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Mörderischer Blues

Mörderischer Blues

Titel: Mörderischer Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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von Flamenco-Bewegungen sein sollte. Sein Gesicht
zeigte dabei den Ausdruck eines einsamen Jungen, der einen Freund verdammt
nötig hat.
    Er war wirklich ein netter
Bursche, und wer war Boyd, daß er seine schlechte Laune an diesem Morgen an ihm
auslassen durfte?
    »Das sieht gut aus«, sagte ich
ihm.
    »Möchten Sie nicht an Bord
kommen und sich ein bißchen umsehen?« fragte er glücklich.
    Tu eine gute Tat, und du bist
gleich festgenagelt, dachte ich mir. Aber ich betrat die Gangway und ging
hinüber. Er führte mich herum. Sein größter Stolz war die Hauptkabine, nicht
sehr groß, aber eine genaue Nachbildung der Kapitänskajüte, wie sie vor vier
Jahrhunderten ausgesehen haben mochte. Zwei blitzende Schwerter waren an einer
Wand über Kreuz gehängt, und die sah ich mir genauer an.
    »Echter Toledostahl «,
erklärte Valdez. »Sie sind so scharf, daß Sie ein Haar damit spalten können.«
    »Danke«, sagte ich. »Ich bleibe
doch lieber bei der Schere.«
    Er bestand darauf, daß ich zum
Frühstück blieb, und während wir aßen, erzählte er mir, daß er die Galeone vor
sechs Monaten hatte bauen lassen. Als sie fertig war, hatte er sein Haus
verkauft und lebte nun ständig an Bord.
    »Ein wunderbares Leben«, rief
er enthusiastisch. »Wundervoll, sage ich Ihnen. Hat man sich an einer Gegend
sattgesehen, hievt man den Anker auf und fährt weiter.«
    »Machen diese Segel nicht eine
Menge Arbeit?« fragte ich.
    Valdez errötete fast.
    »Die sind nur fürs Auge«, gab
er zu. »Ich habe eine Maschine mit einer Schiffsschraube, und damit geht es
freilich viel einfacher.«
    Ich war der Ansicht, daß ich
meinen Weg zurück zur Gangway allein finden konnte, dankte ihm für alles und
verabschiedete mich.
    »Es war mir wirklich ein
Vergnügen, Mr. Boyd«, sagte er, und es klang ehrlich. »Kommen Sie jederzeit
wieder an Bord, wenn Sie Lust haben!«
    Ich kehrte zu meiner Kabine
zurück und ging sofort ins Bett. Kurz nach ein Uhr mittags erwachte ich und war
hungrig.
    Nachdem ich geduscht und mich
rasiert hatte, zog ich mich an und dachte, daß es eigentlich ein recht netter
Tag sei und wie geschaffen, um jemand zum Lunch einzuladen. Wer sonst kam wohl
dafür in Frage als die, die mir gestern abend beim Trinken
Gesellschaft geleistet hatte?
    Als ich an die Kabinentür
klopfte, war alles, was ich von drinnen hörte, ein leises Stöhnen.
    »Bitte, gehen Sie wieder«,
sagte April mit schwacher Stimme. »Ich sterbe!«
    »Wie wäre es, wenn wir zum
Lunch gehen würden?« rief ich laut durch die geschlossene Tür zurück.
    »Mein Gott«, stöhnte sie.
    »Ein feines, saftiges Steak mit
viel Zwiebeln und Pommes frites?«
    »Verschwinden Sie — Sie
Sadist!« rief sie. »Was haben Sie vor? Wollen Sie mich in Selbstmordstimmung
bringen?«
    »April, Honey«, rief ich. »Ich
bin Denny Boyd, der Bursche mit den schlechten Manieren und dem angefertigten
Profil, der Junge, nach dem Sie so verrückt waren, erinnern Sie sich nicht?«
    »Haben Sie jetzt völlig Ihren
Spatzenverstand verloren?« schnappte sie.
    »Das war es, was Sie mir in der
vergangenen Nacht erzählten«, schrie ich wahrheitsgemäß zurück.
    »Wie kommt es, daß ich heute
morgen auf der Couch aufgewacht bin?« fragte sie nach einer Pause von zehn
Sekunden hastig.
    »Lassen Sie uns nicht indiskret
werden!« rief ich. »Jemand könnte uns hören.«
    Ich ging dann allein zum
Restaurant, mit dem beruhigenden Gefühl, das man empfindet, wenn man jemand
eine wirkliche Hilfe gewesen ist, etwa jemand, der dringend einen wahren Freund
braucht.
    Während sich das Steak, das ich
nahm, in meinem Magen heimisch zu fühlen begann, ging ich zu den Kabinen zurück
und spielte ein Frage-und-Antwort-Spiel mit mir selbst, das nur einen Fehler
hatte, nämlich, daß es keine Preise zu gewinnen gab.
    Frage: Wer war der mysteriöse
Mann, der mit allen Wassern gewaschene Finanzmann aus Manhattan?
    Antwort: Greg Bailey.
    Frage: Wer war der Bursche, der
Edward Woolrich ein Vermögen geliehen hatte?
    Antwort: Greg Bailey.
    Frage: Wer wußte, daß Eddie-Boy
pleite war, aber eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen hatte? Und wer
konnte wissen, daß Woolrich seine Frau ebenfalls hoch versichert hatte?
    Selbst wenn ich den Watson für
meinen eigenen Sherlock Holmes spielte, so kam ich doch zu der Überzeugung, daß
es sich bezahlt machen würde, mal ein Wort mit diesem Bailey zu reden, denn
vielleicht wußte der ganz andere Antworten auf meine Fragen.
    Ich hatte etwa die Hälfte des
Weges zu den

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