Mörderische Tage
doch mit unserem Fall zu tun.« Und zu Andrea Sievers, die zu ihnen getreten war, sagte sie: »Zieh ihr doch bitte mal den Slip ein wenig runter.«
»Hat das nicht Zeit, bis …«
»Tu's bitte.«
Andrea Sievers ging in die Hocke und zog Paulinas Slip herunter. Fragend sah sie Julia an: »Was ist das denn?«
»Die fast originalgetreue Kopie eines Falls von vor gut acht Jahren. Die Opfer wurden damals genauso aufgefunden wie die Kleine hier.«
»Was hat die Nadel zu bedeuten?«
»Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Lass dir das in aller Ruhe von Frank erklären, wenn ich weg bin. Diese verfluchte Kanalratte hat das Spiel ausgeweitet.« Ihr traten Tränen in die Augen. »Bekomme ich den Obduktionsbericht noch vor morgen Mittag?«, fuhr sie fort und versuchte, ihre Stimme klar und fest klingen zu lassen.
»Wenn du nichts Unmögliches verlangst, ja. Worauf sollen wir besonders achten?«
»Auf alles. Ich benötige sämtliche Infos zu der Toten. Untersucht sie auch auf Medikamente wie Beruhigungsmittel, Schlafmittel, K.o.-Tropfen et cetera. Was schätzt du, wie lange sie schon tot ist?«
»Die Körpertemperatur weist darauf hin, dass sie zwischen Mitternacht und ein Uhr gestorben ist. Aber mit Sicherheit nicht hier, sie wurde hier nur abgelegt. Noch was?«
»Ja, ich würde gerne ihre Brust sehen.«
»Kein Problem«, sagte Sievers und knöpfte die schwarze
Bluse auf. Sie schüttelte den Kopf. »Gehört das auch zu eurem damaligen Fall?«
»Allerdings. Unser Mann verfügt tatsächlich über Insiderwissen. Alles wie damals, zumindest fast alles. Lass sie so schnell wie möglich auf deinen Tisch bringen, ich bin gespannt, was die Untersuchungen ergeben. Dieses verdammte Dreckschwein!« Sie sah Sievers an und fuhr fort: »Tut mir leid, aber …«
»Du sprichst doch nur aus, was wir alle denken. Komm mal runter zu mir.«
Durant begab sich ebenfalls in die Flocke, Sievers flüsterte ihr zu: »Der Dreckskerl ist der Erste, dem ich mit Vergnügen bei vollem Bewusstsein erst die Eier und dann den Rest abschneiden möchte. Aber das ist nur ein Wunsch.«
»Wie alt schätzt du sie?«
»Nicht älter als zwanzig. Sagen wir zwischen sechzehn und zwanzig.«
»Wir brauchen ihre Fingerabdrücke, und wenn du sie auf dem Tisch hast und sie saubergemacht hast, dann brauchen wir auch ein ordentliches Foto, denn es geht eventuell an die Presse, falls wir ihre Identität nicht klären können.«
»Kein Problem.«
Durant ballte die Faust und gab Hellmer das Zeichen zum Aufbruch.
Im Auto sagte Durant, während die Scheibenwischer gegen den immer stärker werdenden Regen ankämpften: »Dieses verdammte Arschloch spielt mit uns. Er hat sich nicht allein auf Gernot konzentriert, er bringt jetzt sogar einen Fall hoch, den wir bearbeitet haben. Er will uns provozieren. Mit diesem Mord hier hat er Kontakt aufgenommen, weil er denkt, dass wir bis jetzt nicht gemerkt haben …«
»Möchtest du meine ehrliche Meinung dazu hören?«, wurde sie von Hellmer unterbrochen.
»Schieß los.«
»Ich habe damit gerechnet. Aller Voraussicht nach wird er uns auch noch andere Fälle aus den vergangenen zwölf Jahren zum Fraß vorwerfen, aber nur Fälle, die wir bearbeitet haben«
»Was meinst du mit >wir«
»Du, ich und die anderen.«
»Und wie kommst du darauf?«
»Ich hatte schon gestern so ein merkwürdiges Gefühl, als wir über Gernot diskutierten. Ich dachte, es ist nicht stimmig, dass er sich ausschließlich auf diesen Gernot fixiert hat. Meines Erachtens hat er es auf unsere Abteilung im Speziellen abgesehen.«
»Bist du unter die Hellseher gegangen?«
»Nein, es war nur ein Gefühl.«
»Und was könnte deinem Gefühl nach noch passieren?«
»Muss ich diese Frage beantworten?«
»Ich bitte darum.«
»Wir arbeiten seit zwölf Jahren beim K11 und haben einige recht delikate Mordfälle gelöst, darunter auch Serienmorde. Ich gehe davon aus, unser Killer hat sich auf Serienmorde spezialisiert, die wir bearbeitet haben. Oder hast du eine andere Hypothese?«
»Einen Teufel hab ich. Aber letztlich ist das alles Spekulation. Wir haben keinen blassen Schimmer, was er als Nächstes vorhat. Es kann ebenso sein, dass er heute oder morgen einen Einzelmord kopiert, den andere Kollegen bearbeitet haben.«
»Er ist Schachspieler, genau wie Gernot einer war. Ursprünglich hat er sich an Gernot orientiert, das ist ja inzwischen klar. Berger gehörte damals der Abteilung an, die Gernots Fall bearbeitete, und der Einzige, der von der damaligen
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