Mondberge - Ein Afrika-Thriller
Kopfschmerzen waren noch immer da, aber sie hatten an Heftigkeit nachgelassen.
Er hörte Andreas Stimme. Irgendetwas war mit ihr passiert. Sie rief weiter nach ihnen, als Peter sich beeilte, den Hügel zu erklimmen. Auch Tom nahm den Aufstieg wieder in Angriff, und nach einer Weile kamen sie auf ein kleines Plateau, von dem aus sie eine weite Sicht auf die unter ihnen im Dunst liegenden Täler hatten. Aber Andrea war nicht da. Hans und Imarika standen auf der anderen Seite des Plateaus, wandten sich um, als Tom zu ihnen trat.
»Was ist los? Wo ist Andrea?«, fragte Tom außer Atem.
»Sie ist einfach ... abgerutscht ...«, sagte Hans und hob die Hände.
Sofort stürzte Tom an die Kante des Plateaus und zuckte zurück: Es ging steil hinab. Sehr steil. Vorsichtig wagte er sich erneut vor und sah nach unten. Zuerst sah er nur Peter, der vor ihm das Plateau erreicht hatte und sich nun Meter für Meter nach unten arbeitete. Dann entdeckte er auch Andrea, die auf einem kleinen Vorsprung etwa fünfundzwanzig Meter unter ihnen stand. Sie presste sich an die Felswand, schien jedoch unverletzt zu sein.
»Sie hat großes Glück gehabt«, sagte Imarika. »Der Nebel war sehr dicht. Sie hat die Kante nicht gesehen.« Er wirkte unglücklich.
»Ich habe versucht sie festzuhalten, aber ich hatte nicht genug Kraft.« Hans stand neben Imarika und blickte Tom betroffen an. »Sie war kurz vor uns – wenn sie nicht runtergestürzt wäre, dann hätte es einen von uns erwischt.«
Tom ging in die Hocke, um genauer sehen zu können, was sich unterhalb von ihnen abspielte.
»Peter, soll ich dir helfen?«, rief er.
»Nein, bleib oben. Es ist zu gefährlich hier.«
»Was ist mit Andrea. Ist sie verletzt?«
»Ich glaube nicht.« Peter hielt nicht an, während er mit Tom sprach. Bedächtig setzte er einen Fuß unter den anderen, kletterte langsam Meter für Meter zu dem Vorsprung hinunter, auf dem Andrea stand. Nach einer Weile hatte er es endlich geschafft. Sie unterhielten sich, und Peter schien sie auf Verletzungen zu untersuchen. Dann begannen die beiden den schwierigen Aufstieg an der beinahe senkrecht abfallenden Felswand. Sie kamen nur langsam voran, und Tom war unruhig, weil er ihnen nicht helfen konnte. Er spürte den Impuls, ihnen entgegenzuklettern, doch er sah ein, dass das nichts ändern würde. Die einzige Hilfe wäre ein Seil gewesen, aber sie hatten keins. In dieser Region gab es noch nicht einmal Lianen, die sie zu Hilfe hätten nehmen können.
Peter kletterte hinter Andrea, um sie aufzufangen, falls sie abrutschen sollte. Ihr Job als Fitnesstrainerin kam ihr zugute, und sie schien auch schon einige Erfahrung beim Klettern gesammelt zu haben. Dennoch musste Peter ihr immer wieder die richtigen Stellen zeigen, an denen sie Trittfestigkeit hatte, wies sie mehrfach auf lockere Steine hin und musste sie hin und wieder vor dem Abrutschen bewahren. Nach zwanzig Minuten hatten sie es geschafft. Andrea wirkte sehr erschöpft, als sie oben ankam. Ihre Hände waren blutig, die Hose und ein Jackenärmel zerrissen und sie hatte mehrere kleine Wunden an den Knien, am Kopf und an einem Arm, aber sie strahlte große Willenskraft aus. Sie wollte aus dem Gebirge raus. Sie wollte überleben. Tom spürte, wie ein Funke ihrer Energie, ihrer Entschlossenheit, auf ihn übersprang.
»Was ist denn passiert?«, erkundigte er sich. »Hast du den Abhang nicht gesehen?«
»Ich weiß es nicht genau«, antwortete sie. »Als ich hier oben ankam, war überall dieser elende Nebel.«
»Und dann bist du einfach weitergegangen?«
»Nein, natürlich nicht.« Sie schaute in die Runde und blieb auffällig lange an Imarika hängen. »Du bist doch weitergegangen, auf den Rand zu«, sagte sie zu ihm, ohne die Augen abzuwenden. »Ich bin dir gefolgt.« Sie wandte sich Tom wieder zu.
»Plötzlich bin ich mit einem Fuß ins Leere getreten und abgerutscht.« Imarika senkte den Blick.
»Wie hast du es geschafft, dich auf den Vorsprung zu retten?« Tom sah noch einmal über die Kante und ihm wurde bei dem Gedanken schlecht, wie tief sie hätte stürzen können.
»Ich bin erst nur ein Stück abgerutscht. Dann konnte ich mich an einem hervorstehenden Felsen festhalten. Und ich bin sogar wieder ein Stück raufgeklettert. Hans hat mir die Hand entgegengestreckt.« Sie erzählte stockend, unterbrach sich, redete weiter. »Dann ging plötzlich alles ganz schnell, die Steine unter meinen Füßen waren wohl lose. Ich bin immer weiter gerutscht. Nicht schnell, aber zu
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