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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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hinunter.
    » Boże moj! Boże moj !« jammerte Novakovich.
    Ein limonengrünes Badetuch floß wie eine Flagge
über drei Treppenstufen.
    Und auf dem Absatz darunter lag Susan auf dem
Rücken, nackt. Durch einen Vorhang aus Blut lächelte sie zu ihnen herauf.

  »Ein
Männlein steht im Walde ganz still und stumm, es hat von lauter
Purpur ein Mäntlein um.« Eine Kinderstimme wurde von irgendwo unten zu
ihnen getragen.
    Novakovich bekreuzigte sich. »Boże moj! Boże
moj!«
    Wetzon kroch die Treppe hinunter und hielt sich
dabei an der Wand fest. Weiße Gipsflecken schienen durch abblätternde graue
Farbe. Susan sah so klein aus wie ein Kind. Ein Kind mit einem blutbefleckten
Kopf. Vielleicht... da war gerade eine winzige Bewegung im Haar gewesen. Um
Gottes willen. Eine dicke schwarze Wasserwanze kam unter Susans blutverklebtem
Haar hervorgekrochen. Der Schrei blieb ihr im Hals stecken.
    Wetzons Fuß berührte das limonengrüne Badetuch,
und sie bückte sich, um es aufzuheben. Es war feucht.
    » Sagt, wer mag das Männlein sein, das da
steht im Wald allein ...«sang eine Frauenstimme.
    Das kehlige, satte Lachen des Kindes klag
herauf, schwebte um Wetzon und an ihr vorbei in die Höhe. » Sing weiter,
Mami, sing weiter !«
    Wetzon schüttelte das Badetuch aus und deckte es
über Susans Leiche. Es bestand kein Zweifel, daß sie tot war.
    Ein Schrei kam von oben. »Herr, erbarme dich!«
    Erschrocken hob Wetzon den Kopf. Rhoda. An
Susans Haushälterin hatte sie gar nicht mehr gedacht.
    Novakovich, ebenso aus dem Gleichgewicht
gebracht, murmelte noch einmal: » Do Djavola !«
    Wetzon rannte die Treppe hinauf, doch Novakovich
hatte Rhoda von dem Treppenabsatz ferngehalten. »Es ist ein furchtbarer Unfall
passiert«, sagte er barsch, während er sie in die Küche drängte.
    Rhoda widersetzte sich und fragte: »Wo ist Miss
Susan?«
    »Susan muß einen Einbrecher überrascht haben.
Sie ist die Treppe hinuntergestürzt.« Wetzon legte ihren Arm um die Frau und
führte sie von der Außentür weg.
    »Herrgott, Herrgott«, rief Rhoda.
    Novakovich murmelte: »Ich muß die Polizei
rufen.« Er bekreuzigte sich wieder.
    »Haben Sie nicht gesagt, daß der Mann unten sie
schon gerufen hat?«
    »Ja, aber er hat wegen eines Streits angerufen.
Das hier ist etwas anderes.«
    »Erbarmen, Erbarmen.« Wie betäubt sah Rhoda sich
in dem Durcheinander um, immer noch die Plastiktasche von D’Agostino in
der Hand und eine abgewetzte schwarze Lederhandtasche in der anderen. »Ich muß zu
ihr. Sie ist so lieb. Noch mehr Ärger hat sie nicht verdient.« Sie versuchte,
sich an Wetzon vorbei zur Außentür zu drängen.
    »Rhoda, bitte. Mr. Novakovich kümmert sich um
alles.«
    »Aber Miss Susan...« Die Augen der alten Frau
waren trübe. Grauer Star? Wetzon hatte es vorhin nicht bemerkt.
    »Susan ist tot, Rhoda.«
    »Herr, sei ihrer Seele gnädig«, wimmerte Rhoda.
Wetzon legte den Arm um die knochigen Schultern und führte die Frau zur Wohnungstür.
    »Daß so etwas in meinem Haus passiert, wo meine
Männer gerade streiken.« Novakovich winkte ihnen. »Kommen Sie. Hier können Sie
nicht bleiben.«
    »Aber die Lebensmittel. Ich muß sie wegstellen«,
protestierte Rhoda.
    Novakovich schüttelte den Kopf. »Wir müssen
alles genauso lassen, wie wir es angetroffen haben, wie sie es im Fernsehen
machen; sonst könnten wir Beweise vermasseln.«
    Doch er hatte dies und das berührt. Und sie
hatte Susan mit dem Badetuch zugedeckt, dachte Wetzon bestürzt. Die Beweise
waren bereits vermasselt.
    »Jesus Christus, nimm sie zu dir«, murmelte
Rhoda. Tränen liefen über ihre Wangen, blieben in jeder tiefen Falte hängen,
fanden den Weg nach unten.
    »Sagen Sie nichts davon, wenn jemand in den
Aufzug steigt. Ich will nicht, daß die Leute in Panik geraten. Normalerweise
haben wir hier einen guten Sicherheitsdienst, aber Sie kennen ja diese
Aushilfswachleute, sie haben keine Beziehung zu den Leuten im Haus, also was
kümmert es sie...« Novakovich redete mit der Luft. Weder Wetzon noch Rhoda
hörte zu.
    Der Aufzug hielt im fünften Stock, und eine
große dunkelhaarige Frau in einem Zuchtnerzmantel stieg zu. Sie trug eine
Tasche von Brunschweig & Fils, vollgestopft mit Stoffmustern und
Proben. Sie bemerkte Rhodas Tränen sofort, doch Wetzon wußte, daß sie nicht
fragen würde, nicht vor Fremden. New Yorker der Oberschicht machten einen Kult
daraus, ihre Neugier nicht zu zeigen.
    In der Halle setzte Wetzon Rhoda auf das Sofa
hinten vor der Wand. Die Haushälterin

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