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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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sogar in ein anderes Krankenhaus gewechselt, um mich auch diesmal wieder hegen und pflegen und mir nahe sein zu können, doch ich lasse mir nichts anmerken, behandle sie gleichgültig, während ich ihren Kolleginnen Komplimente und schöne Augen mache. Sie findet immer irgendeinen Vorwand, um in meiner Nähe sein zu können, sie belohnt mich das eine oder andere Mal mit Einblicken in ihr Dekolleté, doch ich tue so, als gäbe es dort nichts zu sehen.
    Ich teile das Zimmer mit zwei weiteren Jugendlichen. Den einen hielt ich zuerst für ein Mädchen, so zart ist sein Gesicht, so hell und rein die Stimme, das Seidenhaar trägt er lang, und er scheint Blumen zu lieben, denn es stehen immer frische Lilien auf seinem Nachttisch, ich weiß nicht, woher sie kommen, denn er hat bis jetzt noch keinen Besuch empfangen. Hast du keine Familie, keine Freunde, frage ich ihn, und er schüttelt den Kopf. Djibrail, so heißt er, lächelt, doch dann rinnen Tränen über seine blässlichen Wangen. Entschuldige, sage ich bestürzt, ich wollte nicht …
    Der andere, Faruq mit Namen, ist das genaue Gegenteil: Während Djibrail gerne in Schweigen verharrt, spricht Faruq pausenlos. Djibrail ist bescheiden, Faruq ein großer Prahlfranz vor dem Herrn. Djibrail ist mit seinen Äußerungen äußerst vorsichtig, Faruq weiß immer, was richtig und was falsch ist. Djibrail isst nichts, Faruq hingegen schaufelt in den wenigen Momenten, in denen er nicht spricht, Berge an Nahrung in sich hinein, oder er spricht und schaufelt gleichzeitig. Du musst essen, versuchen Schwester Tanja und ihre Kolleginnen Djibrail zu überzeugen, sonst wirst du nie gesund werden, doch vergebens, denn außer Wasser und Tee in rauen Mengen nimmt er keine Nahrung zu sich.
    Draußen ist es immer noch kalt, obwohl laut Kalender vor ein paar Tagen der Sommer begonnen hat. Zwar verlasse ich das Haus nicht, doch wenn ich am Fenster stehe, sehe ich Leute mit hochgezogenen Schultern in Wintermänteln und -jacken vorbeieilen, in den Bäumen, die nur spärlich mit Blättern bewachsen sind, versammeln sich täglich vor Einbruch der Dunkelheit die Krähen.
    Djaafar besucht mich. Wann kommst du wieder raus, schreibt er auf seinen Block. Ich lasse mir noch ein bisschen Zeit, antworte ich, ich bleibe noch ein, zwei Wochen, dann reicht es. Was sagen die Ärzte? Ich winke ab. Du weißt, es fehlt mir ja nichts, die Krankheit, das ist ja alles nur ein Vorwand, es ist Teil meiner Strategie. Djaafar sagt und schreibt nichts. Was ist mit dir, wann gehst du nach Belgien, will ich wissen, doch er antwortet nur mit einem unbestimmten Achselzucken.
    Wann kommst du raus, fragen auch Mira und der Onkel. Ich weiß es nicht, die Ärzte sagen einmal dies, einmal das, beklage ich mich und spiele in diesem Fall überzeugend den Leidenden. Es wird wohl noch ein bisschen dauern. Sie erkundigen sich nach meinem Tagesablauf, sie erzählen vom Leo, und erst dann fällt mir die Entführung ein. Was ist mit der Abschiebeministerin, unterbreche ich Mira, die gerade von Murads Mutter und Schwester erzählt. Du hast es schon gehört, reagiert sie überrascht. Es ist tragisch, meint der Onkel, aber ich sehe jetzt schon die Nachrufe vor meinen Augen, die sicher kaum Kritik an ihrer Asylpolitik üben werden. Ich blicke von Mira zum Onkel und wieder zurück. Heißt das … sie ist tot? Die beiden nicken. Wie … wie konnte das passieren? Wahrscheinlich war’s Herzversagen. Aber … aber … das ist nicht meine … nicht unsere Schuld, stammle ich, das … das wollten wir nicht! Mira wirft mir einen befremdeten, der Onkel einen belustigten Blick zu. Es spricht für dich, lieber Ali, dass du dir das so zu Herzen nimmst. Ich verstehe nur noch Zentralbahnhof. Wo ist sie denn gestorben? Zu Hause, glaube ich, antwortet Mira. Im Krankenhaus, widerspricht der Onkel, aber wieso interessiert dich das so sehr? Also hat ihre Familie … haben sie gezahlt? Nun ist es offenbar an Mira und dem Onkel, Bahnhof oder vielleicht auch Flughafen zu verstehen. Wie meinst du das? Ich gebe auf.
    Als die beiden fort sind, lasse ich mir von Schwester Tanja die Zeitungen bringen. Die Blätter sind voll mit Fotos und Berichten über die Ministerin, und es gibt auch erste, noch sehr kurz gehaltene Nachrufe. Herzversagen, schreiben die einen, innere Blutungen die anderen, vom schnellen Tod ist die Rede, doch nirgendwo von Entführung oder Lösegeldforderungen, es muss wohl von höchster Stelle einen Befehl zur Vertuschung gegeben haben.
    Wie ist die

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