Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
sich in der Zwischenzeit überhaupt nicht bewegt.
»Es ist nur … meine Abrechnung …«
»Was ist denn damit?«
»Da muss der Buchhaltung ein Fehler unterlaufen sein …« Ein nervöses Lachen entfährt mir, während ich die Papiere auf ihren Schreibtisch lege. »Sehen Sie selbst: Da steht, dass ich nur fünfhundertzweiundvierzig Euro bekomme, dabei … ich meine … mein Festgehalt in den ersten beiden Monaten betrug doch schon achthundert.«
Clarissa sieht mich eine Sekunde lang erstaunt an, dann nimmt sie die Papiere und beginnt mit aufreibender Langsamkeit darin zu blättern.
Ich werde fast wahnsinnig vor Nervosität, und um mich abzulenken, lasse ich unauffällig meinen Blick durch den Raum wandern. Woher kommt bloß immer dieses Surren? Ich kann beim besten Willen nichts entdecken, was dieses Geräusch erzeugen könnte, keinen Standmixer, keinen Massagestab, ja nicht einmal einen elektrischen Anspitzer, was ja noch die harmloseste Erklärung wäre.
»Ah, ich sehe schon …«, murmelt sie auf einmal.
Mein Kopf ruckt zu ihr herum. Angespannt bis in die Haarspitzen beobachte ich, wie sie die Blätter auseinander zu sortieren beginnt. Ein Blatt nach links, noch eines nach links, dann eines nach rechts, und wieder eines nach links …
Geht’s vielleicht noch ein bisschen langsamer?
Als sie endlich fertig ist, hat sie zwei Stapel vor sich liegen. Sie wirft noch einmal einen Blick auf den Zettel mit der Endabrechnung, dann sagt sie: »Der Buchhaltung ist tatsächlich ein Fehler unterlaufen.«
»Also doch«, stoße ich erleichtert hervor. Dann füge ich großzügig hinzu: »Aber das ist schon okay, das sind schließlich auch nur Menschen, und sicher haben sie enormen Stress, da kann es natürlich schon mal vorkommen …«
»Es müsste minus fünfhundertzweiundvierzig heißen, nicht plus.«
Ich stoße ein hysterisches Kichern aus. » Wie bitte?«
Clarissa sieht mich völlig emotionslos an. » Sie schulden uns fünfhundertzweiundvierzig Euro, und nicht umgekehrt.«
Dir bleibt ja immer noch Frederic – und das Kamasutra
»Komm schon, Molly, so schlimm ist das auch wieder nicht.« Lissy tätschelt meinen Arm, um mich zu beruhigen.
Wir haben es uns draußen am Pool mit einer Früchtebowle und Karamellkeksen gemütlich gemacht. Dann hat Lissy mich gefragt, wie mein Tag war, und ich bin nach wenigen Sätzen in Tränen ausgebrochen.
Ich kann mich einfach nicht beruhigen. Ich hatte mich so gefreut, endlich erfolgreich zu sein, und dann diese Riesenenttäuschung. Es ist so ungerecht. Ich habe doch gearbeitet, und ich habe mich bemüht, ich meine, dann kann es doch nicht sein, dass ich dafür auch noch bezahlen muss.
Und Clarissa war natürlich wieder mal superfies. Die hat es richtig genossen, dass ich so fertig war, und dann hat sie mir noch eine halbstündige Standpauke gehalten, von wegen, dass ich uneffektiv arbeiten würde und meinen privaten Konsum eben »auf ein normales Maß« zurückschrauben müsse.
Lissy beginnt in meinem Arbeitsvertrag zu blättern, den ich mitgebracht habe. Ich putze mir die Nase und schöpfe wieder ein bisschen Hoffnung. Lissy studiert immerhin Jura, vielleicht findet sie ja etwas, irgendeine Klausel, die gegen das Völkerrecht verstößt oder so, und dann werde ich eine Multimillionenklage gegen Winners only führen und …
»Also, der Vertrag ist wasserdicht, soweit ich das sehe«, sagt Lissy mit einem Achselzucken.
Was ist denn das für eine Juristin? Die Anwälte in den Fernsehserien finden in jedem Vertrag etwas, womit sie Millionen für ihren Mandanten herausschlagen.
»Bist du dir sicher?«, frage ich enttäuscht.
Sie nickt. »Ja, tut mir leid. Du bist bei denen gar nicht angestellt, sondern arbeitest auf selbstständiger Basis. Das ist ein Riesenunterschied.«
»Aber auf so etwas müssten die doch ausdrücklich hinweisen, oder nicht?«
Das ist es. Bestimmt gibt es ein Gesetz, das einen vor so etwas schützt, eine Genfer Antisklavenkonvention zum Beispiel. Meine Stimmung hebt sich augenblicklich. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich eine verdammt gute Anwältin wäre. Vielleicht sollte ich selbst Jura studieren …
»Hier steht: Das Unternehmen weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dem vorliegenden Vertrag um keinen Angestelltenvertrag handelt«, unterbricht Lissy meine Euphorie.
»Ach ja, wo denn?«, sage ich kampfeslustig. »Wahrscheinlich ganz hinten im Kleingedruckten, wie?«
»Nein, hier auf Seite eins. Fett gedruckt.« Lissy hält den Vertrag
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