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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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undsoweiterundsofort, wie eben Revolutionen so eingeleitet zu werden pflegen. Dazu gibt es Bilder aus den Aufenthaltsräumen, zuerst von jenem im Leo, nichts ahnend sitzen Haluk, Mira und der Onkel beim Kaffee- und Teeplausch, Hier sind sie, eure Gefängniswärter, Genossinnen und Genossen, dann ist der Aufenthaltsraum im Erdgeschoss zu sehen. Es findet gerade eine Sitzung statt, und während ich spreche, betritt Ewad, einer der Erwachsenenbetreuer, den Raum. Er sagt etwas, alle Blicke richten sich auf ihn, er dreht sich zur Tür um, wo in einem Regal die Kamera versteckt ist, einige seiner Kollegen treten näher, einer zeigt auf die Kamera, ein anderer holt einen Sessel, schließlich ist Ewads Gesicht direkt vor der Kamera zu sehen, das Weitwinkelobjektiv verzerrt es ins Groteske. Seht sie euch genau an, eure Überwacher, prägt euch die Gesichter ein, achtet auf jede ihrer Bewegungen, Tag und Nacht, seid immer bereit, schon beim geringsten Verdacht solltet ihr einschreiten et cetera, et cetera …
    Wozu sollte das gut sein, fragt der Onkel am nächsten Tag. Wir sitzen im trauten Kreise zusammen, der Mann aus Castrop-Rauxel, Mira-mein-Täubchen, die Schöne Helena und ich, von Jakobs Beteiligung habe ich nichts verraten. Wozu soll die Überwachung gut sein, kontere ich. Lenk mal nich’ ab, insistiert der böse Onkel, Aus Sicherheitsgründen, antwortet zur selben Zeit die Schöne Helena. Die Schöne Helena ist eigentlich weder schön, noch heißt sie Helena. Sie ist Leiterin dieser Anstalt und steht als solche, man möchte es kaum glauben, in der Hierarchie noch über unserem geliebten Onkel. Ihr bürgerlicher Name lautet Helene Schlagnitweit-Manastiris, der ihres Ehemannes Georgios Menelaos Manastiris. Es geht die Kunde, er warte schon seit Jahren auf ihre Entführung, doch Paris ziert sich noch und verschiebt den Trojanischen Krieg auf eine möglichst ferne Zukunft; man kann es dem guten Mann nicht wirklich verübeln, denn die Schöne Helena hat Schweißfüße, ein äußerst schroffes Auftreten und trägt mehr Bart als so mancher männliche Bewohner dieses Hauses. Unter dieser rauen Schale verbirgt sich jedoch ein weicher Kern, denn das Herz der Schönen Helena ist größer als das Haus, in dem sie arbeitet, und bietet Bett und Tisch für nahezu jeden Heimatlosen in dieser Stadt. Aus Sicherheitsgründen? Habt ihr denn Angst, dass wir euch mit dem Buschmesser die Kehle durchschneiden? Es ist in allen Flüchtlingsheimen Vorschrift, beharrt die Chefaufseherin. Vorschrift, aha, es wird also nach guter alter Tradition nur die Pflicht erfüllt? Werd nicht frech, schaltet Mira-mein-Täubchen sich ein. Es ist doch alles nur Theater, versteht ihr denn nicht, gehe ich in die Offensive. Lehnt euch entspannt zurück und genießt die Vorstellung, sie sei kostenlos. Doch die drei wollen mich nicht verstehen, haben kein Interesse an Gratistheater. Um die Sache abzukürzen: Ich bekomme eine ernsthafte Ermahnung, gehe sozusagen auf Bewährung frei, ich gebe mich geknickt und zerknirscht, streue mir Asche aufs Kräuselhaupt und gelobe, den Theaterworkshop nicht mehr für politische Manifestationen zu nutzen, gelobt sei der Herr und auch die Dame und ihr Neffe, doch nun zu Wichtigerem.
    Zwei oder drei Tage später, wir verlassen gerade den Kursraum nach einer langweiligen Improvisationsreihe, werde ich Zeuge einer Szene, die neues Licht auf Nicoletas Geschichte wirft. Sie wartet im vierten Stock auf den Lift, die Tür öffnet sich, ein etwa fünfundvierzigjähriger Mann steigt aus, ich habe ihn schon das eine oder andere Mal im Haus gesehen. Nicoleta schreckt zurück, als sie ihn sieht, er grüßt sie mit schmierigem Grinsen und hält ihr ein Blatt Papier entgegen. Nicoleta streckt die Hand aus, der Mann zieht das Papier weg, sie versucht ein paar Mal, es zu erhaschen, doch jedes Mal weicht er wieder aus und lacht dabei. Nicoleta gibt auf, dreht sich um und läuft Richtung Zimmer davon. Ich komme wieder, ruft ihr der Mann auf Russisch nach, dann wendet er sich, ein zufriedenes Grinsen auf seinem Gesicht, zur Treppe. Doch halt, mein Freundchen, so nicht! Ich halte ihn auf. Was hast du da in der Hand, frage ich ihn auf Russisch. Er bleibt stehen, misst mich von oben bis unten. Na so was, ein Nigger, der Russisch spricht! Ich hole schon zum Schlag aus, besinne mich aber eines Besseren. Was willst du von Nicoleta, herrsche ich ihn an. Er knipst wieder sein schäbiges Grinsen an. Nicoleta heißt die kleine Nutte also. Ist sie deine

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