Mörderische Tage
ist?«
»Hrn.«
»Danke.«
»Die anderen übrigens auch. Warum wohl hat er diesem Schreiberling die Unterlagen über Gernot zukommen lassen? Ganz einfach, weil es zu seinem Spiel gehört.«
»Aber Schwarz ist nur eine Figur in diesem Spiel«, sagte Durant.
»Korrekt, und dazu eine kleine. Schwarz ist nicht mehr als .eimBauer, wir aber suchen nach dem König. Ein Bauer ist in einem Schachspiel entbehrlich, nicht aber der König. Das ist das Spiel.«
»Und welche Rolle kommt uns zu?«, fragte Durant, während sie auf den Aufzug warteten.
»Hast du schon mal Schach gespielt?«
»Nein, aber ich wollte es immer schon mal lernen«, antwortete sie und verkniff sich ein Lachen.
Sie betraten den Aufzug, Hellmer drückte den Knopf, und sie fuhren in den vierten Stock.
»Ich bring's dir bei, wenn du wieder zurück bist.«
»Das Angebot nehme ich an«, entgegnete sie schmunzelnd, den Kopf leicht zur Seite gedreht. Sie hatte schon als Kind mit ihrem Vater Schach gespielt, sie kannte sogar noch einige berühmte Eröffnungen und Züge, mit denen sie einen unerfahrenen Spieler innerhalb weniger Minuten schachmatt setzen konnte. Nachdem ihr Vater ihr das Wesentliche beigebracht hatte, hatte sie ihn später sogar einige Male geschlagen, nur ihre Ungeduld machte ihr manchen Sieg zunichte. Und sie meinte auch, Hellmer schon einmal davon berichtet zu haben. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Welche?«
»Na ja, welche Rolle uns zukommt?«
»Wir stehen auf der anderen Seite des Schachbretts … Später.«
Sie meldeten sich bei Berger, der sich mit Seidel und Kullmer besprach, und erstatteten einen vorläufigen Bericht, wobei seine Miene immer ernster und seine Haut zunehmend fahler wurde, bis er lospolterte: »Wie, zum Teufel, kann das sein?« Berger sprang auf (so wütend hatten ihn die Beamten selten erlebt), haute mit der Faust auf den Tisch und sagte mit entschlossener Miene und hochrotem Kopf: »Da draußen verarscht uns einer nach Strich und Faden. Und wissen Sie was: Ich hasse es, verarscht zu werden! Dieser verdammte Hurensohn lacht sich schlapp, während wir wie die Deppen rumeiern und er uns dauernd ins Leere laufen lässt. Das kotzt mich einfach nur noch an!«
»Chef«, sagte Hellmer und hob beschwichtigend die Hand, »dieser Hurensohn wird nicht mehr lange über uns lachen. Mittlerweile freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit Holzer, denn wenn einer uns helfen kann, die Spur vom Opfer zum Täter zurückzuverfolgen, dann er. Und dieser Bastard hinterlässt Spuren, auch wenn wir sie im Moment noch nicht erkennen können.«
»Wissen Sie schon, wer das Opfer ist?«, sagte Berger, der sich langsam etwas beruhigte.
»Nein, bis jetzt nicht. Ich glaube auch nicht, dass die junge Frau vermisst wird, das Gesicht kam uns nicht bekannt vor. Oder, Julia?«
»Nein, allerdings hat es sehr stark geregnet, als wir in Zeilsheim waren, und ihre Augen waren geschlossen. Es ist schon möglich, dass sie in unserer Kartei ist.«
»Also gut, warten wir auf die Fotos und die Auswertung der Fingerabdrücke, dann werde ich zwei Kollegen von der Soko um einen Abgleich mit vermissten Frauen bitten«, sagte Berger, schenkte sich einen Kaffee ein und nahm wieder Platz. »Wenn Sie mich bitte alle einen Moment allein lassen würden.«
Als Durant und Hellmer in ihrem Büro waren, nahm Heller ihr Gespräch wieder auf: »Ich habe deine Frage nicht vergessen, welche Rolle uns in dem Schachspiel zukommt. Er sitzt auf der einen Seite des Tischs, wir auf der andern. Er ist allein, kann jedoch seine Figuren steuern, wie er will, während wir noch auf gut Glück agieren, weil wir seine Züge nicht kennen. Er führt im Augenblick mit vier zu null – Weiß, Peters, Schweigert und unser neuestes Opfer. Und mit jedem Opfer baut er seine Führung aus …«
»Mindestens fünf oder sogar sechs zu null, denn du hast die Slomka und die Uhlig vergessen. Kannst du eigentlich gut Schach spielen?«
»Geht so, warum?«
»Nur so. Ich wusste bis vorhin nicht, dass du Schach spielst.«
»Wir wissen vieles nicht voneinander. Lass mich aber kurz meinen Gedanken zu Ende führen. Zurzeit spielt er ein Spiel gegen einen Anfänger. Das Wichtige ist, dass wir uns von seiner Professionalität nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wir lernen mit jedem seiner Züge dazu. Und bald beherrschen wir nicht nur das Spiel, sondern auch den Gegner. Und darauf kommt es an. Irgendwann werden wir die Eröffnung machen, und er wird keine Antwort darauf haben. Das wird
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