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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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Selbstdarsteller, selbst unter Hobbyforschern genoss er keinen guten Ruf. Trotzdem schaffte er es mit seinen Thesen zum Bernsteinzimmer immer wieder, in Regionalblättern porträtiert zur werden. Ein paar Mal waren Artikel in der Tageszeitung erschienen, sogar das Fernsehen hatte Schober schon im Nachmittagsprogramm vorgestellt, bei Hier ab Vier zwischen Berichten über DDR-Rockstars und Gartentipps.
    Schon komisch, dass nur er durch diese Grotte schlich: Lothar Wucht, der arbeitslose Blogger aus Erfurt-Bischleben, als finale Instanz der demokratischen Öffentlichkeit.
    Wucht sah Licht am Ende des Ganges, rot wie das Feuer von Kaminholz und genauso flackernd. Seine LED-Funzel schien dagegen die Helligkeit direkt aus dem Tiefkühlfach zu holen.
    Wucht schaltete die Taschenlampe aus, betrat das Gewölbe. Hier gab es Platz für ein Zirkuszelt, mindestens. Vor ihm lag ein Steinhaufen, eine Fackel ragte aus dem Geröll, weitere flackerten an den Felswänden. Genau am entgegengesetzten Ende des Gewölbes befand sich ein tiefschwarzes Loch, anscheinend ein weiterer Weg in den Fels hinein.
    Seine Schuhe waren nicht fürs Klettern über Steinhaufen geschaffen. Wucht rutschte beim Hinaufsteigen, dann wieder hinunter in die Mitte des Gewölbes. Es kam ihm vor, als versuche er, auf einer Murmelbahn Schlittschuhlaufen zu üben. Ohne Erfolg. Wucht sprang nach vorn, um den Sturz zu verhindern. Er stolperte über etwas Rundes, landete mit der Stirn   … auf einem Lederstiefel.
    Wucht murmelte »Entschuldigung«. Sein Schädel brummte. Aber wie musste es der Kuller von dem Stiefelträger gehen? »He? Alles ok?«
    Stille.
    Warum lag der überhaupt hier rum?
    Wucht setzte sich auf, sah Schobers Kopf. Die Haut sah selbst im Fackellicht grau aus wie ein Novembertag. Und die Spitzhacke gehörte normalerweise auch nicht in Schobers Hals   …
    »Scheiße«, Wucht bekam Panik. »Scheiße, scheiße, scheiße.«
    Aus dem Loch hinten in der Felswand trat eine Frau.
     
    Der Polizist trug ein gelbes Hemd unter einem braunen Anzug, sah aus wie ein zu groß geratenes Eichhörnchen und stellte sich als Kommissar Fuchs vor. Lothar Wucht brannte die Mittagssonne in den Augen, als er den Beamten betrachtete; er konnte sich vorstellen, dass Fuchs wegen der Diskrepanz zwischen Aussehen und Namen oft unterschätzt wurde. Dabei verhielten sich Menschen Wuchts Erfahrung nach nicht, wie es das Klischee nahelegte. Es waren eben nicht die schönen Frauen, die hochnäsig und arrogant durchs Leben liefen, sondern jene, welche ein allenfalls halbwegs hübsches Gesicht durch die Errungenschaften der Kosmetik und des Friseurhandwerks aufzuwerten versuchten. Vor einem Fuchs, der wie ein Eichhörnchen aussah, wollte er jedenfalls auf der Hut sein.
    »Und Sie sind über den Kopf des Opfers gestolpert?« Fuchs wies mit dem Stift in der rechten Hand auf das Felsmassiv, in dessen Innerem es vor Spurensicherern wimmelte.
    »Ich bin auf diesem Steinhaufen ausgerutscht.« Wucht hatte das auch schon einem Assistenten erzählt und einer jungen Dame in Uniform. Nun schrieb auch der Kommissar alles in seinen Block, das sparte vielleicht Kopierkosten.
    »Und Sie haben das aus dem oberen Zugang beobachtet?« Der Kommissar wandte sich zu der Frau, die sich inzwischen als Mandy Gunkel vorgestellt hatte.
    »Ich kam gerade an. Ich kannte die Grotte und habe den hinteren Eingang genommen. Ich wollte nicht mit allen anderen hier ankommen. Hätte Herrn Schober gern noch schnell allein gesprochen.«
    Wucht fragte sich, warum Mandy Gunkel nicht einfach eher gekommen war, wenn sie Schober allein sprechen wollte. Spät ankommen und dann einen Umweg nehmen, um früher da zu sein; war das Frauenlogik, oder was?
    »Und warum war Herr Wucht vor Ihnen bei der Leiche, wenn Sie vor dem Termin mit ihm sprechen wollten?«
    »Ich habe Herrn Wucht in die Grotte gehen sehen, bin mit dem Auto auf dem Weg hinter zur Baumgruppe gefahren.« Mandy Gunkel zeigte zu ein paar Linden, die 50   Meter weiter standen. »Ich dachte, ich bin schneller als er.«
    Wucht fragte sich, ob er das als Beleidigung nehmen sollte. Ok, Mandy Gunkel zählte noch keine 40 und sah ein bisschen aus, als wolle sie gegen die Midlife   Crisis mit Joggen anlaufen. Das lag ihm fern; hinter ihm, um genau zu sein. Nun ja, so weit nun auch nicht, aber er war im Alter für Spaziergänge angekommen; da machte er sich nichts vor.
    Der Kommissar wedelte mit Wuchts E-Mail-Ausdruck herum, als wolle er die Buchstaben herausschütteln:

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