Mörderische Tage
Frau Uhlig sich denn nicht bei der Verlagsleitung über ihn beschwert?«
Cornelia Schubert schüttelte den Kopf. »Das mit Schwarz ist so eine Sache. Er genießt Protektion von ganz oben, das heißt, Dr. Hofstetter und er sind befreundet. Da überlegt es sich eine Lektorin, auch wenn sie noch so angesehen ist, natürlich zweimal, ob sie das ansprechen kann. Sie hat lange mit sich gerungen, Hofstetter darüber zu informieren, es aber schlussendlich sein gelassen. Na ja, nach seinem widerlichen Auftritt hat sie auch nichts mehr von ihm gehört, außer dass er ihr einen Strauß Blumen und eine Entschuldigungskarte geschickt hat. Er sei an dem Tag betrunken gewesen, schrieb er, und habe nicht gewusst, was er tat. Aber selbst wenn Schwarz ein Psychopath ist, ich kann mir nicht vorstellen, dass er so blöd ist und seine über alles geliebte Lektorin entführt.«
»Wir werden ihn überprüfen«, sagte Durant, die sich davon jedoch nicht viel versprach. Das unvermittelte Verschwinden von Franziska Uhlig passte zu sehr in das Muster der anderen Fälle.
»Was können Sie uns noch über Frau Uhlig berichten?«
»Wenig. Sie führt ein ziemlich ereignisarmes Leben, und wie ich schon betonte, dieses Leben besteht zum größten Teil aus ihrer Arbeit. Klar, sie ist ein paarmal im Jahr unterwegs, New York, London, Mailand, Bologna und so weiter, aber ich sage immer,das ist kein Ausgleich für ein schönes und erfülltes Privatleben. Sie ist unglaublich einsam, und ich weiß, sie leidet darunter, aber selbst mich, als ihre beste Freundin, lässt sie nicht hinter ihre Stirn blicken. Und das macht mich traurig. Keine Ahnung, warum, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas in der Vergangenheit passiert ist, das sie sohat werden lassen. Ich habe da auch eine Vermutung, aber die möchte ich lieber nicht äußern.«
»Was Sie uns anvertrauen, bleibt auch unter uns«, sagte Durant.
»Ich glaube, ihr Exmann hat sie nicht nur betrogen. Auch wenn sie's nie gesagt hat, ich vermute, er hat sie auch geschlagen und vergewaltigt. Anders kann ich mir Franziskas Verhalten nicht erklären. Aber das muss wirklich unter uns bleiben.«
Durant nickte: »Mag sein. Das ist aber zu lange her und für ihr Verschwinden nicht relevant.« Durant räusperte sich und meinte: »Wie war sie denn vor ihrer unglücklichen Ehe?«
»Nicht viel anders, aber Jungs und Männern gegenüber doch etwas aufgeschlossener. Sie war schon immer recht still und introvertiert, nur im Job ist sie grandios, und in der Kirchenarbeit. Das ist ihr Steckenpferd, da blüht sie auf. Nur leider habe ich nicht die geringste Ahnung, wie es in ihr aussieht, obwohl sie meine beste Freundin ist. Reden kann man viel, aber was sind schon Worte?«, stieß sie bitter hervor. »Dass Sie mich aber um Himmels willen nicht falsch verstehen, ich liebe Franziska, als wäre sie meine Schwester.« Sie seufzte auf. »Und deshalb bitte ich Sie inständig, finden Sie sie.« Sie hielt einen Moment inne, ein paar Tränen stahlen sich in ihre Augen, die sie mit dem Handrücken wegwischte. »Ich habe furchtbare Angst, dass ihr etwas zugestoßen ist. Sie ist ein ganz außergewöhnlicher und wunderbarer Mensch. Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nichts weiter sagen. Nur, bitte, finden Sie sie.«
»Wir werden unser Möglichstes tun. Haben Sie einen Schlüssel zu Frau Uhligs Wohnung?«
»Ja, warum?«
»Unsere Kollegen mussten die Wohnung vom Hausmeister öffnen lassen, der ihnen auch den Schlüssel übergeben hat. Die Wohnung ist versiegelt und darf von niemandem außer von uns betreten werden.«
»Selbstverständlich. Waren Sie mal drinnen?«
»Ja, vorhin. Warum?«
»Na ja, ich könnte in diesem Haus nicht leben. Nur Rentner, womit ich nichts gegen Rentner gesagt haben will. Aber das ist das, was sie damals nach der Scheidung suchte, die Ruhe. Sie wird von niemandem gestört, und sie selbst stört auch keinen. Keine laute Musik, kein lauter Fernseher, eine unauffällige und seriöse Mieterin. Ich weiß, das hört sich schrecklich an, aber manchmal kommt sie mir vor wie eine alte Frau und nicht wie siebenunddreißig. Ich kann nur immer wieder betonen, Franziska ist ein sehr wertvoller Mensch, aber sie fühlt sich minderwertig. Wenn Sie sie kennen würden, wüssten Sie, was ich meine. Dabei ist sie sehr attraktiv und könnte an jedem Finger zehn Männer haben. Aber sie will nicht mal einen, dabei würde ich es ihr so sehr wünschen.«
Durant runzelte die Stirn und sagte mit gedämpfter
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