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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Materials. »Also verklopfen sie mich ein bißchen.« Sie sah achselzuckend zu ihm auf. »Aber dann sagen sie mir, was sie mit mir
    vorhaben. Sie werden mir die Hände auf den Rücken fesseln und zu Moby Jane in den Tank
    stecken und ihren Tropf ordentlich aufdrehen und ihr sagen, daß mein Lover sie beklaut hat...«
    Sie warf den feuchten Bausch in die Schüssel. »Also sperrten sie mich in das Kabäuschen, damit ich Gelegenheit hätte, mir Gedanken zu machen, bevor sie es täten. Als freilich die Tür aufgeht, steht Kid Afrika davor. Ich habe ihn nicht gekannt. >Miss Chesterfield«, sagt er, >wenn ich mich nicht täusche, dann sind Sie bis vor kurzem Medizin-Technikerin gewesene«
    »Also machte er dir ein Angebot.«
    »Angebot, herrje. Er hat nur meine Papiere angeschaut und mich gleich mitgenommen. Es war auch kein Mensch da, obwohl es ein Samstagnachmittag war. Führte mich auf den Parkplatz, da stand der Hover mit lauter Totenköpfen vorndran und zwei starken Schwarzen, die auf uns warteten. Und mir war's recht, solange ich weg von dem Tank kam.«
    »Unsern Freund hatten sie hinten drin?«
    »Nein.« Handschuhe aus. »Ließ sich von mir zurückfahren nach Cleveland, in so'nen Vorort.
    Große alte Häuser, aber ungemähte, mickrige Vorgärten. In so eins gingen wir, das aufwendig gesichert war. Das war, glaube ich, seins. Der da«, und sie zog dem Mann den blauen Schlafsack hoch bis zum Kinn, »lag in einem Schlafzimmer. Ich mußte sofort anfangen. Kid sagte, er bezahlt mich gut.«
    »Und du wußtest, daß er dich hier raus nach Solitude bringt?«
    »Nein, das wußte er, glaube ich, selber nicht. Es ist was dazwischengekommen. Er kam am
    nächsten Tag an und sagte, wir verschwinden von hier. Vor irgendwas hat er, glaube ich, Angst gehabt. In dem Moment nannte er ihn auch so: Count. Weil er, glaube ich, sauer war und Schiß hatte. >Der Count und sein verdammtes LF<, sagte er.«
    »Sein was?«
    »LF.<«
    »Was is'n das?«
    »Ich glaube ... das«, sagte sie und deutete auf das unscheinbare graue Paket, das über dem Kopf des Mannes montiert war.
    .
     
    'D JLEW
V NHLQ 'RUW
    Sie stellte sich vor, auf der Terrasse wartete Swift im Tweed-Look, der ihm der liebste war im Winter von L.A. Weste und Jackett kombiniert aus Fischgrat und durchbrochenem Karo, aber alles aus der gleichen Wolle, und die vermutlich vom selben Schaf vom selben Hügel. Sein
    komplettes Äußeres wurde von einer Kommission gestylt, die in London über einem Floral Street Shop tagte, den er noch nie gesehen hatte. Sie ließen Streifenhemden für ihn fertigen, kauften die Baumwolle von Charvet in Paris; sie machten seine Krawatten, ließen die Seide in Osaka weben und das stramme, kleine Sense/Net Logo einsticken. Und trotzdem sah er irgendwie aus, als hätte ihn seine Mutter angezogen.
    Die Terrasse war leer. Der Dornier blieb stehn in der Luft und schwirrte dann zu seinem Horst davon. Noch haftete ihr die Erscheinung von Mamman Brigitte an.
    Sie ging in die weiße Küche und wusch sich das angetrocknete Blut von Gesicht und Händen.
    Als sie das Wohnzimmer betrat, war ihr, als würde sie es zum ersten Mal sehn. Der helle Boden, die vergoldeten Louis XVI-Sessel mit Chiffonbezug, die kubistische Kulisse eines Valmier.
    Genau wie Hiltons Garderobe, dachte sie; von fremden Talenten zusammengestellt. Ihre Stiefel hinterließen feuchte Sandspuren auf dem hellen Boden, als sie zur Treppe ging.
    Kelly Hickman, ihr Garderobier, war während ihres Klinikaufenthalts im Haus gewesen und
    hatte im Hauptschlafzimmer ihr Arbeitsgepäck hergerichtet. Neun Hermes-Gewehrkoffer,
    schlicht und lang wie Särge aus mattem Sattelleder. Ihre Kleider wurden nie gefaltet, sondern lagen ausgebreitet zwischen Seidenpapier.
    Sie stand in der Tür und starrte aufs leere Bett und die neun ledernen Särge.
    Sie ging ins Bad mit gläserner Wanne und weißem Fliesenmosaik und schloß hinter sich ab. Sie öffnete einen Schrank und noch einen, ohne sich um die säuberlich aufgereihten,
    originalverpackten Toilettenartikel, Markenmedikamente und Kosmetika zu kümmern. Sie fand den Applikator im dritten Schrank neben einer verschweißten Derm-Packung. Sie beugte sich näher und musterte das graue Plastik, das japanische Logo, traute es sich nicht anzufassen. Der Applikator sah neu aus, unbenutzt. Sie war sich ziemlich sicher, daß sie ihn nicht gekauft, nicht hiergelassen hatte. Sie zog den Stoff aus dem Anorak und inspizierte ihn, indem sie ihn hin und her wendete und den violetten

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