Mona Lisa Overdrive
kaum den Schnabel zukriegte. Sie hatte von Cleveland erzählt und von Florida und Eddy und Prior.
Dann waren sie hier raufgefahren und hatten geparkt.
Jetzt war diese Molly mindestens schon 'ne Stunde weg, wenn nicht länger. Sie hatte einen Koffer mitgenommen. Mona hatte von ihr lediglich herausbekommen, daß sie Gerald seit langem kannte, was Prior nicht gewußt hatte.
Es wurde wieder kalt im Wagen, so daß Mona auf den Vordersitz kletterte und die Heizung
anmachte. Sie konnte sie nicht ständig leicht anlassen, weil das vielleicht die Batterie schwächte, und wenn das passierte, hatte Molly gesagt, säßen sie arg in der Klemme. »Denn wenn ich zurückkomme, verschwinden wir schleunigst.« Dann hatte sie Mona den Schlafsack gezeigt, der unterm Fahrersitz steckte.
Sie machte die Heizung groß an und hielt die Hände vors Gebläse. Dann drückte sie an den
kleinen Knöpfen des Videogeräts neben dem Armaturenbrettmonitor herum und kriegte eine
Nachrichtensendung herein. Der König von England war krank; er war schon sehr betagt. In
Singapore war eine neue Seuche ausgebrochen; noch war daran keiner gestorben, aber man
wußte nicht, wie man sie bekam und wie man sie heilen konnte. Es wurde gemunkelt, in Japan sei quasi ein großer Machtkampf ausgebrochen zwischen zwei Yakuza, die sich gegenseitig ausschalten wollten. Yakuza — darüber hatte Eddy gern Witze gerissen. Dann gingen diese
Türen auf, und herein kam Angie auf den Armen eines außergewöhnlichen Schwarzen. Dies war live, sagte die Videostimme; sie kam soeben im Sprawl an nach einem Kurzurlaub in ihrem Haus in Malibu im Anschluß an eine Therapie in einer privaten Entzugsanstalt...
Angie sah einfach hinreißend aus in dem dicken Pelz, aber schon war der Ausschnitt zu Ende.
Mona mußte wieder daran denken, was Gerald gemacht hatte; sie betastete ihr Gesicht.
Sie schaltete Video und Heizung aus und kletterte wieder auf die Rückbank. Putzte mit einem Schlafsackzipfel die vom Atmen beschlagene Scheibe blank. Schaute hinauf zum Gipfel-Bauwerk, das in hellem Licht erstrahlte jenseits der Kettenabsperrung am Rand des obersten Parkdecks. Eine ganze Landschaft da droben, wie Colorado oder so, wie im Stim, wo Angie nach Aspen ging und diesen jungen Mann traf, als — wie fast immer — Robin aufkreuzte.
Was sie freilich nicht kapierte, war das mit der Klinik, wie dieser Mann in der Bar behaupten konnte, sie sei abhängig, was sie jetzt auch vom Nachrichten Sprecher gehört hatte, so daß wohl was dran sein mußte. Wieso freilich sollte jemand wie Angie, die ein so tolles Leben und Robin Lanier zum Freund hatte, zu Drogen greifen?
Mona, die auf das Gebäude starrte, schüttelte den Kopf und war froh, daß sie nicht abhängig war.
Sie trat wohl kurz geistig weg und war in Gedanken bei Lanette, denn als sie wieder hinsah, war da ein Hubschrauber, ein großer, schwarz glänzender, über dem Gipfelhaus. Er sah super aus, echt großstädtisch.
Sie kannte ein paar brutale Weiber in Cleveland, mit denen sich niemand anlegen wollte, aber diese Molly war nicht so eine. Sie stellte sich wieder vor, wie Prior durch die Tür flog, wie er schrie ... Sie fragte sich, was er zuletzt wohl eingestanden hatte, denn sie hatte ihn reden hören und Molly hatte ihn danach nicht mehr geschlagen. Sie hatten ihn an den Stuhl gefesselt zurückgelassen, und Mona hatte Molly gefragt, ob er sich denn befreien könne. Entweder das, hatte Molly geantwortet, oder es finde ihn jemand oder er werde Dörrobst.
Der Helikopter ging runter, verschwand. Ein Mordsgerät, so einer mit je einem Rotor an beiden Enden.
Da hockte sie also und wartete und hatte verdammt keine Ahnung, was sie sonst tun sollte.
Von Lanette hatte sie gelernt, daß man hin und wieder seine Aktiva — Aktiva waren Vorzüge, Pluspunkte — aufstellen und den andern Kram einfach vergessen müsse. Also gut. Sie war weg von Florida. Sie war in Manhattan. Sie sah aus wie Angie... Hier unterbrach sie. War das ein Aktivposten? Also gut, anders ausgedrückt, hatte sie gerade gratis ein Vermögen an plastischer Chirurgie und WRWDO SHUIHNWH =lKQH bekommen. Tja, aus der Sicht betrachtet, war's so schlecht gar nicht. Denk nur an die Fliegen in der Penne! Tja, wenn sie das Geld, das sie noch hatte, in eine neue Frisur und Make-up investierte, könnte sie sich wohl einen Look zulegen, der so große Ähnlichkeit mit Angie nicht hätte, was wohl gar nicht dumm wäre — denn was, wenn's jemand auf sie abgesehen hätte?
Da war
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