Mörderische Tage
Belobigung.«
»Keiner wird uns den Kopf abreißen. Auf in den Kampf.«
Sonntag, 20.25 Uhr
Sie stiegen aus und gingen auf das Haus zu, klingelten, ein dumpfes Ding-Dong war zu hören. Wenig später hörten sie eine Frauenstimme aus dem Lautsprecher.
»Ja, bitte, wer ist da?«
»Hauptkommissar Hellmer und meine Kollegin Kaufmann von der Kripo Frankfurt. Wir würden gerne Ihren Mann sprechen, es ist dringend.«
»Würden Sie bitte Ihre Dienstmarke durch den Briefkastenschlitz stecken?«
Hellmer sah Kaufmann fragend an und folgte der freundlichen Aufforderung. Nach wenigen Sekunden wurde die Marke zurückgereicht und die Tür geöffnet.
Eine bildschöne Frau in einem knöchellangen weißen Hauskleid stand barfuß vor ihnen und schien durch sie hindurchzusehen.
»Frau Holzer?«, fragte Hellmer.
»Ja. Entschuldigen Sie bitte, aber ich bin blind und mache die Tür nicht jedem auf, wenn ich allein bin. Unser Hausmädchen kommt erst morgen wieder. Ich wollte erst Ihre Marke abtasten, um zu sehen, ob Sie wirklich Polizisten sind. Aber treten Sie doch bitte ein, mein Mann ist nicht da, ich dachte, er wäre noch bei Ihnen im Präsidium.«
Hellmer und Kaufmann sahen sich mit vielsagendem Blick an und traten in das geräumige Haus mit dem großen Flur, dem riesigen Wohnbereich, von dem aus man einen sagenhaften Blick auf den parkähnlichen Garten werfen konnte, in dessen Mitte sich ein etwa zwanzig auf zehn Meter großer Pool befand, dessen Wasser im Licht der sich allmählich dem Horizont zuneigenden Sonne blau schimmerte. Rings um das Grundstück standen unzählige Bäume und Büsche.
»Wann haben Sie das letzte Mal mit ihm telefoniert?«
Sie lachte warm auf und antwortete: »Wenn er im Dienst ist, telefonieren wir so gut wie nie, außer im Notfall, der zum Glück noch nie eingetreten ist.«
»War er den ganzen Tag noch nicht zu Hause?«
»Nein. Nehmen Sie doch bitte Platz, er müsste eigentlich jeden Moment kommen. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Nein, danke, machen Sie sich bitte keine Umstände«, sagte Hellmer.
»Sie gestatten, dass ich mir ein Glas Wein nehme? Möchten Sie nicht doch etwas? Ein Bier vielleicht oder eine Cola?«
»Also gut, wir nehmen ein Bier«, sagte Hellmer, worauf Kaufmann ihn anstupste und flüsterte: »Woher willst du wissen, dass ich Bier trinke?«
»Etwa nicht?«
»Doch.«
Rahel Holzer bewegte sich trotz ihrer Blindheit mit einer bewundernswerten Eleganz. Nichts schien ihr fremd zu sein, sie tastete nicht nach den Dingen, sie griff mit einer Sicherheit danach, als könne sie sehen wie jeder andere auch. Sie stellte die beiden Flaschen und Gläser auf den Tisch und holte sich ein Glas Wein. Sie setzte sich den Kommissaren gegenüber auf den cremefarbenen Ledersessel und hob ihr Glas.
»Auf Ihr Wohl.«
»Nein, auf unser aller Wohl«, sagte Kaufmann und trank von ihrem Bier.
»Darf ich so indiskret sein und fragen, weshalb Sie blind sind?«, fragte Kaufmann.
»Selbstverständlich. Ich hatte vor ein paar Jahren einen Unfall, ich war beschwipst, bin am Pool umgeknickt und so unglücklich auf den Kopf gefallen, dass ich eine Weile bewusstlos war, und als ich aufwachte, konnte ich nichts mehr sehen. Wäre mein Mann nicht gewesen, ich wäre ertrunken. Er hat mich in letzter Sekunde gerettet.«
»War das hier?«
»Nein, da kannten Thomas und ich uns noch nicht, das heißt, wir hatten uns erst an jenem Abend kennengelernt. Aber seit diesem Abend waren wir unzertrennlich. Ohne ihn hätte ich das alles nicht überstanden.«
»Sie sind sehr stark«, bemerkte Hellmer.
»Das ist nur nach außen hin. Wie würde es denn aussehen, wenn ich mich gehen lassen würde? Nein, das wäre nichts für mich. Sagen Sie, das Auto, mit dem Sie gekommen sind, ist das ein Porsche?«
»Ja«, antwortete Hellmer lachend. »Haben Sie das am Motor gehört?«
»Ja. Ziemlich ungewöhnlich für einen Polizisten.«
»Nun, wenn ich mich hier so umsehe …«
»Thomas hat sehr reich geerbt, seine Eltern sind bei einem tragischen Unglück ums Leben gekommen. Sie haben ihm eine Menge hinterlassen, was natürlich kein Trost ist für den Verlust der Menschen, die er so sehr geliebt hat. Er ist ein wundervoller Mann.«
»Ja, so sieht es aus«, antwortete Hellmer. »Haben Sie eigentlich keinen Blindenhund?«
»Nein, ich wollte sehen, ob ich es auch so schaffe. Bisher hat es ganz gut geklappt. Außerdem haben wir mit Aleksandra ein Hausmädchen, auf das ich mich voll und ganz verlassen
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