Mörderischer Blues
nicht tot
dabei. Wenn sie aber nicht rechtzeitig zu Beginn der Dreharbeiten im Studio
ist, dann bin ich arbeitslos. Deshalb ist mein Vorschlag rein geschäftlicher
Natur, Danny.«
»Okay, jetzt habe ich einen
Assistenten, der umsonst arbeitet. Haben Sie schon eine zündende Idee?«
»Natürlich«, antwortete April
kurz. »Wir werden den Mörder finden.«
»Überwältigend!« Ich schloß
verzweifelt die Augen. »Und wie wollen wir damit anfangen?«
»Ich habe keine Ahnung«, gab
sie zu. »Ich dachte, Sie würden sich etwas einfallen lassen.«
»Sehr gut.« Ich holte tief Luft
und öffnete langsam wieder die Lider. »Well, warum gehen wir nicht ein bißchen
im Hafen spazieren? Vielleicht fällt uns an der frischen Luft was ein.«
»Einverstanden«, meinte sie.
»Haben Sie denn wirklich keine Ahnung, wer Ellen Fitzroy ermordet hat?«
»Wenn ich die hätte, würde ich
nicht hier sitzen und mit Ihnen herumflachsen«, sagte ich. »Dann wäre ich schon
auf dem Weg nach Hollywood mit Gloria Van Raven unter dem Arm.«
»Ich bin enttäuscht«, erwiderte
sie. »Ich dachte, Sie seien ein richtiger Privatdetektiv, Mr. Boyd.«
»Werden wir nun spazierengehen oder nicht?« fragte ich höflich und erhob
mich vom Bett. »Oder ziehen Sie es vor, daß ich Sie hier erwürge, wo die Sonne
nicht scheint.«
Wir gingen langsam am Ufer
entlang und sahen Jachten und Jachten und noch mehr Jachten. Mit der Zeit wurde
das langweilig, und ich bekam Sehnsucht nach dem Hudson und dem East River.
Dann aber sah ich etwas ins Hafenbecken segeln, daß ich glaubte, meinen Augen
nicht trauen zu können. Ich machte sie zu, in der Hoffnung, es hätte so viel
Anstand zu verschwinden, wenn ich sie wieder aufmache, doch als ich für
Sekunden später die Lider aufschlug, war es immer noch vorhanden. Also, daß
rosa Elefanten zuweilen die Wände hochgehen, ist ja ein alter Hut — aber eine
spanische Galeere, wie man sie vor fünfhundert Jahren benutzte, die in das
Hafenbecken von Bahia Mar segelt, das ist zuviel.
»Schauen Sie nicht hin«,
flüsterte ich. »Aber hier kommt Christoph Columbus. Wollen Sie ihm sagen, daß
er sich um fünf Jahrhunderte verspätet hat?«
»Ach das«, meinte April
geringschätzig. »Das erstaunt mich nicht im mindesten. Es gibt Dutzende von
verrückten Fahrzeugen hier: chinesische Dschunken, spanische und römische
Galeeren, deutsche Unterseeboote, Eskimo-Kajaks, Kunststoffbadewannen und
Auslegerkanus.«
»Okay, Miss Allwissend«, sagte
ich. »Woher haben Sie Ihre Weisheit? Zu Hause aus Comic-Büchern erarbeitet?«
»Haben Sie eine Ahnung«,
entgegnete sie schnippisch. »Ich lese eine Enzyklopädie, und zwar regelmäßig
zur Erholung. Ich bin fast fertig mit dem Band POL bis ROS, und ich kann es gar
nicht erwarten, bis ich zu dem Band SPA bis TSU komme!«
»Vielleicht sollte ich mir auch
so eine Enzyklopädie anschaffen«, sagte ich mehr zu mir selber. »Sie erwecken
in mir das Gefühl, Ihnen unterlegen zu sein.«
»Das ist ganz in Ordnung«,
sagte sie beißend. »Sie sind auch unterlegen!«
Die nächsten paar Minuten
gingen wir, in brütendes Schweigen versunken, nebeneinander her.
»Ist Ihnen denn noch nicht
eingefallen, wie wir den Mörder finden können?« fragte April schließlich
ungeduldig.
»Ich dachte eben an Ellen Fitzroy «, antwortete ich. »Sie war eine hübsche Puppe, und
singen konnte sie auch. Warum, zum Teufel, hat sie wohl so einen Landstreicher
wie Woolrich geheiratet? Etwa aus Mitleid?«
»Von ihrem Standpunkt aus stand
Woolrich gesellschaftlich über ihr und war steinreich«, antwortete April
prompt. »Dazu kam, daß er ihr Boß war.«
»Für mich ist er noch immer ein
Angeber, nicht mehr«, knurrte ich.
»Sie würde er ja auch nicht
heiraten wollen, schätze ich, Mr. Boyd«, sagte sie süß.
»Ich auch nicht«, knurrte ich.
»Well«, meinte sie lächelnd.
»Es freut mich, das zu hören.«
Wir gingen noch fünfzig Yards,
und dann hatte ich plötzlich einen Einfall. Ich blieb stehen, aber April ging
weiter. Sie bemerkte es nicht einmal, daß ich stehengeblieben war, und
entfernte sich immer weiter von mir.
»He!« rief ich ihr nach. Sie
blieb stehen, wandte sich langsam um.
Ȁrgern Sie sich nicht
darüber«, sagte sie leichthin. »Wo es Jachten gibt, gibt es auch Seemöwen.«
»Ich habe eine Idee«, sagte ich
atemlos.
»Möchten Sie, daß sie in
Formalin konserviert wird?« schlug sie hilfsbereit vor.
»Muscat Mullins hat Ellen
entweder selber ermordet, oder er war dabei, als es
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