Mörderisches Paradies
zeig dir alles.”
Er führte sie auf dem Oberdeck herum, dann zur Flybridge und schließlich nach unten. Beth pfiff anerkennend.
“Das ist ja wie die Suite in einem Luxushotel”, meinte sie.
“Das Tolle ist, dass sie einfach alles kann. Trotz ihrer Größe ist sie wirklich schnell, und sie ist fürs Angeln ebenso ausgerüstet wie fürs Cruisen.”
“Und dafür braucht man ein Navigationssystem, Echolot, Radar, Funkgeräte – und all die anderen Spielereien, die ich gerade gesehen habe?”
“Männer werden halt nie erwachsen”, meinte er mit einem Schulterzucken. “Kann ich dir etwas anbieten? Saft, Mineralwasser? Oder einen Kaffee? Geht auch ganz schnell.”
“Ein Kaffee wäre toll”, sagte sie.
Obwohl Keith sich mit dem Kaffee beschäftigte, wurde Beth das Gefühl nicht los, dass er sie die ganze Zeit beobachtete. Um zu sehen, wie sie reagierte?
Oder um sicherzugehen, dass ihr nicht irgendetwas auffiel, was ihr eigentlich entgehen sollte?
“Fühl dich wie zu Hause”, sagte er.
“Danke.” Sie setzte sich auf das Sofa in der großen Kabine. Es hätte auch der Salon in einem Ferienclub sein können. Durch die Fenster sah sie das Meer, den Himmel und sogar ein Stück der Insel.
“Wie lange werdet ihr denn voraussichtlich in der Gegend bleiben?”, fragte sie.
“Eine Weile schon.”
Sie lachte. “Gibst du auch manchmal direkte Antworten?”
“Wie meinst du das?”
“Eine Weile kann alles Mögliche bedeuten. Wenn mich jemand nach meinem Wochenende fragen würde, erhielte er eine klare und eindeutige Antwort. Ich fahre heute Abend zurück.”
“Ich weiß nun mal nicht, wie lange ich noch in der Gegend sein werde. Wenn wir genug geangelt haben und ausgiebig tauchen waren und so weiter, fahre ich wieder zurück.”
Sie seufzte vernehmlich. “Zurück nach Virginia?”
Sogar jetzt hatte sie das Gefühl, dass er einen Moment zögerte. “Genau.”
“Hast du da ein Haus?”
“Ja, habe ich. War das direkt genug?”
“Welche Ecke?”
“Nordvirginia.”
“Hat deine Stadt auch einen Namen?”, wollte sie wissen.
Er kam zu ihr und reichte ihr einen Becher. “Ups, entschuldige, wolltest du Milch oder Zucker?”
“Lieber schwarz, danke. Und?”
“Einen recht bekannten Namen sogar. Alexandria.”
“Na bitte, das war doch gar nicht so schwer. Du hat ein Haus in Virginia, und zwar in Alexandria.”
“Hast du auch ein Haus?”, fragte er zurück und ließ sich neben ihr auf der Sofalehne nieder. Wieder sehr nah. So nah, dass sie sich fragte, wieso sie eigentlich immer alles analysieren wollte. Warum es nicht einfach mal drauf ankommen lassen? Was machte es schon aus, wer oder was genau er war?
Genieß doch einfach die schönen Dinge im Leben, sagte sie sich. Nichts ist für die Ewigkeit. Und sie hatte noch nie einen Mann getroffen, dem sie sonst wohin gefolgt wäre. Außerdem war sie innerlich noch nie so durcheinander gewesen. In der letzten Nacht hatte sie den Rest der Nacht schlaflos damit verbracht, sich den Kopf zu zerbrechen.
Warum nicht … auf keinen Fall, aber warum eigentlich nicht … einfach mal sehen, nein unter keinen Umständen
. Diese Unentschlossenheit kannte sie gar nicht an sich. Diese Sehnsucht, dieses Verlangen … Bisher war sie noch nie völlig spontan ihrem Instinkt gefolgt. Und dabei war sie unabhängig, alleinstehend und volljährig.
Natürlich hatte jeder das Recht, einmal unvernünftig zu handeln und eine Fantasie auszuleben. Heute war Sonntag, und nachher würde sie nach Hause zurückfahren, zurück in ihr wirkliches Leben, und mit großer Wahrscheinlichkeit würde sie ihn nie wieder sehen.
“Hallo, ist da noch jemand?”, fragte er amüsiert.
“Ich, äh … aber sicher.”
“Und?”
“Und was?”
Er hob eine Augenbraue. “Haus. Hast du ein eigenes Haus?”
“Oh! Ja, ich habe ein kleines Haus in der Stadt.”
“Und das wäre wo?”
“Coconut Grove, nicht weit vom Jachtclub.”
“Hört sich gut an.”
“Mir gefällt’s.”
“Andererseits …”
“Ja?”
“Ich habe gehört, dass Coconut Grove eine ziemlich gefährliche Gegend sein kann.”
“Überall, wo viele Menschen leben, kann es gefährlich sein. Und du hast ja selbst gesagt, dass sogar ein Trip über die Inseln gefährlich sein kann. Miami hat nun mal einen schlechten Ruf. Aber die Leute dort sind wirklich nett. Es ist auch nicht anders als in anderen Städten. Man macht keine unangenehme Bekanntschaft mit Drogendealern, wenn man nicht selbst etwas mit Drogen zu tun
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