Mörderische Tage
Wissen Sie, ich habe als Lektorin unzählige Kriminalromane gelesen, aber es ist etwas anderes, wenn die Polizei direkt vor einem sitzt und man nicht weiß, was man sagen soll.«
»Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen, weil es hier im Haus laut Aussage Ihres Chefs niemanden gibt, der Frau Uhlig besser kennt als Sie. Ihr Verhältnis war doch blendend, wenn ich Dr. Hofstetter richtig verstanden habe, oder?«
»Natürlich. Franziska und. ich verstehen uns fast blind.«
»Beruflich und privat?«
Martina Neumann trank von ihrem Kaffee und schüttelte den Kopf. »Leider nur beruflich. Über ihr Privatleben hat sie mit mir fast nie gesprochen, das heißt, eigentlich überhaupt nicht. Ich weiß lediglich, dass sie geschieden ist, aber das liegt wohl schon eine halbe Ewigkeit zurück.«
»Und wie lebt sie jetzt?«, wollte Durant wissen.
»Was soll ich sagen, sie wohnt in Griesheim, ich war allerdings noch nie bei ihr zu Hause. Heute war es überhaupt das erste Mal, dass ich vor ihrer Tür gestanden habe.«
»Warum ist sie so verschlossen? Haben Sie eine Erklärung dafür?«
Martina Neumann schüttelte wieder den Kopf. »Nein, vielleicht hat sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Oder es liegt in ihrer Natur. Ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen. Es kann sein, dass sie Angst hat, dass man etwas weitererzählen könnte … Ach, ich habe keine Ahnung. Franziska hält sich nun mal äußerst bedeckt, was ihr Privatleben angeht.«
»Sie wissen also nichts über ihre Familie oder welche Freunde sie hat?«
»Sie hat eine Freundin, mit der sie sich regelmäßig trifft, Cornelia Schubert.«
»Beschreiben Sie doch bitte Frau Uhlig.«
»Freundlich, introvertiert, ein Arbeitstier. Sie kann unglaublich gut mit Autoren umgehen und genießt im Haus einen ausgezeichneten Ruf. Das soll jetzt um Himmels willen nicht neidisch klingen, aber sie hat ein Gespür, das mir leider fehlt. Wenn sie zum Beispiel wieder mal jemanden entdeckt hat, von dem sie meint, das sei ein ganz großes Talent, dann gibt sie mir das Manuskript zu lesen, damit ich meinen Kommentar dazu abgebe und ihr ganz offen sage, was ich davon halte. Bis jetzt gab es nur einmal einen Fall, wo wir unterschiedlicher Meinung waren, sie sich aber letztendlich durchgesetzt hat. Die Autorin hat zwar inzwischen fünf Bücher veröffentlicht, aber sie dümpelt so vor sich hin, was die Verkaufszahlen betrifft. Doch das ist eine Ausnahme, was die Entscheidungen von Franziska betrifft.«
»Sie verbringen die Mittagspause zusammen?«
»Ja, meistens. Woher wissen Sie das?«
»Von Herrn Hofstetten Und wohin gehen Sie?«
»Wir haben einen Stammitaliener auf der Mainzer Landstraße. Luigi.«
»Merkwürdig«, sagte Durant und sah Martina Neumann zweifelnd an. »Sie gehen seit Jahren mit Ihrer Kollegin essen und können uns nichts über ihr Privatleben sagen? Kein bisschen?«
»Nein, ich schwöre es. Welchen Grund sollte ich haben, es Ihnen zu verheimlichen? Ich bin doch selber in großer Sorge um sie.«
»Ach, kommen Sie«, meldete sich nun Hellmer zu Wort, »das kauf ich Ihnen nicht ab. Frau Durant und ich gehen oft zusammen in die Kantine, und wir sprechen auch häufig über Privates.«
»Wenn ich's Ihnen aber sage. Warum sollte ich Sie anlügen?«, erwiderte sie mit hochrotem Kopf.
»Sind Sie nicht neidisch auf den Erfolg und die Anerkennung Ihrer Kollegin? Nicht ein kleines bisschen?«, hakte er nach.
»Nein! Das ist unfair, mir so etwas zu unterstellen. Ich habe es nicht nötig, neidisch zu sein, denn wäre ich es, würde ich nicht seit zehn Jahren mit ihr essen gehen. Wir verstehen uns gut, und trotzdem weiß ich nichts über ihr Privatleben. Das ist die Wahrheit!«
»Schon gut«, sagte Durant beschwichtigend. »Worüber unterhalten Sie sich denn bei Luigi?«
»Über die Arbeit, über Autoren, manchmal reden wir auch kaum etwas. Ich kann es nur noch einmal betonen, sie ist extrem verschlossen. Aber vielleicht finden Sie ja in ihrer Wohnung etwas, das Sie weiterbringt.«
»Diese Cornelia Schubert, haben Sie eine Telefonnummer von ihr?«
»Nein, aber vielleicht hat Franziska sie ja in ihrem Telefon gespeichert.«
Julia Durant atmete einmal tief durch und sagte: »Das war nicht sehr aufschlussreich, was aber nicht Ihre Schuld ist. Hier, meine Karte, rufen Sie mich an, falls Ihnen doch noch etwas einfällt, das uns weiterhelfen könnte. Wir werden uns dann mal in Frau Uhligs Büro umsehen.«
»Sicher«, antwortete Martina Neumann und erhob
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