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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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Braut? Diesmal schlage ich doch zu, aber nur ganz leicht, Euer Ehren, nur ganz leicht und aus rein pädagogischen Gründen. Er blickt mich völlig verdattert an, fasst sich dann vorsichtig ans linke Auge, zuckt vor Schmerz zusammen. Ich … ich … wollte nicht …, beginnt er zu stottern, und im selben Augenblick schnappe ich mir das Blatt Papier aus seiner Rechten.
    Es handelt sich dabei um den Computerausdruck eines Fotos. Ein Mann ist darauf abgebildet, sein Gemächt hängt ihm halbstark aus der Hose, Nicoleta kniet vor ihm und blickt mit leicht geöffnetem Mund und unsicherem Lächeln in die Kamera, eine Hand liegt am linken Oberschenkel des Mannes, mit der anderen streicht sie sich das Haar aus der Stirn. Sie hat außer silbrig glänzenden Stöckelschuhen nichts an. Zwar wirkt sie auf dem Foto nicht ganz so dünn wie jetzt, zwar hat sie rote und nicht blonde Haare, doch es handelt sich ganz zweifelsfrei um Nicoleta. Woher hast du das, herrsche ich ihn an. Ich hab’s durch Zufall entdeckt, das Internet ist voll mit Bildern von ihr. Und warum belästigst du sie damit? Ich wollte ja nur wissen, wie viel sie für ein Mal Blasen verlangt, verteidigt er sich, als wäre das das unschuldigste und selbstverständlichste Ansinnen der Welt. Willst du ein zweites blaues Auge, frage ich ihn und richte mich zu voller Größe auf. Er weicht zurück, doch die Wand lässt ihm keinen Raum. Neinnein, winselt er und duckt sich, nicht noch mal schlagen! Dann komm nie wieder, hörst du, komm nie wieder auch nur in die Nähe von Nicoleta! Ich lasse ihn gehen, er läuft die Treppe hinunter und verschwindet in den Tiefen des Hauses.
    Nicoleta lässt sich an diesem Tag nicht mehr blicken, und auch an den beiden nächsten, es sind die letzten des Theaterworkshops, bleibt sie verschwunden. Ist wieder weg mit Reisetasche, meldet Nino dem Betreuerteam. Unser Workshop läuft im Gegensatz zu den anderen sang- und klanglos aus, ohne abschließende Aufführung oder sonstige Veran- oder -unstaltung. Im Rahmen des Filmworkshops ist ein Film über den Alltag im Leo entstanden, die Academy-Award-Nominierung wird sicher nicht lange auf sich warten lassen. Die Foto- und die Malereigruppe präsentieren ihre Elaborate – unbeholfene Zeichnungen und Gemälde von Blümchen und Menschen, Dutzendfotos von Menschen und Blümchen – in einer gemeinsamen Ausstellung, bei der geladene Gäste zwischen den Bildern herumwandern und sich wunderbar politisch korrekt dabei fühlen. Einzig und allein Yayas Bilder sind es wert, erwähnt zu werden. Yaya hat Talent, keiner hätte ihm das zugetraut, mit hellen Farben und luftigen, leichten Strichen hat er fünf Porträts auf Papier gezaubert, auf allen ist das gleiche junge Mädchen zu sehen, sie hat ein schönes, ausdrucksvolles Gesicht, sie lächelt, doch es ist ein trauriges, irgendwie entrücktes Lächeln. Das ist ja Oma, piepst Djamila. Nein, widerspricht Nino, Oma ist doch anders. Yaya ist verknallt zu Oma, beharrt Djamila unbeirrt und muss kichern, dann eilt sie davon, um auch den Rest der Welt über diese sensationelle Neuigkeit in Kenntnis zu setzen. Yaya sagt nichts dazu. Er ist erst kurz vor Beginn des Workshops aus der psychiatrischen Klinik zurückgekehrt, in die er nach unserem Kärnten-Aufenthalt eingeliefert wurde, er ist schweigsam und in sich gekehrt wie eh und je. Ein Ausstellungsbesucher möchte die fünf Bilder kaufen, doch Yaya lehnt ab. Der Mann erhöht den Preis, doch Yaya bleibt standhaft. Du spinnst, sagt Afrim, der zufällig danebensteht, was du kannst kaufen mit diese Geld!
    Nachts träume ich. Ich sitze auf meinem Lieblingsplatz in der Astgabel des Affenbrotbaumes hinter dem Haus. Es ist Nachmittag, es ist still im Dorf, nur die Zikaden sind zu hören, ein paar Bienen oder Wespen summen um mich herum, irgendwo in der Ferne auf den Feldern bellt ein Hund. Es riecht nach Hitze, nach den Schweinen, die unter dem Baum im Staub wühlen, nach den Bohnen, die meine Mutter in der Küche zubereitet, und da ist noch dieser andere Geruch, ich weiß nicht, woher er kommt, ich weiß nicht, ob er mir gefällt oder nicht, ob es ein Duft ist oder ein Gestank. Meine Ohren sind fein, trotzdem höre ich die Soldaten nicht, erst als meine Mutter plötzlich aufschreit, weiß ich, dass sie da sind. Ich springe vom Baum, laufe am Haus entlang bis zur Ecke und spähe vorsichtig Richtung Eingang. Ein groß gewachsener Soldat steht breitbeinig davor, das Gewehr in beiden Händen. Drinnen höre ich meine Mutter und

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