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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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gewünschten Behandlungserfolg zu erzielen. Nächste Woche beginnen wir mit etwas völlig Neuem, kündigt er salbungsvoll an. Ich kann nicht garantieren, dass ich nächste Woche noch hier bin, entgegne ich. Natürlich sind Sie noch hier, antwortet er konsterniert, Sie sind so lange hier, wie ich es für nötig halte. Na gut, lenke ich ein, weil Sie es sind, Herr Doktor.
    Nino kommt zu Besuch, ich erzähle ihr von Idaulambos Betthüpfereien, doch aus irgendeinem Grund findet sie die Sache gar nicht zum Lachen. Erst dann fällt es mir auf: Sie hat nicht nur den Humor, sondern auch den Bauch verloren. Was ist los, frage ich bestürzt. Was soll los sein? Na … dein Bauch, dein Kind? Was soll mit meinem Kind sein? Hast du … hast du’s verloren? Nein, wie kommst du auf die Idee? Ilarion ist zu Hause, im Leo, Nicoleta passt auf ihn auf. Ilarion? Was soll das heißen? Vorige Woche warst du doch gerade noch im fünften Monat schwanger, willst du mich auf den Arm nehmen? Nino blickt mich an, als käme ich von Mond oder Mars. Ich belasse es dabei und befrage sie nicht weiter, es ist mir peinlich, aber mir wird schmerzlich bewusst, dass ich offenbar wirklich der einzig normale Mensch in einer Welt voller Verrückter bin.
    Die neue Therapie, von der Dr. Idaulambo sprach, nennt sich PITT oder Psychodynamisch-Imaginative Trauma-Therapie, that’s the pits, yeah! Die Therapie nützt die Abspaltung oder Dissoziation von überwältigenden Gefühlen bei traumatisierten Patienten und setzt sie gezielt zur Stabilisierung ein, erklärt mir die zuständige Ärztin. Sehr schön, sage ich und blicke Dr. Erzsébet Bathory in die graublauen Augen. Ob sie neu im Haus sei, frage ich sie. Nein, entgegnet sie erstaunt, wieso? Wo hat Herr Dr. Idaulambo Sie denn so lange versteckt? Sie lächelt und lässt dabei zwei spitze Eckzähne sehen. In der ersten Phase der Therapie geht es um Stabilisierung, erläutert sie, es geht darum, überwältigende Gefühle und Erinnerungen zunächst einmal in einen imaginären Tresor zu sperren. Da brauch’ ich aber einen großen Tresor, denn die Gefühle sind wirklich sehr, sehr überwältigend, Frau Doktor, klage ich, wenn auch nicht ganz so überwältigend wie Sie. Sie lächelt wieder ihr Eckzahnlächeln. Nach außen gibt sie sich ganz brav und gesittet, doch in ihren Augen, da lodert und flackert es, in Gedanken reißt sie sich schon die Kleider vom Leibe, um sich trunken vor nackter Begierde auf mich zu stürzen.
    Gut, ich bastle also einen Tresor, lege ein paar – natürlich frei erfundene – Gefühle und Erinnerungen hinein und schließe ihn mittels Eingabe einer siebenstelligen Zahlenkombination ab. Nun geht es um den Aufbau innerer Kraftquellen, instruiert mich Frau Dr. Bathory. Sie zeigt mir ein paar Atem- und Meditationsübungen, die die Achtsamkeit und das Körperbewusstsein steigern sollen, ich bin ein braver Schüler und folge den Anordnungen der Lehrerin. Ich sage Om, und Erzsébet sagt Komm, ich sage Om mani padme hum, sie fragt Warum, ich sage Om ami dewa hri und lege die Hand auf ihr Knie, ich sage Erzsébet, ach, sei so nett und steig’ mit mir ins Krankenbett, sie lächelt und sagt nichts. Stattdessen trägt sie mir auf, als Hausaufgabe eine Liste mit meinen Fähigkeiten und inneren Ressourcen zu erstellen. Die wird aber lang, Frau Doktor, warne ich sie. Umso besser, antwortet sie, umso besser.
    Das Ich besteht aus dem sogenannten Inneren Team, erklärt sie mir beim nächsten Mal, es geht bei der PITT darum, die verschiedenen Persönlichkeiten dieses Teams miteinander in Kontakt zu bringen und für eine funktionierende Kommunikation zu sorgen. Inneres Team, wiederhole ich, funktionierende Kommunikation, jawoll, Roger and over and out, bestätige ich, und ich tue ihr den Gefallen, ich spiele mit Bravour die Rolle des Gespaltenen. Zehn Seelen wohnen, ach, in meiner Brust, Frau Doktor, Sie wissen gar nicht, wie schlimm das ist, helfen Sie mir, halten Sie mich fest, damit ich nicht ganz auseinanderfalle! Ich erzsébette meinen Kopf an ihre Brust, sie lässt es geschehen, und ihr Herz, es pocht in meiner Hose. Ich tue ihr also den Gefallen und versammle ein paar von jenen Seelen, die in meiner Brust ihren mehr oder weniger ordentlichen Wohnsitz gefunden haben, ich gebe ihnen beliebige Namen, die mir gerade in den Sinn kommen, Djibrail, Faruq, Dr. Idaulambo, ich lasse sie aufmarschieren im Behandlungszimmer, und links und links und linkszwodreivier, uuuuuuuund HALT , uuuuuuuund PLATZ , and now

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