Momo
Namensschild zu finden.
„Ich möchte wissen“, sagte Momo, „ob das überhaupt Gigis neues Haus ist. Es sieht eigentlich gar nicht nach ihm aus.“
„IST ES ABER“, stand auf dem Rücken der Schildkröte.
„Warum ist denn alles so zu?“ fragte Momo. „Da komm' ich nicht 'rein.“
„WARTE!“ erschien als Antwort.
„Na ja“, meinte Momo seufzend, „da kann ich aber vielleicht lang warten. Woher soll Gigi wissen, daß ich hier draußen stehe – falls er überhaupt drin ist.“
„ER KOMMT GLEICH“, war auf dem Panzer zu lesen. Also setzte Momo sich geradewegs vor das Tor und wartete geduldig. Lange Zeit geschah gar nichts, und Momo begann zu überlegen, ob Kassiopeia sich nicht vielleicht doch einmal geirrt hatte.
„Bist du wirklich ganz sicher?“ fragte sie nach einer Weile. Statt jeder erwarteten Antwort erschien aber auf dem Rückenpanzer das Wort: „LEBEWOHL!“
Momo erschrak. „Was meinst du denn damit, Kassiopeia? Willst du mich denn wieder verlassen? Was hast du denn vor?“
„ICH GEH' DICH SUCHEN!“ war Kassiopeias noch rätselhaftere Auskunft.
In diesem Augenblick flog plötzlich das Tor auf, und ein langes, elegantes Auto schoß in voller Fahrt heraus. Momo konnte sich gerade noch durch einen Sprung nach rückwärts retten und fiel hin. Das Auto raste noch ein Stückchen weiter, dann bremste es, daß die Reifen quietschten. Eine Tür wurde aufgerissen, und Gigi sprang heraus.
„Momo!“ schrie er und breitete die Arme aus, „das ist doch wirklich und wahrhaftig meine kleine Momo!“
Momo war aufgesprungen und lief auf ihn zu, und Gigi fing sie auf und hob sie hoch, küßte sie hundert Mal auf beide Backen und tanzte mit ihr auf der Straße herum.
„Hast du dir weh getan?“ fragte er atemlos, aber er wartete gar nicht ab, was sie sagte, sondern redete aufgeregt weiter. „Es tut mir leid, daß ich dich erschreckt habe, aber ich hab's schrecklich eilig, verstehst du? Ich bin schon wieder mal zu spät dran. Wo hast du denn nur gesteckt die ganze Zeit? Du mußt mir alles erzählen. Also ich habe nicht mehr geglaubt, daß du zurückkommen würdest. Hast du meinen Brief gefunden? Ja? War er noch da? Gut, und bist du zu Nino essen gegangen? Hat es dir geschmeckt? Ach, Momo, wir müssen uns so viel erzählen, es ist ja so schrecklich viel passiert inzwischen. Wie geht es dir denn? So rede doch endlich! Und unser alter Beppo, was macht er? Ich hab' ihn schon ewig nicht mehr gesehen. Und die Kinder? Ach, weißt du, Momo, ich denke oft an die Zeit, als wir noch alle zusammen waren und ich euch Geschichten erzählt habe. Das waren schöne Zeiten. Aber jetzt ist alles anders, ganz, ganz anders.“
Momo hatte mehrmals versucht, auf Gigis Fragen zu antworten. Aber da er seinen Redestrom nicht unterbrach, wartete sie einfach ab und schaute ihn an. Er sah anders aus als früher, so schön gepflegt, und er duftete gut. Aber irgendwie war er ihr seltsam fremd. Inzwischen waren aus dem Auto noch vier andere Personen ausgestiegen und herangekommen: ein Mann in einer ledernen Chauffeursuniform und drei Damen mit strengen, aber stark geschminkten Gesichtern.
„Hat das Kind sich verletzt?“ fragte die eine, eher vorwurfsvoll als besorgt.
„Nein, nein, keine Spur“, versicherte Gigi, „es hat sich nur erschreckt.“
„Was lungert es aber auch vor dem Tor herum!“ sagte die zweite Dame.
„Aber das ist doch Momo!“ rief Gigi lachend. „Meine alte Freundin Momo ist das!“
„Ach, dieses Mädchen gibt es also wirklich?“ fragte die dritte Dame erstaunt. „Ich hatte es immer für eine Ihrer Erfindungen gehalten. - Aber das könnten wir doch gleich an Presse und Rundfunk geben! Wiedersehen mit der Märchenprinzessin oder so, das wird bei den Leuten fabelhaft ankommen! Ich werde das sofort veranlassen. Das wird der Knüller!“
„Nein“, sagte Gigi, „das möchte ich eigentlich nicht.“
„Aber du, Kleine“, wandte sich die erste Dame nun an Momo und lächelte, „du möchtest doch bestimmt gern in der Zeitung stehen, nicht wahr?“
„Lassen Sie das Kind in Ruhe!“ sagte Gigi ärgerlich. Die zweite Dame warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Wenn wir jetzt nicht mächtig auf die Tube drücken, dann fliegt uns das Flugzeug wirklich noch vor der Nase weg. Sie wissen ja selbst, was das bedeuten würde.“
„Mein Gott“, antwortete Gigi nervös, „kann ich denn nicht mal mehr mit Momo in Ruhe ein paar Worte wechseln nach so langer Zeit! Aber du siehst ja selbst, Kind, sie lassen mich nicht,
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