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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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kann sich nicht vorstellen, warum eine kleine Japse in Gummisocken ins Pub kommt und was will von ihm.«
    »Ich möchte zu Tick.«
    Bevan betrachtete sie gleichgültig über den Rand des erhobenen Glases. »Tut mir leid«, sagte er,
    »aber ich kenn an sich keinen, der so heißt.« Er trank.
    »Sally sagte mir, ich soll zu Ihnen, wenn Tick nicht hier ist. Sally Shears ...«
    Bevan verschluckte sich am Lager, und in den Augen zeigte sich mehr Weiß. Hustend stellte er das Glas auf die Bar und zog ein Taschentuch aus dem Mantel. Damit schneuzte er sich und wischte sich den Mund ab.
    »Ich fang in fünf Minuten an«, sagte er. »Gehen wir besser nach hinten.«
    Alice klappte eine Platte mit Scharnieren auf; Bevan schob Kumiko mit kleinen Klapsen seiner großen Hände durch, wobei er kurz über die Schulter umschaute. Er führte sie durch einen schmalen Gang, der hinter der Bar anfing. Backsteinwände, alt und holprig, dick mit grüner Farbe beschmiert. Neben einem zerdellten Blecheimer mit Bartüchern aus Frottee, die nach Bier stanken, blieb er stehen.
    »Es wird dir leid tun, wenn du mich reinlegen willst, Mädel«, drohte er. »Sag schon, was willst du von Tick?«
    »Sally ist in Gefahr. Ich muß Tick finden. Muß es ihm sagen.«
    »Verdammte Scheiße«, sagte der Barkeeper. »Versetz dich mal in meine Lage ...«
    Colin rümpfte die Nase über dem Eimer mit den triefenden Tüchern.
    »Ja?« meinte Kumiko.
    »Wenn du'n Polizeispitzel bist und ich dich losschicke zu diesem Tick, vorausgesetzt, ich kenne ihn, und der gefoppt wird, dann wird er mich erledigen, nicht? Aber bist du keiner, dann wird diese Sally mich wahrscheinlich erledigen, wenn ich dich nicht schicke, klar?«
    Kumiko nickte. »Zwischen Baum und Borke.« Das war ein Spruch, den sie von Sally gehört hatte und den sie richtig poetisch fand.
    »Ganz recht«, sagte Bevan und sah sie komisch an.
    »Helfen Sie mir! Sie ist in größter Gefahr.«
    Er strich sich mit der Hand das glänzende rotblonde Haar zurück.
    »Sie helfen mir!« hörte sie sich sagen und spürte, wie sich die kalte Maske der Mutter über ihr Gesicht schob. »Sagen Sie schon, wo ich Tick finde.«
    Der Barkeeper schien zu schaudern, obwohl der Gang überheizt war, feuchtwarm. Zum
    Biergeruch gesellte sich scharfer Desinfektionsmittel-Gestank. »Kennst du dich aus in London?«
    Colin zwinkerte ihr zu. »Ich find mich zurecht«, sagte sie.
    »Bevan«, sagte Alice, die den Kopf um die Ecke steckte, »Polypen.«
    »Polizei«, übersetzte Colin.
    »Margate Road, SW2«, sagte Bevan. »Hausnummer weiß ich nicht, Telefonnummer auch nicht.«
    »Laß dich jetzt zum Hinterausgang führen«, sagte Colin. »Das ist keine gewöhnliche Polizei.«
    Kumiko würde die endlose Fahrt durch den Untergrund der Stadt nie vergessen. Colin hatte sie vom Rose and Crown nach Holland Park geführt und dort hinunter, wobei er ihr erklärte, daß ihr MitsuBank-Chip jetzt mehr als wertlos war; wenn sie ihn für ein Taxi oder sonstige Einkäufe hernähme, würde der Vorgang im Cyberspace-Gitter wie ein Magnesiumblitz aufleuchten im Monitor von Special Branch. Aber sie müsse Tick finden, sagte sie ihm; sie müsse in die Margate Road. Er runzelte die Stirn. Sagte nein, sie solle warten bis zum Nachteinbruch; nach Brixton sei es nicht weit, aber auf der Straße sei's zu gefährlich jetzt am hellichten Tag, wo Swain doch die Polizei auf seiner Seite habe. Aber wo solle sie sich verstecken, fragte sie. Sie hatte kaum Geld; die Vorstellung von Bargeld, Münzen und Scheinen, war komisch, ihr total fremd.
    Hier, sagte er, als sie in Holland Park mit dem Lift hinunterfuhr. »Für den Preis einer Fahrkarte.«
    Die bulligen silbernen Zugsilhouetten.
    Die weichen alten Sitze in Graugrün.
    Und warm, herrlich warm; noch so eine Zuflucht hier im Reich endloser Bewegung ...
     
    'HU 5DXE
    Der Airport schluckte eine benommene Danielle Stark durch einen pastelligen Korridor, der von Reportern, Kameras und elektronisch verstärkten Augen gesäumt wurde, während Porphyre und drei Net-Sicherheitsdienstler Angie durch die Journalisten schleusten, die sie umzingelten, ein choreographiertes Ritual, bei dem es mehr um dramatische Bildwirkung als um Personenschutz ging. Sämtliche Anwesenden waren bereits einer Überprüfung durch den Sicherheitsdienst und die PR-Abteilung unterzogen.
    Dann war sie allein mit Porphyre in einem reservierten Aufzug, unterwegs zum
    Hubschrauberlandeplatz, den Net auf dem Dach des Terminalgebäudes unterhielt.
    Als

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