Mörderisches Paradies
Perfekt wäre gewesen, wenn sie einfach gehen könnte, woher sie gekommen war, und so tun, als wäre nichts weiter geschehen. So tun, als würden sie und Keith sich wiedersehen, als würde sie ihn schon lange kennen …
Und ihm vertrauen.
Sie musste ihm vertrauen. Schließlich hatte sie gerade mit ihm geschlafen.
Trotzdem war sie noch verunsicherter als zuvor. Als sie Matt und Lee Auf Wiedersehen sagte, plauderte sie freundlich mit ihnen, doch Keith konnte sie nicht in die Augen sehen. Ihm schüttelte sie nur die Hand, während sie den anderen einen Abschiedskuss auf die Wange gab. So viel dazu, sich völlig locker zu benehmen.
Aber ganz so leicht kam sie nicht davon. Er hielt sie zurück und nahm ihre Hand. Ihre Blicke trafen sich. Amüsiert, aber liebevoll, dachte sie. Liebevoll? Sie wünschte sich noch viel mehr.
Immer noch war sie fürchterlich verunsichert.
“Wir sehen uns bald”, sagte er.
Unfähig, etwas zu sagen, nickte sie nur und hoffte inständig, dass es zwanglos und natürlich aussah.
“Ich werde dich schon finden”, sagte er sanft und leise.
“Das ist auch nicht besonders schwer”, murmelte sie.
“Schlechtes Timing, was?”
Sie verstand nicht ganz genau, was er damit meinte. Aber danach konnte sie ihn auch nicht mehr fragen. Weil so vieles ungesagt blieb, konnte sie die Nähe zu ihm einfach nicht länger aushalten.
Daher war sie noch vor den anderen am Schlauchboot ihres Bruders.
Ben warf den kleinen Motor an, lachte mit den Mädchen, und Beth war froh, dass sie nicht reden musste. Als sie den Männern an Deck noch einmal zuwinkte, lächelte sie dabei mechanisch.
Bald darauf nahm Ben Kurs auf zu Hause. Erst unterwegs fiel ihr ein, dass sie den anderen nicht einmal Auf Wiedersehen gesagt hatte – weder den Masons noch Brad und Sandy. Die Masons würde sie natürlich wiedersehen, aber Brad und Sandy …
Noch immer beschlich sie ein ungutes Gefühl, wenn sie an das Pärchen dachte.
Schließlich wanderte ihr Blick von der Jacht in Richtung Westen zur Küste Floridas. Es wird sich schon alles fügen, sagte sie sich.
Bald wäre sie wieder zu Hause. Und irgendwann käme ihr der Gedanke, sie hätte auf der Insel einen Totenschädel gesehen, sicher lächerlich vor. Dann könnte sie zugeben, dass während ihres Aufenthalts auf der Insel rein gar nichts vorgefallen war. Und niemand dort teuflische Absichten gehabt hatte.
Und was Keith betraf …
Auch an ihn würde sie irgendwann nicht mehr denken. Die Erinnerung an ihn und seine Ausstrahlung, die sie so gefangen genommen hatte, würde verblassen. Im Gedächtnis bliebe schließlich nicht mehr als ein Mann, den sie einmal getroffen hatte. Gut aussehend, männlich, aufregend. Aber zu locker, zu sehr auf sein Vergnügen mit Freunden bedacht.
Es würde sich alles fügen.
Aber immer wieder hakte sich derselbe Gedanke in ihr fest.
Sie war sich sicher, einen Schädel gesehen zu haben.
Genauso wie sie sich sicher war, dass mit Keith irgendetwas nicht stimmte. So sehr sie dieser Mann auch beeindruckt hatte, sie traute ihm nicht.
Als er sie berührt hatte, war er vollkommen aufrichtig gewesen, aber aus seinem Mund waren nichts als Lügen gekommen.
7. KAPITEL
“I ch gebe zu, dass ich immer noch ziemlich verwirrt bin”, brummte Ashley Dilessio und setzte sich auf ihren Stuhl im “Nick’s”, dem Restaurant ihres Onkels an der Bucht.
Dem Nick’s konnte wirklich kein anderes Restaurant das Wasser reichen, dachte Beth. Von hier sah man Schiffe hereinkommen, nebenan lagen einige Hausboote vertäut, und jedermann war willkommen. Das rustikale Holz der Tische passte hervorragend zu der Wassernähe, und eine Überdachung schützte die Gäste, die draußen saßen, vor der Sonne.
Dabei war der Jachtclub auch nicht zu verachten, verteidigte sie in Gedanken ihren Arbeitsplatz. Aber die beiden Orte waren einfach zu verschieden. Und natürlich lag die Anziehung vom Nick’s nicht zuletzt darin, dass Ashley es schon fast ihr ganzes Leben lang kannte.
Inzwischen arbeitete Ashley in der Gerichtsmedizin und ihr Mann Jake im Morddezernat.
“Okay, ihr seid also auf dieser Insel gelandet. Du bist mit den Mädels herumgelaufen und meinst, einen Totenschädel gesehen zu haben. Dann tauchte ein Mann auf, und du hast das Ding versteckt. Später bist du noch einmal mit Ben hingegangen, aber der Schädel war weg”, sagte Ashley, während ihre grünen Augen Beth musterten.
“Im Großen und Ganzen, ja. Ben glaubt, es wäre nur eine große Muschel gewesen”,
Weitere Kostenlose Bücher