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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Gesicht. „Er wollte unbedingt, daß sie dich suchen sollten. Soviel ich weiß, haben sie ihn schließlich in eine Art Sanatorium gebracht. Mehr weiß ich auch nicht.“
„Verdammt noch mal!“ schrie jetzt eine wütende Stimme von hinten, „ist das hier eigentlich ein Schnellrestaurant oder ein Wartesaal? Ihr habt wohl ein Familientreffen da vorne, wie?“
„Sozusagen!“ rief Nino flehend.
„Ist er noch dort?“ erkundigte sich Momo.
„Ich glaube nicht“, erwiderte Nino, „es heißt, sie haben ihn wieder laufen lassen, weil er harmlos ist.“
„Ja, aber wo ist er denn jetzt?“
„Keine Ahnung, wirklich, Momo. Aber, bitte, geh jetzt weiter!“ Abermals wurde Momo einfach von den nachdrängenden Leuten weitergeschoben. Wieder ging sie zu einem der Pilztischchen, wartete, bis sie einen Platz fand und verdrückte die Mahlzeit, die auf ihrem Tablett stand. Diesmal schmeckte es ihr schon sehr viel weniger gut. Auf die Idee, das Essen einfach stehen zu lassen, kam Momo natürlich nicht. Nun mußte sie aber noch erfahren, was mit den Kindern war, die sie früher immer besucht hatten. Da half nichts, sie mußte sich wieder in die Reihe der Wartenden stellen, an den Glaskästen vorübermaschieren und ihr Tablett mit Speisen füllen, damit die Leute nicht böse auf sie würden.
Endlich war sie wieder bei Nino an der Kasse. „Und die Kinder?“ fragte sie. „Was ist mit denen?“
„Das ist jetzt alles anders geworden“, erklärte Nino, dem bei Momos neuerlichem Anblick der Schweiß auf die Stirn trat. „Ich kann dir das jetzt nicht so erklären, du siehst ja, wie es zugeht hier!“
„Aber warum kommen sie nicht mehr?“ beharrte Momo eigensinnig auf ihrer Frage.
„Alle Kinder, um die sich niemand kümmern kann, sind jetzt in Kinder-Depots untergebracht. Die dürfen sich nicht mehr selbst überlassen bleiben, weil… na, kurz und gut, für sie ist jetzt gesorgt.“
„Beeilt euch doch, ihr Trantanten da vorne!“ riefen wieder Stimmen aus der Schlange. „Wir wollen schließlich auch mal zum Essen kommen.“
„Meine Freunde?“ fragte Momo ungläubig. „Haben sie das wirklich selber gewollt?“
„Das hat man sie nicht gefragt“, erwiderte Nino und zappelte fahrig mit den Händen auf den Tasten seiner Kasse herum. „Kinder können doch über so was nicht entscheiden. Es ist dafür gesorgt, daß sie von der Straße wegkommen. Das ist schließlich das Wichtigste, nicht wahr?“
Momo sagte darauf gar nichts, sondern schaute Nino nur prüfend an. Und das machte Nino nun vollends konfus.
„Zum Kuckuck noch mal!“ schrie nun wieder eine erboste Stimme aus dem Hintergrund, „das ist ja zum Auswachsen, wie hier heute getrödelt wird. Müßt ihr euer gemütliches Schwätzchen denn ausgerechnet jetzt abhalten?“
„Und was soll ich jetzt machen“, fragte Momo leise, „ohne meine Freunde?“
Nino zuckte die Schultern und knetete seine Finger. „Momo“, sagte er und holte tief Luft wie einer, der mit Gewalt seine Fassung zu bewahren sucht, „sei vernünftig und komm irgendwann wieder, ich habe jetzt wirklich keine Zeit, mit dir zu beraten, was du anfangen sollst. Du kannst hier immer essen, das weißt du ja. Aber ich an deiner Stelle würde eben einfach auch in solch ein Kinder-Depot gehen, wo du beschäftigt wirst und aufgehoben bist und sogar noch was lernst. Aber da werden sie dich sowieso hinbringen, wenn du so allein durch die Welt läufst.“
Momo sagte wieder nichts und sah Nino nur an. Die Menge der Nachdrängenden schob sie weiter. Automatisch ging sie zu einem der Tischchen, und ebenso automatisch verdrückte sie auch noch das dritte Mittagessen, obwohl sie es kaum hinunterwürgen konnte und es wie Pappendeckel und Holzwolle schmeckte. Danach fühlte sie sich elend. Sie nahm Kassiopeia unter den Arm und ging still und ohne sich noch einmal umzudrehen hinaus.
„He, Momo!“ rief Nino ihr nach, der sie im letzten Augenblick noch erspäht hatte, „warte doch mal! Du hast mir ja gar nicht erzählt, wo du inzwischen gesteckt hast!“
Aber dann drängten die nächsten Leute heran, und er tippte wieder auf der Kasse, nahm Geld ein und gab Wechselgeld heraus. Das Lächeln auf seinem Gesicht war schon lange wieder verschwunden. - „Viel zu essen“, sagte Momo zu Kassiopeia, als sie wieder im alten Amphitheater waren, „viel zu essen hab' ich ja schon gekriegt, viel zuviel. Aber ich hab' trotzdem das Gefühl, als ob ich nicht satt bin.“ Und nach einer Weile fügte sie hinzu: „Ich hätte Nino auch

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