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Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Verschwinden der Leslie Wetzon, dachte sie.
    Alton hatte um die blonde Maid geworben und sie
gewonnen, weil sie es zugelassen hatte. Sie war verwundbar gewesen. Sie hatte
seine schützende Liebe akzeptiert, sich an seine Stärke angelehnt, weil sie
sich bei ihm sicher gefühlt hatte. Aber in ihrem Innersten wußte sie, daß sie
sich nicht für immer an ihn binden konnte. Endgültige Lösungen waren im
Spielplan für sie nicht vorgesehen.
    Izz regte sich aufmerksam. Wetzon schwang die
Beine auf den Boden, scheuchte dabei den Hund auf und tappte ans Fenster. Nebel
verhüllte das Museum und den Park.
    Sie fand ihre Handtasche auf dem Tisch in der Diele,
zog ihren Federhalter und Block heraus und riß ein rosa Blatt heraus.
    »Was soll ich sagen, Izz?« Der Hund hob
herausfordernd den Kopf. An der Küchentheke starrte Wetzon, mit dem Federhalter
in der Hand, lange auf das rosa Papier. Schließlich schrieb sie:
     
    Liebster Alton, es tut mir so furchtbar leid.
     
    Sonst gab es nichts zu sagen.
    Der Ring ging leicht vom Finger ab, als wäre er
nie dazu bestimmt gewesen, daran zu stecken. Sie faltete den Ring in die
Nachricht, schrieb Alton auf das kleine Quadrat und lehnte es an die
Kaffeemaschine.
    Im Schlafzimmer zog sie sich rasch an. Alton lag
auf dem Rücken, das Haar zerwühlt, das Gesicht jung im Schlaf. Sie würde nie
wieder jemanden wie ihn kennenlernen.
    Wetzon leinte Izz an, die das Ganze für ein
Abenteuer hielt, und das war es ja auch. Sie band den Gürtel um den Regenmantel
und hatte gerade die Wohnungstür geöffnet, als ihr Altons Schlüssel einfielen.
Sinnlos, sie zu behalten. Es würde bedeuten, daß sie zurückkommen wollte. Sie
löste die zwei Schlüssel aus ihrem Schlüsselring und legte sie vor das rosa
Papierquadrat.
    Die Times vom Sonntag lag auf Altons
Fußmatte. Sie machte einen Schritt darüber, dann zog sie die Tür hinter sich
zu.
    Feigling, schalt die Stimme. Du gibst das Beste auf, was dir jemals
passiert ist.
    Das Beste, stimmte sie zu, während sie aus dem Aufzug trat, aber nicht für
mich.
    Sie durchquerte die Halle, wo ein Wachmann in
Uniform auf einem Sessel döste. Er machte die Augen auf, als sie und Izz
vorbeiflogen — denn mittlerweile rannte sie. Am Morgen würde er vielleicht
glauben, geträumt zu haben.
    Nach Osten hin, über dem Central Park, zeigten
sich hell leuchtende Streifen am Himmel. Der Nebel begann sich zu heben. Auf
den Bürgersteigen keine Menschenseele, keine Autos auf den Straßen. Sie spürte
ihre Stadt atmen.
    Für einige Minuten war sie die einzige Person
auf der Welt.
    Und dann wurde das Heulen einer Sirene von
irgendwo jenseits des Parks laut. Ein Taxi sauste die Central Park West hoch.
Izz begann, an der Leine zu zerren, und Wetzon lief nach Westen.
    Die Columbus Avenue schlief noch. Die Läden
waren noch vergittert; pralle grüne Müllbeutel lagen vor den Häusern und
warteten auf die Müllautos.
    Die Stadtwerke hatten an der Ecke der 86. Street
einen Schacht ausgehoben. Ein schwacher Gasgeruch hing über der Gegend, wo eine
Grube in den Asphalt gegraben worden war, und ein Lieferwagen mit blinkenden
Warnlichtern paßte auf Männer mit gelben Schutzhelmen unten im Loch auf. Ein
anderer Arbeiter hielt oben Wache. Das scharfe Kreischen eines Bohrgerätes
erschütterte die Stille vor der Dämmerung. Als Wetzon und Izz vorbeigingen, sah
sie, daß der Mann von den Stadtwerken kleine goldene Ringe in den Ohren trug.
    Sie begegnete niemandem in der Halle oder im
Aufzug. In ihrer Wohnung ließ sie eine Spur aus Kleidungsstücken und Hundeleine
hinter sich und kroch ins Bett. Das letzte, woran sie sich erinnerte, war Izz,
die sie mit der Schnauze im Kreuz stupste. Und dann schlief sie.
    Sie erwachte wie von einer langen Krankheit.
Langsam. Sie war wieder sie selbst, ihr eigenes Ich. Izz leckte ihr Gesicht und
sprang vom Bett, tänzelte herum, verlangte, gefüttert zu werden. Sie stellte
Izz Futter hin und kochte Kaffee, wobei sie jede Bewegung auskostete. Die Sonne
erfüllte die Küche mit blendendem Licht. Während sie duschte, ging ihr
unaufhörlich der Song aus New Girl in Town durch den Kopf, bis sie
endlich sang »It’s Good to Be Alive«. Und es war so gut, lebendig zu sein.
    Sie trainierte intensiv zu den Klängen der
Brandenburger Konzerte an der Barre, als ihre Türklingel läutete. Izz begann zu
bellen. »Ja?« Sie spähte durch den Spion.
    »Leslie, bitte laß mich hinein.«
    Sie schloß die Augen, öffnete sie. »Okay.« Sie
rollte ihr Handtuch um den

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