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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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erkannte ihre Verzweiflung, die gleiche, die auch er empfand. Er war genauso Revenants Opfer geworden wie Caitlin.
    Unvermutet lachte Caitlin freudlos auf. „Weißt du, ich habe ihn geliebt. Er war ein guter Mann, mutig, stark, großherzig. Und er liebte mich. Bis zu dem Tag, an dem die Hexe ihn zu Satans Tochter führte. Von da an veränderte er sich, denn er hatte von ihrem Blut getrunken und wurde zu ihrem Gefährten. Darüber hat er mich vergessen. Doch sie forderte mein Blut.“ Caitlins Blick zeigte ihm, dass die Vergangenheit sie gefangen hielt.
    Aidan fühlte sich bei ihren Worten immer betroffener. Er glaubte, in Revenant sein eigenes Spiegelbild zu erkennen.
    „Wo ist Revenant?“ Er hatte ihn hier gleich erwartet.
    Caitlins Miene verhärtete sich, Zorn sprühte aus ihren Augen. „Er holt sich die Versprochene.“
    Aidan stutzte und forschte in ihrem Gesicht nach einer Antwort. „Die Versprochene?“
    Caitlins Gesicht verzog sich zu einer Fratze, bei der sie ihre Vampirzähne entblößte. Hass loderte in ihren rot glühenden Augen. „Die, die unter dem Zeichen des blutenden Pfeils geboren wurde. Ihre magischen Kräfte sind außergewöhnlich. Sie ist eine Verbündete der Geistwesen. Ihretwegen ist er zurückgekehrt. Um sich das zu holen, was ihm versagt wurde.“
    „Nein!“
    Amber schwebte in Gefahr! Die Angst um sie traf ihn mit voller Wucht. Revenant wollte sie. In Aidans Kopf herrschte ein einziges Chaos, ausgelöst durch die vielen Fragen, die sich durch Caitlins Aussage ergeben hatten. Wie konnte es dem Vampir nur möglich sein, trotz der Verbannung die Schattenwelt zu verlassen? Und weshalb verlangte er ausgerechnet nach Amber? Er wandte sich an Caitlin, die zum Meer der verlorenen Seelen hinübersah. Auch sie begann, sich aufzulösen.
    „Wie ist es Revenant möglich, in die irdische Welt zurückzukehren?“
    Caitlin drehte sich zur Seite und breitete ihre Arme aus. Es wirkte wie ein Ausdruck der Ergebenheit. „Sie holen mich wieder“, flüsterte sie. Ihr Geist wurde milchiger, die Konturen unscharf, sodass man nur noch Mund und Augen erahnen konnte.
    „Du darfst jetzt nicht so einfach verschwinden. Du musst mir das erklären.“ Wäre sie ein körperliches Wesen gewesen, hätte er sie jetzt gepackt und die Antworten aus ihr geschüttelt. Aber mit jedem Stück, das sie sich verflüchtigte, schwand seine Hoffnung, Antworten auf seine Fragen zu bekommen. „Caitlin, verdammt! Wie ist es ihm möglich? Und warum gerade sie?“
    Caitlin drehte sich schwebend im Kreis. „Hörst du ihre Stimmen nicht? Die Antwort musst du selbst finden. Lebe wohl.“
    „Nein!“, brüllte Aidan in seiner Verzweiflung. Wie sollte er Amber vor Revenant beschützen, wenn er nicht wusste, wie es diesem gelungen war, zurückzukehren und vor allem, unbemerkt zu bleiben?
    Caitlin verschwand im Nichts. Nur das Echo ihres „Ich komme“ schwebte noch eine Weile durch die Stille, bevor es endgültig verstummte.
    Aidan ballte die Fäuste oder das, was noch davon übrig war. Solange sich sein Körper in der Starre befand, konnte er nicht zurückkehren. Hoffentlich kam er nicht zu spät. Die Sorge um Amber machte ihn rasend. Immer wieder marterte er sein Hirn, weshalb gerade sie Revenant versprochen sein sollte. Und von wem? Wussten die Sterns davon oder waren gar sie es, die dem Vampir das Versprechen gaben? Seinem Dad hätte er das durchaus zugetraut, aber nicht den Sterns, die Amber liebten. Außerdem war es Dad gewesen, der ihn aus der Schattenwelt zurückgeholt hatte. Oder doch nicht?
    Aidan erwartete ungeduldig darauf, aufzuwachen. Diese unerträgliche Stille und das Warten machten ihn wahnsinnig. Zwischen den Bergen am Horizont stiegen rote Rauchsäulen empor. Das Tal der Qualen. Er hatte Revenant einmal dorthin begleitet. Lebenden Menschen und Tieren, die sich in die Schattenwelt verirrt hatten, wurde dort das Blut ausgesaugt. Der Anblick des frischen Blutes war auch für ihn so verlockend gewesen, dass er sich kaum zügeln konnte. Einzig die Tatsache, dass er nur als Geistwesen vor Ort war, hielt ihn zurück. Die Verzweiflung in den Augen der Opfer und den Ekel vor sich selbst würde er jedoch nie vergessen.
    „Du wirst dich daran gewöhnen, dich von ihnen zu nähren. Menschen schlachten auch. Sie haben genauso wenig Respekt vor dem Leben wie wir“, hatte Revenant gesagt.
    Aidan wollte nicht in dieser Welt leben und doch war er bereits ein Teil von ihr. Er spürte, wie sein Geist wieder zurückgezogen wurde, und

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