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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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die Bühne gegangen ist.«
    »Okay«, nahm es Fredo schulterzuckend hin. »Und wie läuft’s mit ›John Maynard‹?«
    Tims Gesicht hellte sich auf. »Schon fertig und abgegeben! Hat sogar Spaß gemacht. Eigentlich ist es bestimmt super, wenn man mit Schreiben sein Geld verdienen kann.«
    »Solange man nicht so etwas wie ›Lara‹ schreiben muss«, wandte Fredo ein.
    »Zwingt dich ja keiner.«
    »Auch wieder wahr.«
    Fredo stand auf, um die Fernbedienung neben den Fernseher zu legen. Fast hätte er sie auf einem langen, garstig haarigen Bein plaziert. Er spähte ins Halbdunkel hinter dem TV-Gerät – MONSTERSPINNE! Unverkennbar.
    »Ach du Sch…!« Er fuhr erschrocken zurück. Tim stand im Nu neben ihm und sah interessiert auf das Objekt des Aufruhrs.
    »Was für ein Riesenvieh!«
    Fredo hatte genug von dem Insekt. »Mach sie platt!«
    »Bitte? Wieso ich?«
    »Ich bin Kriegsdienstverweigerer. Du bist der Typ mit den Killerspielen.«
    »Spinnen sind nützlich!«
    »Die nicht.«
    Tim wandte sich ab und ging zur Tür. »Warte, ich hol was.«
    »Keinen Hammer, nimm gleich die größte Bratpfanne!«, rief Fredo ihm nach. Aber da kam der Junge bereits zurück, in der Hand ein großes Glas und ein Stück Pizzakarton. Geschickt stülpte Tim das Glas über die Spinne, schob dann den Karton langsam, Stück für Stück, unter ihren fetten, behaarten Körper.
    »Da ist sie!« Stolz präsentierte Tim die Beute.
    Fredo sah lieber nicht genauer hin. »Im Klo runterspülen?«
    »Kommt nicht in Frage! Die wird draußen freigelassen.«
    »Aber nicht hinten im Garten. Sonst kommt sie durch meine kaputte Terrassentür gleich wieder rein. Hat das Vieh anscheinend schon mal gemacht.«
    »Keine Sorge.«
    Tim nahm seinen Rucksack und das Spinnenglas. Fredo begleitete seinen Neffen bis zur Haustür. Von dort aus beobachtete er in sicherem Abstand, wie Tim sich ein Stück weit in die Büsche und Sträucher zwischen Einfahrt und Garage schlug und dort das Monster in die Natur entließ. Ganz behutsam und vorsichtig, beinahe liebevoll. Das ist der Junge, der stundenlang am PC Blutbäder anrichtet, dachte Fredo. Der Songtexte hört, von denen sogar Leichenwäschern schlecht werden würde. Der eben seiner eigenen Schwester noch eine Ketchupflasche an den Kopf werfen wollte und der niemanden richtig an sich heranlässt. Jetzt hockte dieser Junge mit einem weltvergessenen Lächeln im Gesicht vor einem Strauch und beobachtete entrückt, wie sich die Monsterspinne vorsichtig aus dem gläsernen Gefängnis tastete und im Grün verschwand.
    Und wenn ich Glück habe, dachte Fredo, sonnt sie sich auf der Einfahrt, und ich mach sie mit dem Benz platt.

    Zwanzig vor acht. Marcels Cabrio stand pünktlich vor der Einfahrt an der Straße. Karla kam erst eine Minute später aus der Haustür, damit es nicht danach aussah, als hätte sie schon auf Marcel gewartet. Was sie natürlich getan hatte. Genau genommen seit zwanzig nach sieben, am Küchenfenster.
    »Guten Morgen, schönes Mädchen.« Diesmal hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange, bevor sie überhaupt richtig saß. »Am liebsten würde ich ja gar nicht erst in die Schule fahren – mit so einer Begleitung.«
    »Dann muss ich leider doch zu Fuß gehen«, widerstand Karla heldenhaft der Versuchung. »Ich schreibe heute eine Mathe-Klausur. Schwänzen unmöglich.«
    Marcel tat so, als würde er sich ein Seil um den Hals legen und daran aufknüpfen, legte den Kopf schief und ließ die Zunge komisch heraushängen. Karla lachte unwillkürlich los. Marcel grinste verwegen, schob sich seufzend hinters Lenkrad und startete den Wagen. »Also ab zur Schule!«
    Heute genoss Karla die Fahrt fast noch mehr als gestern. Sie hatte sich schon stundenlang darauf freuen können, so war es heute noch viel realer: sie neben Marcel, dem himmlischen Marcel im offenen Wagen. Coole Musik aus der Anlage. An jeder roten Ampel seine Hand um ihre Schultern, in ihren Haaren, sogar auf ihrem Oberschenkel … Leider, bedauerte Karla, gab es in Bornstedt viel zu wenige Ampeln.
    Dafür gab es die langgezogene Steigung auf den paar letzten hundert Metern zur Schule. Und die gerieten für Karla zum Triumphzug: vorbei an Juliane, Carina, Annalena und all den anderen Schnepfen, die sich auf ihren Fahrrädern abstrampelten und dem vorbeiziehenden Cabrio mit offenem Mund nachstarrten. Karla musste sich schwer beherrschen, ihnen allen nicht die Zunge herauszustrecken.
    Auf dem Schulparkplatz durfte sie im Wagen sitzen bleiben, bis Marcel

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