Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
gestellt und anschließend zerstört, was man zerstören konnte.
Neben Ari auf dem Boden lag der Gartenschlauch, den Sem benutzt hatte, um Harry unsanft aus seiner ersten Ohnmacht in dieser verkappten Geschichte zu wecken.
Der Schlauch war am Kopf zugedreht. Einige Wassertropfen hatten sich ihren Weg dennoch gebahnt, waren zu Boden getropft und hatten eine kleine Pfütze gebildet.
Seit Harry auf Sems Anweisung das Haus verlassen hatte, stand der Schlauch unter Druck , und es war wohl nur einer glücklichen Fügung oder schlichtweg einer ordentlichen Materialqualität zu verdanken, dass hier mittlerweile nicht alles unter Wasser stand. Angesichts der Zerstörung, die hier herrschte, war das allerdings kein wirklicher Grund mehr zur Freude.
Harry verspürte den Drang, wenigstens das Gröbste aus dem Weg zu räumen, beließ es dann jedoch dabei. Seine Augen schweiften auf den am Boden hockenden einstmaligen Sternekoch. Missbilligend schüttelte Harry den Kopf.
Das kann ja wohl nicht sein Ernst sein, dachte er.
Aber es war Sklaatens Ernst. Schnell fand er die gesuchte Stelle, griff mit seinen langen Fingernägeln in eine Fuge und löste ein großes quadratisches Stück aus dem Laminat.
„Herrje. Ich frage lieber nicht, woher du von dem Versteck weißt.“
„Nein …“, murmelte Ari und machte unbeirrt weiter. Mit Mühe bekam er die in dem freigelegten Hohlraum stehende Kiste zu fassen und hob sie heraus. Harry hatte sie dort sicherheitshalber versenkt, bevor er mit Sem zum Het Meeuwennest aufgebrochen war. Das lag mittlerweile Tage zurück und schien in diesen Sekunden so nah, als sei es erst vor Stunden gewesen.
Kurz bevor sich die Dinge unaufhaltsam in Bewegung gesetzt hatten, also unmittelbar bevor Sem ihn mit gezogener Waffe gezwungen hatte, bei Regen und Sturm aufs Meer hinauszufahren, war es Harry gewesen, der die schwere Holzkiste aus dem Loch gewuchtet hatte. Jetzt war es eben Ari, der mit ebenso viel Mühe Gleiches vollbrachte.
Im Gegensatz zu Harry hielt Ari sich nicht mit der Kiste oder deren Inhalt auf, womit Harry wenigstens im Entferntesten gerechnet hätte. Nein, Ari schob sie schlicht in eine Ecke des Raumes und widmete seine Aufmerksamkeit dann dem Loch im Boden. Er beugte sich weit hinab und stieß einen kehligen Laut aus. Dann horchte er und wiederholte das Prozedere dreimal.
„Die Luft ist rein“, gab er dem mittlerweile vollends irritieren Harry Auskunft. Wovon die Luft rein war, behielt er für sich.
Sklaaten zögerte danach nur noch kurz, setzte beide Füße in die Öffnung und stellte sich vollends hinein. Das Loch war so tief, dass es Aris Körper bis zur Hüfte verschluckte. Außerdem war es geradeso breit, dass er sich bequem hineinhocken konnte, und das tat er im nächsten Moment. Der Boden war matschig und nass. Harry hörte die Geräusche, die Aris Schuhwerk verursachten, während er sich auf die Knie begab, und er beobachtete jede seiner Bewegungen mit dem gebotenen Misstrauen.
***
Sklaaten hatte begonnen mit beiden Händen Erde beiseite zu schaffen, hinter sich oder ganz aus dem Loch zu befördern. Zuerst schien er gut voranzukommen, bald ging ihm das allerdings zu langsam. Er wurde schneller, seine Bewegungen hektischer. Wie ein Maulwurf auf Speed, wühlte er sich tiefer ins Erdreich.
„Eine Schaufel wäre gut. Schaufeln helfen ungemein“, sagte er plötzlich, richtete sich auf und spähte aus dem Loch. „Hast du eine Schaufel?“
Harry nickte. Irgendwo im Durcheinander des Abstellraumes musste eine Gartenschaufel liegen. Ob Ari damit etwas anfangen konnte, wusste Harry nicht.
Immer noch besser als nichts, dachte er dann.
Er fühlte sich benommen und mochte nicht glauben, das Ari Sklaaten es wirklich fertiggebracht hatte, sein Diebesgut über all die Jahre hier zu verstecken ; ausgerechnet unter der Kiste, die alle Informationen über ihn und seine Restaurants enthielt. Das war entweder die ausgebuffteste oder dümmste Idee gewesen, die Ari damals hatte in den Sinn kommen können. Er musste das Risiko einkalkuliert haben, dass Harry sein Versteck eines Tages hätte finden können und es für tragbar befunden haben.
Zu Recht … Wenn Petr erfährt, dass seine Sachen die letzten zehn Jahre unter meinen Füßen lagen, bin ich endgültig am Arsch .
Harry fand die Schaufel unter einem Haufen alter Prospekte. Er warf sie Ari zu, der sie ungelenk auffing.
„‘s hat dir wohl die Sprache verschlagen, was?“
„Wie? Was?“
Ari grinste und beschrieb mit der
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