Mörderisches Musical
fallen. »Arthur! Seit wann bist du zurück?« Arthur Margolies,
Carlos’ Lebensgefährte, adrett im blauen Nadelstreifenanzug und
Burberry-Regenmantel, gab ihr einen flüchtigen Kuß auf beide Wangen. Er trug
einen Drahtkorb, gefüllt mit Kaffee, Brie, Nudelpaketen, einer Flasche
Olivenöl.
»Letzte Nacht.« Er machte einen abgespannten
Eindruck und hatte dunkle Ringe unter den Augen.
»Wie schlecht steht es für Mark?« fragte Wetzon
ohne Einleitung.
Er schaute sich um. »Schlecht. Möchtest du eine
Kleinigkeit essen? Poiret ?«
»Warum nicht?« Plötzlich hatte sie keine große
Lust, allein zu sein. Sie wartete, während er seinen Einkauf bezahlte. Ihr fiel
ein, daß Arthur für Carlos ziemlich das gleiche war wie Alton für Wetzon.
Jemand Solides und Zuverlässiges.
Als sie an einem Ecktisch im Restaurant Platz
genommen hatten, begann Wetzon: »Die Polizei hat mich gebeten, heute nachmittag
Fotos vom Tatort zu betrachten.« Sie sah zum Kellner auf. »Ich hätte gern den
grünen Salat und das Brathähnchen, bitte durch. Und ein Glas trockenen
Rotwein.«
»Für mich das gleiche«, sagte Arthur. »Aber mit
einem Glas Chardonnay.« Als der Kellner gegangen war, fragte Arthur: »Zu
welchem Zweck?«
»Um zu sehen, ob ich mehr entdecken würde als
sie. Nach der Art >Was stimmt nicht auf diesem Bild?< Und ich habe etwas
entdeckt.« Ein Hilfskellner kam mit Baguettes und Butter. Wetzon brach Stücke
von der Stange und bestrich sie dick mit Butter.
»Ach ja?«
»Ja.« Sie hielt eine Hand hoch, kaute,
schluckte. »Ein Stirnband, das mit Sicherheit weder Susan noch Dilla gehört
hat.«
»Wem dann?« Arthurs Blick fiel auf ihren Ring.
»Etwas Neues?«
»Phil Terraces Mutter trägt ein Stirnband, und
Susan mußte Samstag nacht die Polizei anrufen, um sie aus ihrer Wohnung befördern
zu lassen.« Sie drehte den Ring um den Finger. »Ja, der ist neu. Von Alton.«
Arthur hatte so einfühlsame Augen, war so ein
netter Mensch, daß Wetzon davon überzeugt war, daß er bis in ihre Seele blicken
konnte. »Dann ist es also ernst?«
Sie nickte. »Treffe ich die richtige
Entscheidung, Arthur?«
»Das kannst nur du wissen, Leslie.«
Ihr Wein wurde gebracht, und keiner sprach, bis
der Kellner gegangen war.
»Ich fühle mich... ich weiß nicht... gefangen?
Ich denke immerzu, daß ich an meinem nächsten Geburtstag vierzig werde und ob
ich nicht aufhören sollte zu spielen...?«
Arthur lächelte und hob sein Glas.
»Nur zu, lach du nur, Arthur. Carlos würde
johlen. Ich habe das Gefühl, daß ich mit einem soliden Bürger zur Ruhe kommen
müßte.« Sie stieß mit ihm an.
»Alton Pinkus ist das durch und durch.«
»Ach, hol’s der Teufel.« Feixend trank sie einen
Schluck. »Ich werde ein bißchen verheiratet sein. Wie alle anderen.« Sie
wartete auf das vertraute Prickeln des Alkohols im Kreislauf. Es ließ sich
ziemlich viel Zeit. »Arthur, was ist mit der Panthere? Hat Carlos dir davon
erzählt?«
»Daß Walter Greenow seine Uhr in Sam Meidners
Hand gefunden und dir zugesteckt hat. Carlos hatte sie Smitty gegeben, damit er
eine neue Batterie besorgt.«
»Ja. Wie hat Smitty das erklärt?« Ihre Salate
kamen, Berge gemischter Blattsalate mit dünnen Tomatenscheiben. Der Kellner
mahlte frischen Pfeffer über die Berge.
»Smitty behauptet, er hätte die Batterie
einsetzen lassen, was stimmt, und die Uhr irgendwie im Theater verloren.«
In geselligem Schweigen stocherten sie eine
Weile in ihren Salaten herum. »Arthur, ist es möglich, daß Sam die Uhr von
Smitty geklaut hat?«
»Warum sollte er das tun?«
»Sam hatte seit Jahren Probleme mit Kleptomanie.
Carlos hat davon gehört. Frag ihn. Sam könnte sich die Uhr angeeignet haben...«
»Könnte sein. Sam Meidner wurde von hinten
angegriffen. Die zwei Frauen haben es ins Gesicht bekommen.«
»Was bedeutet das?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht haben wir zwei
Mörder.«
»Um Gottes willen.« Sie hielt inne, während der
Kellner die Salatteller abräumte und das Hähnchen servierte, ein kleiner
knusprig gebratener Vogel inmitten feiner Gemüse. »Arthur, Smitty hat es nicht
getan. Es sind nur Indizien, stimmt’s?«
Er wich ihrem Blick aus. »Iß, Leslie«, sagte er.
»Ach, Arthur.« Ein Schauder durchlief sie. »Aber
Susan hat sich vor jemandem gefürchtet. Sie hat gesagt, jemand hätte versucht,
in die Wohnung einzubrechen, nachdem Dilla ermordet worden war. Vor Smitty
hätte sie sich nicht gefürchtet.«
»Laß mich von der Show berichten.«
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