Mörderische Verstrickungen
fahren übermorgen los.
Ich hab euch beide lieb.
Haley
»Fred«, rief ich, »schau dir diese E-Mail von Haley an. Das ist ja großartig.«
Er kam, sein Hemd zuknöpfend, herein. Ich rutschte vom Stuhl, damit er vor dem Computer sitzen konnte, lehnte mich aber über ihn, während er las.
»Ist das nicht unglaublich?«, fragte ich, nachdem er meiner Ansicht nach genug Zeit gehabt hatte, um das Wesentliche der Botschaft zu erfassen.
Er scrollte nach unten. »Sie klingt aufgeregt.«
»Natürlich ist sie aufgeregt, Fred. Sie werden den Segen des Papstes empfangen. Ist das nicht wundervoll?« »Aber Haley ist Protestantin und Philip Jude.«
|174| »Verdammt, Fred, es ist der Papst.« Ich griff nach unten und stellte den Computer aus. »Geh arbeiten.«
»Warum? Was ist denn los, Schatz?«
»Deine Mattscheibe«, sagte ich und deutete mit dem Finger auf ihn, »ist so blank wie der Bildschirm hier. Geh einfach arbeiten.«
»Was ist los mit dir, Patricia Anne?«
Aber er redete mit meinem Rücken. Ich ging ins Schlafzimmer und schlug die Tür zu. Heftig. Wie hatten wir beide es, so unterschiedlich, wie wir waren, nur vierzig Jahre in relativem Frieden miteinander ausgehalten?
»Weil ihr euch über alles liebt«, sagte Mitzi Phizer eine halbe Stunde später, als ich ihr diese Frage stellte. Sie hatte mich zusammen mit Woofer durch das Tor gehen sehen und gerufen, wir sollten auf sie warten, sie wolle mit uns spazieren gehen. »Er ist dein Fixpunkt, und du bist seine Fantasie.«
»Aber der Papst, Mitzi! Kannst du dir irgendjemanden vorstellen, der nicht aus dem Häuschen ist, wenn es darum geht, den Papst zu treffen?«
Mitzi lachte. Und dann sagte sie wie Sophia in den »Golden Girls«: »Stell dir Folgendes vor: Zwei alte Damen aus Alabama stehen stundenlang in der Menge. Die Tür des Balkons öffnet sich. Eine weiß gekleidete Person, der Papst, tritt heraus und winkt der Menge zu. Die Frauen fühlen sich der Ohnmacht nahe. Sie gehen zurück in ihr Hotel, wo ihre Ehemänner sagen, ja, sie hätten es im Fernsehen gesehen. Der Papst müsse sich beim Rasieren geschnitten haben, er habe ein Pflaster am Kinn gehabt.«
Ich kicherte. »Genau das wäre die Reaktion von Fred und Arthur, stimmt’s?«
|175| »Absolut. Und dann würden sie uns an irgendeinen wundervollen Ort zum Mittagessen ausführen.«
»Sodass wir, egal, wie man es betrachtet, als Siegerinnen hervorgehen würden.«
»Nach meiner Meinung ja.«
Wir blieben stehen, damit Woofer einen Telefonmast markieren konnte.
»Wie geht es Luke?«, fragte Mitzi. »Hattest du irgendwelche Probleme mit ihm auf der Heimfahrt?«
»Nein, aber er war noch immer recht schwach gestern Abend. Wir wollen eigentlich heute nach Steele hochfahren, um in Holden Crawfords Haus nach Anhaltspunkten zu suchen, wo Virginia sich aufhalten könnte.«
»Gibt es irgendwelche neuen Entwicklungen?«
Es war erstaunlich, wie viele Dinge passiert waren, von denen ich Mitzi noch nichts erzählt hatte. Es reichte vier Blocks weit. Und da war die Geschichte mit der Kamee noch gar nicht mit dabei.
Als wir vor ihrer Einfahrt stehen blieben, schüttelte Mitzi den Kopf.
»Ich weiß nicht, Patricia Anne. Die ganze Sache gruselt mich mächtig. Schlangen, mein Gott.« Sie berührte meinen Arm mit ihren behandschuhten Fingern. »Seid bloß vorsichtig!«
»Sind wir.«
Es schien so leicht, dies zu versprechen. Natürlich würden wir vorsichtig sein. Ich dankte ihr für die Vatikan-Geschichte, dafür, dass sie mich in bessere Stimmung versetzt hatte, ging durch mein Tor und sah nach Woofers Wasser. Ein schmaler Eisring hatte sich in der Nacht an den Seitenrändern des Napfes gebildet. Aber es schien ein wundervoller Januartag zu werden. Ich nahm ihm die Leine ab |176| und ging nach drinnen, um Schwesterherz anzurufen und Haley zu mailen.
E-Mail
Von: Mama
An: Haley
Betreff: Der Papst
Mein Schatz, wie wundervoll! Was für eine Gelegenheit! Ich habe noch nicht bei St. Paul’s angerufen, aber hier erst mal die Meinung von Tante Schwesterherz. Gott weiß, wo sie solche Dinge herhat, aber wahrscheinlich liegt sie damit richtig. Ein dunkles Kostüm und ein kleines Tuch auf dem Kopf. Letzteres ist kein Muss, weil du nicht katholisch bist, aber du fühlst dich damit vielleicht wohler. Keine Verbeugung, kein Ring-Küssen. Vermutlich wird er nur ruhig deine Hand in die seine nehmen, und du sagst deinen Namen oder, falls dich jemand vorgestellt hat: »Wie geht es Ihnen, Eure Heiligkeit?« (Das
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