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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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Brillenträger ihn besorgt.
    Holbein nickte, sein Blick wurde langsam klarer. Er registrierte nun auch, dass der Mond einen Körper hatte und dieser in einem braunen Cordanzug steckte. Holbein tastete rechts und links von sich über den Boden, spürte kalte Fliesen unter seinen Fingern, Fugen dazwischen. Die Krypta, natürlich, der Sarg. Abrupt richtete er sich auf. Der Mann im Cordanzug reichte ihm eine Hand. Holbein zog sich hoch, kämpfte gegen das Schwindelgefühl. Der Tote, schoss es ihm durch den Kopf, trotz der Sonnenbrille hatte er ihn natürlich sofort erkannt. Statt der Mumie lag unzweifelhaft sein Zwillingsbruder Hannes in dem Glassarg!
    Ludger Holbein kämpfte gegen die Tränen, wischte sich mit der Hand mehrfach über die Augen, dann flüsterte er mit rauer Stimme: »Was, verdammt noch einmal, ist hier passiert?«
    »Das würde ich allerdings auch gerne wissen.« Der Mann ihm gegenüber griff in die Innentasche seines abgewetzten Cordanzuges, zog einen Ausweis hervor, den er kurz schwenkte und gleich wieder verschwinden ließ. »Sandmann, Valentino Sandmann. Hauptkommissar im Urlaub. Mit gleichnamiger Puppe aus dem Vorabendprogramm weder verwandt noch verschwägert. Schon gar nicht mit diesem West-Plagiat.«
    Trotz der ernsten Situation kicherten einige Besucher.
    Holbein war nicht zum Lachen zumute. Ganz im Gegenteil. Sein Bruder, mit dem er sich das geerbte Häuschen von Tante Pauline seit vielen Jahren teilte, lag nun tot vor ihm. Und als ob dieser Verlust nicht schon reichen würde, war auch noch die Mumie des ihnen anvertrauten Ritter Kahlbutz verschwunden. Hannes und er hatten sich mit den Führungen abgewechselt, eine für die Gemeinde Kampehl optimale Konstellation. Und jetzt das! Ludger Holbein wünschte sich, der Boden des Gemäuers möge sich öffnen und ihn, den Sarg und die ganze Bagage verschlingen.
    »Bitte treten Sie zurück und fassen Sie nichts an.« Hauptkommissar Sandmann lief mit ausgebreiteten Armen vor dem Sarg hin und her und versuchte, die neugierigen Besucher auf Abstand zu halten. »Das gilt auch für Sie!«, wandte er sich schließlich an Holbein und bugsierte ihn vorsichtig in eine Ecke des Raumes. »Ich werde die Besucher in die Gaststätte gegenüber bringen und die Personalien aufnehmen«, raunte er Holbein zu, der immer noch wie in Trance wirkte. »Denn mit Verstärkung   …«, er warf einen Blick in den Raum, um zu prüfen, ob jemand seine Worte hören würde. »Mit Verstärkung sieht es schlecht aus. Ich habe vorhin im Polizeifunk gehört, dass aus den Ruppiner Kliniken zwei Verrück– na ja, Sie wissen schon   …« Er tippte sich mehrmals mit dem Zeigefinger auf die Stirn. »Solche Menschen eben entkommen sind.«
    »Polizeifunk?«, echote Holbein.
    »Ja, ich bin zwar im Urlaub, aber man will ja auf dem Laufenden bleiben. Eine Berufskrankheit quasi. Jedes ältere Autoradio lässt sich leicht so manipulieren, dass   …« Er biss sich auf die Zunge. Wie käme er denn jetzt dazu, Holbein illegale Tipps zu geben? »Jedenfalls ist einschließlich Büroboten und Drehstühlen alles unterwegs, was zum Polizeidienst gehört. Ich fürchte, wir müssen hier erst einmal alleine klarkommen.«
    »Autoradio   …« Holbein sah Sandmann mit einem irren Blick an. »Ja, das Auto war nicht da, heute Morgen. Ich dachte, er wäre vielleicht in die Stadt gefahren.«
    »Was, wer und welches Auto?« Sandmann schüttelte verwirrt den Kopf.
    »Hannes sein Auto. So’n ganz kleines. Kann man sogar mit ’nem Mopedschein fahren.«
    Sandmann verstand langsam. »Also, der Tote im Sarg ist Ihr Bruder Hannes, von dem Sie glaubten, er wäre mit dem Wagen unterwegs. Das ist   – nach der aktuellen Situation   – allerdings eher unwahrscheinlich.«
    »Ja«, sagte Holbein traurig. »Eigentlich ist es seine Schicht, die ich jetzt mache. Ich wäre heute Nachmittag dran gewesen, wenn die Investoren kommen. Aber als heute Morgen der Wagen nicht vor dem Haus stand   –«
    »Investoren?«, unterbrach ihn Sandmann.
    »Japaner. Die wollen hier eine Fabrik für Chips bauen. Soll Arbeitsplätze bringen.«
    In diesem Moment erklangen die piepsigen Klingeltöne eines älteren Handys. Sandmann drehte sich empört um und versuchte das Geräusch zu orten. Wenn ihn nicht alles täuschte, dann kam die Melodie direkt aus   … Er hastete zum Sarg, legte sein Ohr auf den Deckel, richtete sich abrupt wieder auf und rief Holbein zu: »Wir brauchen einen Schlüssel für das Dings, aber schnell!«
     
    Bruno

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