Mondberge - Ein Afrika-Thriller
unterhalb hörte. Sie schienen etwas entdeckt zu haben, was sie zu großer Freude anspornte. Vorsichtig hob er den Kopf aus dem Versteck und blickte nach unten. Die Männer waren von ihrem Weg abgebogen und liefen in eine andere Richtung. Als Tom der Richtung mit den Augen weiter folgte, sah er, worüber sie sich so freuten: Eine dünne Rauchsäule stieg von einem der benachbarten Hügel auf. Peter. Er lenkte die Rebellen in eine andere Richtung ab. Und es funktionierte.
Sie warteten noch einmal lange, bis Peter endlich wieder zu ihnen stieß. Die Rebellen waren im nächsten Tal verschwunden. Sie konnten endlich weitergehen. Aber sie mussten sich möglichst unauffällig bewegen und durften nicht mehr laut sprechen.
Noch langsamer als zuvor arbeiteten sie sich den Berg hinauf. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an, bis sie einen Kamm erreichten, den sie überquerten, um auf der anderen Seite wieder abzusteigen. Jetzt freier und schneller, da sie zunächst sicher sein konnten, nicht direkt im Visier der Rebellen zu sein. Toms Beschwerden nahmen dennoch weiter zu. Die Umgebung verschwamm immer wieder vor seinen Augen, und seine Kopfschmerzen wurden unerträglich. Der Boden schien sich unter seinen Füßen zu bewegen, ganz sachte, aber deutlich spürbar. Er trank das erfrischende Wasser eines kleinen Baches, das seine Gedanken ein wenig klärte.
Er ließ Andrea an sich vorbeigehen und wartete, bis Peter bei ihm ankam. Eine Frage war ihm in den Sinn gekommen, die ihn schon in den vergangenen Tagen hin und wieder beschäftigt hatte.
»Peter«, sprach er den Guide an. »Ich frage mich, wie die Rebellen überhaupt wissen konnten, wann wir den Scott-Elliot-Pass überqueren würden.«
»Sie haben vermutlich einfach gewartet«, antwortete der Guide knapp.
»Das glaube ich nicht. Das Lager war weit weg. Mehrere Stunden durch die Wildnis. Und am Pass schien es nicht so, als hätten sie lange gewartet.«
»Was vermutest du also?«
»Ich glaube, dass jemand aus unserer Gruppe den Rebellen gesagt hat, wann wir kommen.«
»Da oben gibt es kein Handynetz.«
»Mit einem Satellitentelefon würde es funktionieren.«
»Das einzige Satellitentelefon, das wir dabei hatten, befand sich in meinem Besitz.«
Peter blieb stehen, um Tom zu mustern. »Denkst du, dass ich etwas damit zu tun habe?«
»Jeder andere aus der Gruppe könnte heimlich ein Satellitentelefon mitgenommen haben. Das wäre niemandem aufgefallen.«
»Tom, ich mache diese Touren seit vielen Jahren, ich habe Hunderte von euch erlebt, ich kenne mich mit Menschen und mit den Gründen, warum sie in den Ruwenzori steigen, aus. Noch nie ist mir eine Gruppe mit so vielen Geheimnissen begegnet, wie die eure. Jeder von euch scheint etwas mit sich herumzutragen. Auch du hast etwas, was du nicht erzählst.«
Gedankenverloren ging Tom weiter hinter Peter her, der ebenfalls kein weiteres Wort mehr dazu verlor.
Stunden später erreichten sie ein kleines Tal, durch das sich ein Bach, fast schon ein Fluss, seinen Weg grub. Vermutlich seit Jahrtausenden. Peter fand eine kleine Höhle, in der sie vor Regen und Blicken geschützt waren. Es roch vermodert, als hätten hier bereits viele Generationen vor ihnen Schutz gesucht. Peter erzählte, dass diese Höhlen bis vor einigen Jahren von Wilderern genutzt worden waren. Hier hatten sie ihre Beute gehäutet, zerlegt und weiterverarbeitet. Zum Beweis holte er aus einer hinteren Ecke die Knochen kleiner Säugetiere, von denen Tom in den letzten Tagen gerne mehr gesehen hätte. Aber die Wilderer hatten ganze Arbeit geleistet. Inzwischen gab es im gesamten Ruwenzori kaum noch Antilopen oder Wildschweine, die ehemals aus der Fauna der Landschaft nicht wegzudenken gewesen waren.
Sie versuchten, es sich möglichst bequem zu machen, indem sie trockenes Laub und dünnes Geäst zusammentrugen und sich daraus Unterlagen bauten. Die Dunkelheit fiel in der Höhle noch schneller über sie herein als draußen. Sie konnten kein Feuer machen, da sie der Lichtschein und der Geruch des Rauchs verraten hätten. Daher drängten sie sich aneinander, damit sie wenigstens die Wärme der anderen spüren konnten.
37
Hamburg-Fuhlsbüttel, 17. Juni
Die Verhandlungen mit der ugandischen Regierung verliefen schleppend. Sven Wiese hatte mehrfach versucht, auf den Botschafter Okot Kiguli einzuwirken, doch offenbar war die Regierung in Kampala der Überzeugung, dass sich das Land besser nicht in die Geiselnahme einmischen sollte. Damit war ein Einschreiten
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