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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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ärgerte Amber.
    „Wann wirst du endlich begreifen, dass ich erwachsen bin und allein entscheiden kann? Ich passe schon ...“
    „Na, das haben wir ja erlebt“, unterbrach Mom und rollte mit den Augen.
    Amber konnte Moms Furcht verstehen, aber sie hasste es, mit mütterlicher Fürsorge überschüttet zu werden.
    „Mom, was soll das bringen? Dämonen gehen durch die Wände“, schaltete Kevin sich ein und setzte eine wichtige Miene auf.
    Er hatte viel über sie gelesen, das wusste Amber. Lässig lehnte er mit verschränkten Armen am Türrahmen und wartete auf eine Reaktion.
    „Das sind ja herrliche Aussichten. Wollt ihr mir damit sagen, dieser ganze Horror mit den Monstern geht von vorne los? Und die tauchen hier auf und wollen uns umbringen? Das kann doch nicht wahr sein! Wir müssen was dagegen tun. Sofort. Vielleicht wie beim letzten Mal. Vielleicht hilft wieder das Schwert. Aidan, bitte ...“
    Sie drehte sich Hilfe suchend zu Aidan um. Der bemühte sich, gelassen zu wirken, doch Amber spürte, dass alles nur Fassade war. Wenn Mom geahnt hätte, dass auch er zu den dunklen Geschöpfen zählte, fände sie vor Angst und Entsetzen keinen Schlaf mehr. Aber Amber konnte sich ihr nicht anvertrauen. Mom war labil, nach Dads Tod besonders.
    „Aidan, du wirst doch nicht zulassen, dass Amber so was noch mal passiert!“
    Sein Zögern verunsicherte Mom, die gebannt an seinen Lippen hing. Amber spürte den inneren Kampf, den er mit sich ausfocht, zerrissen zwischen der Liebe, die ihm gebot, sie zu beschützen und dem Ruf der Finsternis, für die ein Sterblicher keine Bedeutung besaß.
    „Ich werde Amber beschützen, das verspreche ich“, antwortete er nach einer Weile.
    Für diesen Augenblick hatte seine menschliche Seite gesiegt, aber würde es das nächste Mal auch so sein?
    Mom atmete erleichtert auf und lächelte. „Danke, Aidan.“
    Sie wirkte so zerbrechlich, dass es Amber rührte. Sie hatte sich die Welt schon immer schöngeredet und sprach nur ungern über die Vergangenheit. Vielleicht wollte sie alles nur vergessen. Amber war aufgefallen, wie selten sie Dad erwähnte, obwohl ihr Blick oft abwesend war und von Trauer und Einsamkeit sprach. Ambers Herz krampfte sich zusammen, denn auch sie fühlte diese Ohnmacht und Leere seit Dads Tod. Aber anstatt darüber zu reden, schwiegen sie die Geschehnisse tot. Als könne man das Vergangene einfach vergessen.
    Kevin sah unsicher von einem zum anderen und wippte auf den Zehenspitzen. Er war sensibel genug, die unterschwelligen Spannungen zu spüren.
    „Dieser Dämon im Glen gehört zur Sorte der Aufhockdämonen“, sagte er in die bedrückende Stille.
    Amber nickte.
    „Weißt du auch, wer die anderen gewesen sind?“ Amber zuckte mit den Achseln und drehte sich zu Aidan um.
    „Ich weiß es auch nicht.“ Aidans Miene versteinerte, und er schwieg. Sie hasste es, wenn er sich in Schweigen hüllte.
    „Verdammt, Aidan, was verschweigst du uns?“, donnerte sie los.
    „Nichts.“
    Seine gespielte Gelassenheit brachte sie auf die Palme. „Ich glaube dir nicht. Du kennst die Dämonen, oder wie sonst hättest du mit ihnen fertig werden können?“
    „Was weißt du schon? Nur weil du jeden Tag zu Hermit rennst und eine Druidin werden willst, macht es dich nicht zur Expertin für Dämonen.“
    Sie zuckte zusammen, denn seine Worte verletzten sie. Er wusste doch genau, wie viel ihr daran lag. „Was stört dich an meinen Besuchen bei Hermit? Oder an ihm selbst?“ Amber war aufgesprungen.
    „Hast du denn nicht begriffen, wie gefährlich die Lehre der Druiden sein kann, was sie aus meinem Vater gemacht hat?“ Aidan redete sich in Rage.
    „Nicht die Lehre der Druiden war daran schuld, sondern seine Gier nach Unsterblichkeit.“
    Aidan presste ärgerlich die Lippen aufeinander. „Ich muss an die frische Luft“, sagte er und ging mit ausholenden Schritten zur Tür.
    Immer, wenn es auf einen Streit hinauslief, lief er davon. „Aidan!“, rief Amber ihm hinterher, aber er drehte sich nicht mehr um.
    „Lass ihn. Bestimmt braucht er ein wenig Zeit. Für ihn war das alles auch nicht leicht. Er hat auch seinen Vater verloren.“ Mom tätschelte mitfühlend Ambers Hand.
    „Ich weiß. Ich möchte ihm so gern helfen, aber ich komme nicht an ihn ran. Ich spüre nicht einmal seine Stimmungen. Er ist so ... anders geworden.“
    „Wenn du ihn liebst, halte zu ihm, kämpfe um ihn.“
    Wenn Mom wüsste, wie schwer ihr das fiel.

-9-
    A idan lief ziellos durch den Glen, durchstreifte

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