Mörderische Tage
abzusehen.«
»Meisterstück? Was meinen Sie damit?«
»Ich habe mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt. Keine Fragen zu diesem Thema.«
»Wer außer mir ist noch hier?«
Er lachte kurz und trocken auf und antwortete: »Ich habe schon gedacht, du würdest mich das gar nicht mehr fragen. In chronologischer Reihenfolge: Karin Slomka, Pauline Mertens, Franziska Uhlig und, bitte nicht böse sein, aber ich konnte mich nicht zurückhalten … Es ist eine Freundin von dir, wenn ich so sagen darf, du kennst sie seit etwas über einem Jahr, soweit mir bekannt ist – Alina Cornelius. Sie ist kurz vor dir hier angekommen.«
»Alina? Warum sie?«, fragte Durant entsetzt und wollte aufspringen, überlegte es sich jedoch in letzter Sekunde anders, sie durfte ihn unter keinen Umständen provozieren, denn genau darauf schien er zu warten. Sie musste auf sein Spiel eingehen, ihn kennenlernen und sich unterwürfig verhalten. Provozieren ja, aber erst später, sobald sie merkte, dass er sich aus der Reserve locken ließ. Doch zu wissen, dass Alina hier war, erschreckte sie zutiefst.
»Warum nicht? Sie hat so etwas Edles, findest du nicht? Und findest du nicht auch, dass sie eine ausgesprochen schöne Frau ist? Ich bin selten einer schöneren Frau begegnet. So schön, so kultiviert, so stolz – und trotzdem allein. Was für ein Jammer, was für ein Jammer.«
»Was haben Sie mit ihr vor?«, fragte sie ruhig, auch wenn sie am liebsten laut geschrien hätte.
»Jeder erhält eine andere Behandlung, jeder bekommt andere Aufgaben.« Er machte eine Pause und fixierte Durant. Dann sagte er mit einem Hauch von Bedauern in der Stimme: »Manche sind aber auch nur hier, um zu sterben, die einen etwas langsamer, die anderen etwas schneller. Was ich mit Alina mache, muss ich mir noch überlegen, auf jeden Fall wird sie eine ganz außergewöhnliche Behandlung erfahren. So, und nun lasse ich dich allein, damit du dich deiner Arbeit widmen kannst. Aber vorher solltest du dich stärken. Und schön artig sein und sitzen bleiben. Ach ja, ich würde es begrüßen, wenn wir uns duzen. Wir werden schließlich eine ganze Weile miteinander zu tun haben.«
Er drehte sich um und holte ein Tablett mit mehreren belegten Broten sowie Bananen und zuletzt noch die fünf Getränkeflaschen herein. »Sehr brav, liebe Julia. Ich denke, das sollte für die nächsten Stunden reichen. Ich werde dich natürlich die ganze Zeit über im Auge behalten, die Kameras hast du ja bereits entdeckt. Aber es sind auch Mikrofone angebracht, nur damit du im Bilde bist. Und nun wünsche ich dir ein frohes Schaffen.«
»Warte bitte. Verrätst du mir, wie spät es ist?«
»Warum willst du das wissen? Ist Zeit nicht relativ? Wir alle machen uns doch viel zu sehr von den Sekunden, Minuten und Stunden abhängig. Es wird eine völlig neue Erfahrung für dich sein, befreit von jeglichem Zeitdruck deine Arbeit zu erledigen.«
»Ich wollte in Urlaub fahren, ich habe ein verdammt hartes Jahr hinter mir …«
»Das ist mir bekannt. Betrachte es positiv: Statt am Mittelmeer verbringst du deinen Urlaub in aller Abgeschiedenheit, um dich zu erholen. Betrachte es doch als eine Art Klosterurlaub, viel schweigen, viel arbeiten und hin und wieder Konversation mit mir betreiben. Und glaub mir, wir werden viel reden.«
»Versprichst du mir etwas?«
»Das ist normalerweise nicht meine Art, aber bitte, ich höre.«
»Lass Alina und Franziska am Leben.«
Er lachte kurz und trocken auf und erwiderte: »Nur die beiden? Du bittest nicht für Pauline und Karin? Sind sie es in deinen Augen nicht wert, am Leben zu bleiben?«
»Doch, natürlich sind sie es wert, aber ich gehe davon aus, dass sie schon sehr lange in deiner Gefangenschaft sind und sehr viel erleiden mussten. Wie Jacqueline Schweigert.«
»Was, denkst du, ist mit Jacqueline passiert?«
»Ich weiß es nicht, keiner weiß es, nicht einmal unsere Rechtsmediziner haben eine Erklärung für ihren seltsamen Tod.«
»Dann habe ich also den perfekten Mord begangen.« Er trat näher, stand breitbeinig vor ihr und fuhr fort: »Du weißt, was mit ihr passiert ist, alle wissen es inzwischen. Warum lügst du?«
»Ich lüge nicht, wir spekulieren nur. Unsere Rechtsmediziner vermuten, dass sie über einen längeren Zeitraum Weißer Folter ausgesetzt war, womöglich Isolationshaft. Es ist aber nur eine Hypothese, keine Feststellung.«
»Du hast recht, das Leben von Karin und Pauline ist nichts mehr wert, das wolltest du doch sagen, oder?«,
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