Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
unerheblich“, sagte Inga steif. „Was damals am Strand passiert ist, weiß ich nicht mehr. Erst Monate später fand ich heraus, dass ich neben einer verflixt schnellen Wundheilung über verschiedene … Möglichkeiten verfügte. Wenn ich mich ausreichend konzentriere, kann ich Vögel dazu bringen … na ja … ich kann gewisse Handlungsentscheidungen verschiedener Tiere beeinflussen. Ich habe diese Dinge nie praktiziert. Ich hatte Angst vor diesen Fähigkeiten und später, als ich die Zusammenhänge anfing zu begreifen, war es umso wichtiger, diese Geschichte unter dem Teppich zu halten. Trotzdem ist das jetzt nicht unser drängendstes Problem. Margareta ist auf der Suche. Das Dorf ist voll von Menschen. Die Sensationstouristen haben alle Campingplätze und freien Felder in Beschlag genommen. Es sind Tausende und es wird ein Leichtes für Van Buuren sein, ihre Opfer ausfindig zu machen. Sie wird getrieben vom Hass auf alle Westenschouwener. Ihr Gefühl, sofern sie zu so etwas überhaupt noch imstande ist, verrät ihr, wer hier geboren wurde oder wessen Verwandten und Ahnen von hier kommen. Es hat schon begonnen.“
Mit einem Mal stand sie auf.
„Es hat schon begonnen“, wiederholte sie, ging zum Küchenschrank und holte einen kleinen schwarzen Kasten aus einer der Schubladen Ein altes Kofferradio. Schnell schaltete sie das Gerät ein. Dem einsetzenden Knirschen aus den Lautsprechern wirkte Inga entgegen, indem sie die Antenne auszog und sie ausrichtete. Scheinbar wusste sie sehr genau, was sie tat, denn als sie das Metall losließ, dröhnte eine ernste Männerstimme aus dem Radio.
„ Westenschouwen. In dem kleinen Ort auf Schouwen-Duiveland fand man am frühen Morgen die Leichen zweier junger Frauen. Laut Polizeiangaben wurden beide Frauen kilometerweit voneinander entfernt aufgefunden, wiesen jedoch ähnliche Anzeichen von Verstümmelung und Gewalteinwirkung aus. Die genaue Todesursache ist unklar. Vieles deutet derzeit darauf hin, dass beide Frauen Opfer eines Gewaltverbrechens wurden. Die Polizei will keine voreiligen Schlüsse ziehen, bittet die Anwohner sowie die derzeit zahlreich in dem Dorf anwesenden Touristen, die Augen offen zu halten … Und jetzt zum Wetter. Heute scheint in weiten Teilen des Landes die Sonne. Nur im Südwesten kann es gebietsweise zu gewitterartigen Regenschauern kommen. Die Temperaturen steigen auf bis zu 25 Grad … Soeben erreicht uns eine weitere Meldung aus Westenschouwen. Wie die Polizei vor wenigen Minuten mitteilte, wurde eine weitere Leiche entdeckt. Dabei handelt es sich wohl um einen jungen Mann. Der Tote wurde inmitten eines Zeltlagers auf einem der umliegenden Äcker gefunden und weist, so die Polizei, erschreckend ähnliche Anzeichen von Gewalteinwirkung auf, wie die beiden anderen Opfer. Karl Sense, unser Journalist vor Ort, berichtet von tumultartigen Szenen vor Ort. Menschen reagierten schockiert und brachen teilweise in Panik ihre Zelte ab. Die Bitten der anwesenden Beamten, die Ruhe zu bewahren, trafen auf taube Ohren. Wir schalten gleich live zu unserem Reporter …“
Inga stellte das Gerät ab und setzte eine düstere Miene auf.
„Drei Menschen innerhalb von wenigen Stunden. Und wir hocken hier herum und diskutieren über meine Vergangenheit. Verflixt noch mal.“
Sichtlich erregt stampfte sie mit dem Fuß auf. Ari , der sich seiner Sache zuvor sehr sicher gewesen zu sein schien, wurde kleinlaut.
„Dachte nur … Ich … Sie und Du … Ihr seid …“
„Was ich bin, darauf kommt es jetzt nicht an. Versteht ihr das nicht? Wir müssen sie aufhalten und wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.“
„Und wie machen wir das?“, warf Harry ein. Er hatte seit einer gefühlten Ewigkeit nichts mehr gesagt und wunderte sich selbst, dass überhaupt ein Satz über seine Lippen kam. Denn er war eigentlich sowieso nur hier, weil ihn die unglücklichsten Zufälle und Wendungen hierhergebracht hatten. Mit einem Mal waren alle Blicke auf ihn gerichtet. Er vermochte nicht zu sagen, ob sie Unverständnis oder Mitleid zum Ausdruck brachten, jedenfalls war er zum Zentrum der Aufmerksamkeit geworden. Und weil sonst niemand etwas sagte, übernahm er die Beseitigung der Stille gleich selbst.
„Herrje. Ich meine, wir stehen genau da, wo wir gestern Abend standen. Mit dem Unterschied, dass Ari Sklaatens Hände nicht versuchen , mich zu erwürgen. Inga, du hast behauptet, Ari besäße etwas, das zur Lösung des Problems führt. Und Ari, du behauptest, Inga sei der
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