsen unterwandern halt alles.«
    »Die mecklenburgische Kripo ja woll nich.«
    »Nu, ihr aus Wismar seid doch ooch dabei?«
    »Alle Ossis sächseln«, griente einer der anderen Beamten. Zwei seiner Kollegen lächelten.
    »Och, weeßte«, sagte der Sachse. »Mer Saggsn sin die Kern-Ossis, nu?«
    LKA-Beamte aus ganz Deutschland bildeten die SoKo Milz. Die Tote konnte schließlich Mecklenburgerin sein, Hessin, Sächsin, Bayerin oder Thüringerin. Eine Touristin oder eine mit diversen Versprechungen hierher gelockte Ost-Europäerin oder eine Zwangsprostituierte, die bar aller Kleidung den Menschenhändlern entflohen und von ihnen eingeholt worden war. Kevin Milz hatte sicher nicht nach der Herkunft seines Opfers gefragt.
    »Wäre schön, wenn Sie uns irgendwas zu der Frau sagen könnten«, wandte sich einer, der sich als Jürgen Anders vorstellte, an Rauchbär.
    Statt »Ick hew de Diern hier an Strand dat ierste Mol sähn«, sagte Rauchbär: »Ich habe die junge Frau hier am Strand das erste Mal gesehen.«
    »Ja, und wann war das?«, hakte der Berliner nach.
    »Jetzt. Eben.« Rauchbär konnte ihm nicht weiterhelfen.
    Soweit er das wusste, waren die von Kevin Milz Ermordeten allesamt Zufallsopfer gewesen. Warum hatte er die

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