Mörderisches Musical
vergesse...«
Phil Terrace betrat das Café durch die
Straßentür, hüpfte wie ein Hampelmann, sah sich um.
Carlos winkte. »Dort ist Phil.«
»Hallo, Phil«, rief jemand. »Bringst du dieses
Jahr eine Mannschaft in der Liga zusammen?«
»Verlaß dich drauf.« Er schlug die Faust auf die
Handfläche Wie in einen Baseballhandschuh.
»Und du glaubst wohl, du kannst uns schlagen.«
»Verlaß dich auch darauf.«
Carlos stand auf und griff zu seinen Taschen.
»Was wolltest du mir gerade sagen, Häschen?«
»Vergiß es. Mach schon. Ich hole dich in Boston
ein.«
Wetzon stand auf.
»Tag, Häschen.« Phils breites Lächeln und die
Mütze glichen Morts. Es dauerte nicht lange, dachte Wetzon, als sie ihn
begrüßte, bis jeder im Theater Mort imitierte. Bald würden alle Bärte und
Mützen tragen. Phil trug Carlos’ Bordcase hinaus zum Auto. Er schien sich von
dem Schock am Samstag restlos erholt zu haben.
»Ich schließe, daß er in der Liga der
Broadway-Theater spielt«, sagte sie zu Carlos.
»Ein richtiger Fanatiker. Er hat mich für das
Innenfeld aufgestellt.«
»Dich? O Mann, das muß ich sehen.«
»Du machst dich lustig. Warte nur ab.« Er gab
ihr einen Klaps aufs Hinterteil. »Bis bald, Kleines. Gib uns einen dicken Kuß
und wünsch uns merde .«
» Merde, mein Lieber.« Sie drückte Carlos
fest an sich und gab ihm einen Kuß. Und noch einen. Sie fröstelte. »Paß auf
dich auf.«
Nachdem Carlos gegangen war, starrte Wetzon auf
das Papier in ihrer Hand, ohne die Zahlen wahrzunehmen. Vielleicht sollte sie
versuchen, Sonya jetzt zu erreichen. Sie ging aus dem Coffee-Shop zum Edison und fand ein Münztelefon. Sonyas Nummer stand in ihrem Adreßbuch. Sie steckte
einen Vierteldollar in den Schlitz und tippte die Zahlen ein. Sie würde eine
Nachricht auf Sonyas Anrufbeantworter hinterlassen, und vielleicht fände sie
dann später zu Hause schon eine Nachricht von Sonya vor. Sie hörte das
Rufzeichen, wartete, daß die Maschine sich einschaltete.
»Sonya Mosholu.«
»Sonya! Ich bin so froh, daß ich dich erreicht
habe.«
»Leslie?«
»Ja. Störe ich?«
»Nein, du hast mich zwischen zwei Patienten
erwischt. Wie geht es dir?«
»Nicht so gut. Ich brauche eine Beratung.«
Sonyas Stimme wurde sofort berufsmäßig.
»Wann kannst du kommen?«
»Geht es heute abend?«
»Oh. Hm. Okay. Wie wäre es um acht?«
»Abgemacht.«
So, sie hatte es getan. Stolz auf sich legte sie
auf. Der Telefonkasten klingelte und rasselte, und ihr Vierteldollar fiel in
die Rückgeldklappe. Es mußte ein Omen sein. Sie formte eine Pistole mit der
rechten Hand und schoß sich in die Schläfe. Sie wurde Smith immer ähnlicher.
Als sie das Geldstück in die Tasche fallen ließ,
berührten ihre Finger das Papier mit der Telefonnummer. Eigentlich könnte sie
es gleich versuchen, wo sie gerade hier war, und das mit Donnerstag regeln. Sie
tippte die Nummer und hörte das Rufzeichen, einmal, zweimal, drei, vier. Sie
wollte schon auflegen, als eine Stimme sagte: »Büro Joel Kidde.«
Das
Taxi, aus dem sie gerade gestiegen war, wurde von dem Portier von Susan
Orkins Haus für ein älteres Paar in Abendkleidung mit Beschlag belegt. Die Frau
trug ein Nerzcape lose um die mageren, knochigen Schultern. Ihr Gesicht zeigte
den erstarrten Ausdruck von einem Lifting zuviel. Ihr Gefährte war einer jener
auf androgyne Weise schönen weiß-haarigen Männer mitauffälliger Sonnenbräune
und elegantem Goldschmuck, die häufig reiche Witwen und geschiedene Frauen in
der Stadt begleiteten. Es war so typisch für die East Side, daß Wetzon lachen
mußte. Ihre Upper West Side mit der Mischung aus Schauspielern, Tänzern,
Musikern, Schriftstellern und Zabar’s- süchtigen Yuppies war mehr nach
ihrem Geschmack.
Sie blieb einen Augenblick stehen, um dem Wind
zu lauschen, der die Markise über ihr knattern ließ, dann stieß sie fest gegen
die schwere Eingangstür und durchquerte eine Vorhalle, die größer war als das
Büro, das sie mit Smith teilte. Zwei Stufen tiefer schloß sich eine weitere
Halle von der Größe ihrer ganzen Wohnung an. Die Einrichtung bestand aus
schokoladenbraunen Ledersofas und soliden Stilmöbeln aus Nußbaum. Wächserne
Blattpflanzen füllten breite, mit Steinchen gefüllte Messingkübel. Wandhohe
Fenster gegenüber blickten auf einen winterlich kahlen Garten mit braunen
gestutzten Hecken und Pfaden.
Ein zweiter alter Portier, das Gesicht ein Netz
aus geplatzten Äderchen, stand an einem Telefonschaltbrett. Er wartete,
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