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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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fanden die Kiste tatsächlich, so wie es Inga vorhergesehen hatte.
    Das war also das Objekt, das es zu verschließen galt. Jenes nicht sehr beeindruckende Gebilde aus dunklem Holz und schwarzen Eisenbeschlägen. Harry wusste durch Ingas Schilderungen einiges über dieses Folterinstrument. In seiner Fantasie hatte er sie sich größer, prachtvoller, gefährlicher ausgemalt. In etwa so, wie ein mythisches Artefakt, das glänzte und das von einem blassen Schimmern umgeben wurde, während es eine Aura verbreitete, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Dies hier war - im Licht von Ingas Taschenlampe und selbst von Nahem betrachtet - nur eine uralte Kiste. Natürlich war sie beängstigend intakt dafür, dass sie Hunderte Jahre im Wasser gelegen hatte (das bestätigten die alten Muschelkolonien, die sich hier und dort darauf ausgebreitet hatten) und dennoch: Harry verspürte keinerlei Überwältigung oder gar Ehrfurcht.
    Sie stand einfach in der k nietief mit Wasser gefüllten Senke, die das herausgerissene Fundament im Sand hinterlassen hatte. Ebendas bereitete Harry mehr Sorgen, als das Objekt selbst. Denn es überspannte die Senke wie ein Schrägdach. Sobald sie in der Kuhle stünden, befänden sich mehrere Tonnen Stahl und Beton genau über ihren Köpfen; völlig ungesichert und immer Gefahr laufend, bei einem zu ausgiebigen Windstoß zurück in seine Ursprungsposition zu fallen. Das Fundament würde sie in diesem Fall zerquetschen, ehe sie die Gelegenheit hätten zu reagieren. Zustimmend knarrte das Gebälk im heulenden Wind.
    Der Gedanke an eine überdimensionierte Mausefalle trieb Harry ein en eiskalten Schauer über den Rücken. Und die Kiste war der Köder. Alles war bereit für einen spektakulären Abgang.
    Nur rund zwei Meter entfernt brachen sich die Wellen in schneller Folge. Für Harry hörten sie sich an, als seien sie ein schneller und immer lauter werdender Trommelwirbel, der den unausweichlichen Höhepunkt des Dramas ankündigte. Und je länger er hinhörte, desto sicherer wurde er. Hier würde es zu Ende gehen, was auch immer. Jedenfalls würde hier, genau an dieser Stelle, irgendetwas enden.
    Ari war bereits in die im Durchmesser vielleicht fünf Meter weite und rund zwei Meter tiefe Kuhle hinuntergeklettert. Inga probte gerade den Abstieg und Monica schickte sich gleichfalls an, freiwillig in die allzu offensichtliche Falle zu steigen. Letztlich stand Harry allein am Rand und schaute hinunter. Monica warf ihm einen Blick zu, der alles sagte und ihn quasi dazu zwang, es ihnen allen nachzumachen.
    Sich seinem Schicksal ergebend rutschte Harry zu den anderen. Unten angekommen sog er die Luft scharf ein und erwartete, dass er im nächsten Moment zerquetscht werden würde. Der Pfeiler blieb in Position und regte sich nicht einmal, als ein gewaltiger Luftzug durch die Senke fegte. Das beruhigte Harry … ein bisschen.
    Er bildete gemeinsam mit den anderen einen kleinen Halbkreis um Margareta van Buurens aufgebrochenes Gefängnis und sagte kein Wort. Allgemein verlor niemand ein Wort, bis Ari die unausweichliche Frage stellte. „Und was jetzt?“
    „Wir nehmen die Reste des alten Verschlusses weg und verschließ en die Truhe mit deinem Schloss. Sobald die Verbindung zwischen ihrer Welt und unserer unterbrochen wird, verliert sie ihre Macht. Margareta van Buuren wird gezwungen sein, dorthin zurückzukehren, wo sie hingehört.“
    „Das ist alles?“
    „Das ist alles.“
    „Dann wollen wir mal. Schnell, schnell“, sagte Ari und griff schon nach der Kiste. Mitten in der Bewegung stoppte er plötzlich.
    „Hört ihr das?“, fragte er verwirrt.
    Die anderen schüttelt en den Kopf. Abgesehen von den Trommel wirbelnden Wellen und den Geräuschen eines schnell näher heranziehenden Gewitters hörte man keinen Laut.
    „Das Wimmern. N a, ihr hört doch das Wimmern? Kommt es etwa …? Nein, unmöglich … Aus der Kiste. Das Wimmern“, stammelte er von jetzt auf gleich völlig konfus.
    „Ein Kind … Es weint. Da drin … Hört ihr’s nicht?“
    Seine Stimme überschlug sich beinahe.
    „Müssens da rausholen. Das arme Kind … armes Kind … Kind ... Armes Ding … Ari hilft ...“
    Bevor Inga, die direkt neben ihm stand , etwas zu tun vermochte, riss Ari an dem zerbrochenen Verschluss und warf die rostigen Eisenteile fort.
    Inga rief noch: „Ari! Nicht!“
    In derselben Sekunde war es bereits zu spät. Beidhändig klappte Sklaaten den Deckel auf. Im Schein von Ingas Taschenlampe schoss eine rote

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