Mörderisches Musical
gekommen sind.«
»Ich dachte, ohne Beziehungen wäre nichts zu
machen.«
»Das hat Dilla nicht abgeschreckt.« Susan
lächelte. »In Wirklichkeit war es Fran Burke, der die Beziehungen hatte. Er hat
Freunde im Haus. Du kennst doch Fran?«
»Ja. Er hat ein paar Tourneen von meinen Shows organisiert.«
»Tee? Oder etwas Stärkeres?« Susan hatte dunkle
Ringe um die Augen, und von den Augenwinkeln gingen spinnwebartige Linien aus.
Sie trug kaum oder gar kein Make-up, nicht einmal Lippenstift. »Möchtest du
deinen Mantel aufhängen?« Sie wies mit dem Kopf auf den Ständer mit einfachen
Holzzapfen, an dem schon mehrere Mäntel, dicke Schals und zwei schwarze
Filzborsalinos hingen.
»Gern einen Tee. Mit Zitrone bitte.« Wetzon nahm
den Mantel vom Stuhl und hängte ihn an den einzigen freien Zapfen. Der Kessel
begann zu pfeifen.
Vom Hund kam ein dumpfes Heulen, und irgendwo in
der Wohnung wurden streitende Stimmen laut. Eine Tür ging auf, und eine Frau
schrie vor Enttäuschung. Ein harter Schlag folgte. Dann das Geräusch von
Getrippel, Nägel auf nackten Holzböden, und eine Kugel aus weißem Flaum von
genau derselben Farbe wie Susans Haar flitzte in die Küche und warf sich in
Susans ausgestreckten Arm. Susan lachte. Sie begrub ihr Gesicht im Fell des
Zwerghundes und ließ sich von ihm ablecken. Dann stellte sie Wetzon den
Malteser vor: »Das ist Izz. Izz, benimm dich.«
»Izz?« Die Hündin bewegte die Ohren hin und her
und blickte Wetzon mit tiefschwarzen glänzenden Knopfaugen an. Sie trug ein
rotes Halsband und, an einem Messingring baumelnd, die Hundemarke. »Was für ein
hübsches Halsband.«
»Kurz für Isabella. Das Halsband hat ein
Täschchen für meinen Schlüssel. Ist das nicht raffiniert? Man sieht es nicht
einmal. Und es ist auch sehr nützlich, weil ich ständig meinen Schlüssel
verliere.« Susan setzte das Tier auf den Boden und goß ein wenig heißes Wasser
in eine Porzellankanne, schwenkte sie und goß das Wasser aus. Dann füllte sie
ein Tee-Ei mit Teeblättern und ließ es in den Topf fallen, goß kochendes Wasser
darauf und setzte den Deckel auf die Kanne, um den Tee ziehen zu lassen. Izz
tanzte auf den Kacheln, rutschte und purzelte, bettelte, wieder hochgehoben zu
werden. »Sie vermißt Dilla. Sie schleicht ständig durch die Wohnung und sucht
nach ihr oder rennt an die Tür. Mein Gott... Sie bringen sie heute nach Pennsylvania,
zum Familiengrab.« Susan holte Teegebäck aus einer Blechdose und legte es auf
einen Teller, den sie vor Wetzon auf den Tisch stellte.
»Stammt Dilla von dort?« Izz sprang auf Wetzons
Schoß und beschnupperte den Gebäckteller mit ihrer kohlschwarzen Schnauze.
Wetzon streichelte das zappelige Tier und bekam in schneller Folge die Nase und
das Kinn gewaschen.
»Ja. King of Prussia, Pennsylvania.« Susan holte eine Zitrone aus dem Kühlschrank und
schnitt eine Hälfte in Scheiben, legte die Scheiben auf einen anderen Teller
und stellte den Rest wieder in den Kühlschrank. »Wir haben uns in einem
Ferienlager kennengelernt...als Kinder.«
Wieder laute Stimmen. Die Hündin knurrte, sprang
von Wetzons Schoß und lief zur Tür, bellte wütend, kam zurück und sprang an
Susans Beine. Susan hob sie hoch. »Wenn sie nur schon draußen wären.«
»Was geht dort vor?«
»Sie streiten sich darum, was sie mitnehmen
sollen. Die Schwester will alle Kleider, und dasselbe will die Mutter. Ich habe
ihnen gesagt, nur zu, nehmt sie. Dilla hatte soviel Zeug — ständig bekam sie
von Modeschöpfern Modelle geschickt. Und ich...«, sie sah an sich hinab, »trage
nichts als Jeans.« Immer noch mit dem Hund im Arm, verteilte sie
Zitronenscheiben und Tassen.
»Planst du hier einen Gedenkgottesdienst?«
»Sicher. Mort kümmert sich um alles. Er wird
nach der Premiere von Hotshot stattfinden.« Sie goß Tee in die Tassen,
dann setzte sie sich mit Izz auf dem Schoß hin.
»Dilla und Mort haben sich vermutlich sehr nahe
gestanden.«
»Manchmal zu nahe.« Kaum merklicher Zorn klang
aus Susans Stimme, dann war er wieder weg. Izz sprang von ihrem Schoß und lief
aus der Küche.
»So? Es liegt so viele Jahre für mich...«
»Leslie, ich bin davon überzeugt, daß du Mort
kennst — wie er die Leute benutzt, alles Gute aus ihnen heraussaugt und dann
den Ruhm für sich beansprucht.«
»Er wird sich nicht sehr geändert haben.«
»Er ist eher schlimmer geworden. Und er ist ein
solcher Tyrann. Die Wutanfälle sind schlimmer — alles-, oh, verdammt.« Tränen
liefen über Susans
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