Mörderische Verstrickungen
letzten vierundzwanzig Stunden.
Als ich endlich ruhiger wurde, sagte sie: »Du denkst, dass Virginia ebenfalls tot ist, stimmt’s?«
»Ich denke, dass das gut möglich ist, und das macht mich so traurig. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sie sich gefühlt haben muss, als sie herausfand, in was sie da geraten war, oder kannst du das?«
Mitzi schüttelte den Kopf.
»Und da ist mehr als die Schlangen. Irgendetwas geht da oben vor, das dazu geführt hat, dass zwei Menschen ermordet wurden.« Ich machte eine Pause. »Mit Sicherheit besteht ein Zusammenhang zwischen den beiden Toten.«
»Ich denke doch.«
»Und ich muss jetzt Richard anrufen und ihm erzählen, |86| was passiert ist, aber mir graut davor. Zunächst einmal wird das Ganze für ihn keinen Sinn ergeben. Er wird denken, dass ich meinen Verstand verloren habe, wenn ich ihm berichte, dass seine Mutter mit einem Schlangensektenprediger durchgebrannt ist.«
»Warum lässt du nicht Mary Alice anrufen?«
Ich blickte auf und sah Mitzi lächeln.
»Ich geh mit Woofer raus. Und du setzt sie ins Bild. Sag ihr, dass der Sheriff den Anruf vorgeschlagen hat.«
Ich dachte daran, dass der Sheriff Miss Lilafarbene Stiefels Schönheitsschlaf nicht stören wollte.
Ich lächelte zurück. »Das ist eine großartige Idee.«
Mary Alice lebt in einem Haus oben auf dem Red Mountain, einem riesigen Haus, das die Familie ihres ersten Ehemanns, Alec Sullivan, mit den Millionen gebaut hatte, die sie mit Stahl machte. Ihre beiden anderen reichen Ehemänner hatten das Glück gehabt, dort mit ihr zu wohnen; wie ihr Vorgänger hatte sie jeder von ihnen dort ein Mal geschwängert und zur Witwe gemacht. Sie wären verrückt gewesen, dort nicht ihren Wohnsitz zu nehmen. Es ist eines der schönsten Häuser, die ich je gesehen habe, mit Blick über die gesamte Stadt. Von Schwesterherz’ Glasveranda aus kann man die Flugzeuge auf dem Flughafen starten und landen sehen. Man kann Gewitter das Tal hinuntertosen sehen und spektakuläre Sonnenuntergänge beobachten.
Als ich an diesem Morgen bei Schwesterherz vorfuhr, war die Patente Putzfee Tiffany dabei, die vordere Veranda zu fegen. Sie ist eine hübsche junge Blondine. Patente Putzfeen heißt die Firma, für die sie arbeitet, obwohl sie, wie ich wohl am besten weiß, die meiste Zeit bei Mary Alice verbringt.
|87| Sie sah hoch und winkte. Es hatte ganze zwei Grad, aber sie trug Khaki-Shorts und ein blaues Jeanshemd. Ihre Arme und Beine waren gebräunt, als wäre Juli.
»Guten Morgen, Mrs Hollowell«, rief sie.
»Guten Morgen, Tiffany. Haben Sie den Schnee gestern Abend gesehen?«
»Klar. War der nicht herrlich?«
»Und kalt.«
Sie kicherte. »Ich bleibe noch einen Moment lang hier draußen. Mrs Crane ist auf der Glasveranda und frühstückt.«
Ich trat ins Haus und ging nach hinten zu der Glasveranda, wo Mary Alice die Zeitung las und Kaffee trank.
»He!«, sagte sie und zeigte auf eine weiße Karaffe. »Willst du eine Tasse? Es ist auch noch Toast übrig.«
»Nein.« Ich setzte mich in einen der weißen Korbstühle, die mit hellem Blumenstoff überzogen waren. Neben meiner Küche ist das hier auf der ganzen Welt mein Lieblingsort.
Schwesterherz faltete die Zeitung zusammen und legte sie auf den Kaffeetisch.
»Was ist los? Du bist früh unterwegs. Ist Luke okay?«
»Ich denke. Habe nichts gehört. Virgil Stuckey hat aber angerufen.«
Schwesterherz wurde aufmerksam. Brachte sich genauer gesagt in Positur. »Wirklich?« Sie glättete den seidigen gelben Kaftan, den sie trug. »Was wollte er?«
Ich erzählte es ihr. Ich brauchte nicht so lange, wie als ich es Mitzi berichtete, denn es ging nur um den Teil mit dem Auto in Pulaski, Monk Crawfords Leiche und darum, dass wir Richard anrufen mussten. Ich rang ihr immerhin ein »Na so was!« ab.
|88| »Und keine Spur von Virginia?«
»Nun ja, Luke sagte, dass er sie in der Kirche gesehen habe, erinnerst du dich?«
»Ich glaube nicht, dass er sie gesehen hat. Ich wette, sie ist tot.«
Schwesterherz stand auf und wischte sich Toastkrümel von der gelben Seide.
»Du sagst, Virgil sei der Meinung, wir sollten Richard anrufen?«
Ich nickte.
»Weißt du seine Nummer?«
»Nein.«
»Nun, sie dürfte nicht allzu schwer herauszufinden sein.«
Sie ging in die Küche und kam mit einem Telefon und einem Telefonbuch zurück.
»Ich rufe einfach unser hiesiges Repräsentantenbüro an. Sie werden ein Adressverzeichnis aller Kongressabgeordneten haben.«
So war es. Schwesterherz
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