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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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dem offenen Meer von einem Unwetter überrascht worden, hatte in einer heftigen Böe den Mast verloren und trieb orientierungslos weiter hinaus. Niemand war in der Lage gewesen, etwas für den Jungen zu tun. Lange sahen ihm die Leute vom Strand aus hinterher, bis er nur noch ein Punkt am Horizont war. Dann liefen sie durch Sturm und Regen heim. Am Strand blieb bloß eine Frau zurück. Daniels Mutter, Inga Heemstedde. Regungslos und konzentriert stand sie dort und ließ das Boot nicht aus den Augen, als versuchte sie, es mit reiner Willenskraft an den Strand zu ziehen. Und wie durch ein Wunder geriet das Boot, bevor es gänzlich hinaus in die Fluten gezogen werden konnte, in eine starke Strömung. Diese Strömung beförderte den mittlerweile ohnmächtig gewordenen Jungen mitsamt seinem havarierten Segelboot - an der Sandbank der Möwen vorbei - an den Strand. Später bestätigte sich, dass nur ein wahrhaft starker Sog zu diesem Wunder in der Lage gewesen sein konnte. Er war als Sandystroming in die Geschichten zu diesem Vorfall eingegangen, selbst wenn er nie hatte nachgewiesen werden können.
    Sandystroming leitete sich von dem Namen des Bootes ab, das Daniel damals beinahe das Leben gekostet hatte. Das Boot selbst war danach nie mehr in See gestochen. Harry wusste jedoch, dass es bis heute zwischen den Dünen lag. Auf seinen zahlreichen Spaziergängen und Touristentouren war er mehrmals daran vorbeigekommen. Ob aus Ehrfurcht oder nicht, niemand hatte es je gewagt, das Boot von seinem Platz fortzubewegen. Es musste also ganz in der Nähe von der Stelle liegen, an der Sklaatens Zugangssteg zum Het Meeuwennest begonnen hatte. In diesem Moment kam ihm die auffallende örtliche Nähe beinahe komisch und grotesk vor, wenngleich er nicht wagte, zu viel in diesen Umstand hineinzuinterpretieren. Jedenfalls, das war sein Ziel. Er glaubte zwar nicht, dass Inga wirklich dermaßen verrückt war, dass sie es wagen würde, das alte Boot tatsächlich zu Wasser zu lassen, wenn es indes so wäre, musste er sich umso mehr beeilen.
    Entschlossenen Schrittes setzte er seine Füße in den Sand. Die Angst um Monica mobilisierte Kräfte in seinem Körper, die er nicht gekannt hatte. Obwohl er am Limit lief , brachte dieser Schub ihn dazu, noch ein wenig zuzulegen.
    Als er den Dünenkamm erreicht hatte, hinter dem er das Boot vermutete, jedoch nichts als Sand fand, sank sein Mut. Es war mittlerweile schon sehr dämmrig und Harry musste fürchte, dass er sie am Ende verpasst hatte. Dann jedoch hörte er Stimmen , die durch den Nebel zu ihm hinübergetragen wurden. Eilig erklomm er die nächste Düne. Und tatsächlich. Dort waren sie. Inga, Ari und Monica. Er war gerade rechtzeitig gekommen. Überwältigt von Glück und Aufregung rief er: „Hey! Finger weg von meinem Boot!“, obgleich er natürlich nicht der Besitzer war.
    Sein Ausruf zeigte Wirkung. Wie vom Blitz getroffen hielten sie in ihren Bemühungen inne und schauten zu ihm hoch. Keiner sagte einen Ton. Harry bemerkte, wie Monica sich ängstlich hinter Inga schob und ihre Hand umklammerte. Als er dann hinab in die Senke stieg, überlegte sie es sich nach unerträglich langen Sekunden anders, stieß einen spitzen Schrei aus und kam lachend und weinend zugleich auf ihn zugestürzt. Die Umarmung riss Harry fast von den Beinen.
    „Du lebst, du lebst“, brabbelte Monica immerzu und weigerte sich minutenlang, ihn wieder loszulassen, während ihr die Freudentränen über die Wangen liefen.
    Es war Inga, die das Wiedersehen von Vater und Tochter schroff unterbrach.
    „Verflixt und zugenäht! Wir haben nun wirklich keine Zeit mehr. Wir müssen Margareta van Buuren aufhalten. Also steht da nicht rum, sondern packt kräftig mit an.“
    Dass ihre Reaktion auf Harrys unerwartete Auferstehung keine Freudensprünge auslösen würde, hatte er befürchtet. Inga war mittlerweile besessen von dem Plan, den Fluch zurück in seine Kiste zu verbannen. Alles Drumherum war nur Beiwerk oder Mittel zum Zweck.
    „Los. Steht da nicht so rum“, forderte sie. Weder Harry noch Monica bewegten sich, nur Ari versuchte, das Boot vorne am Bug zentimeterweise zum Meer zu bewegen.
    „Sie weiß, dass ihr kommt“, gab Harry zu bedenken und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Es ist eine Falle. Sie wird euch töten, wenn ihr nur versucht, in die Nähe der Kiste zu kommen. Sie wird …“
    „Glaubst du, dass ich das nicht weiß?“, brüllte Inga unverhohlen. „Ich habe gesehen, was uns dort drüben

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