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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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bedeckt, und wie überdimensionale Bärte hingen Flechten von den Ästen herab, die an manchen Stellen bis auf die Erde reichten. Jeder Zentimeter des feuchten Bodens war mit Farnen und Gräsern bedeckt, zwischen denen Orchideen in leuchtenden Farben hervorstachen. Bromelien hatten sich in umgestürzten Baumstämmen eingenistet, und knallgelbe Blüten wucherten an langen Ranken die Felsen und Stämme hinauf.
    Zwischen den Pflanzen flogen Nektarvögel hin und her, und trotz der Höhe bevölkerten Schmetterlinge die Luft. Blaue, rote, aber auch unscheinbarere braune Falter schwirrten in immer größeren Schwärmen um sie herum. Tom vergaß für einen Moment alle Sorgen. Erstaunt nahm er zur Kenntnis, dass er sich darüber freute, keinen Fotoapparat dabei zu haben, denn so konnte er sich völlig auf das Schauspiel konzentrieren, das sich um ihn herum abspielte. Als er einmal kurz stehen blieb, um sich einen der Vögel genauer anzusehen, spürte er, wie Andrea neben ihn trat und ihre Haut seinen Unterarm berührte. Sie zog ihren Arm nicht weg. Wärme durchströmte ihn bis in jede Faser seines Körpers. Er wandte sich zu ihr um und sah ihr ins Gesicht. Sie strahlte zum ersten Mal seit Tagen Freude aus. Einen Moment lang, der Tom wie eine Ewigkeit vorkam, schauten sich die beiden an. Tom konnte sich nicht von diesem Anblick lösen. Er liebte diese Frau. Und er würde alles dafür tun, dass sie unversehrt aus diesem Gebirge herauskam. Er wollte diese Frau beschützen und um sich wissen, zu jeder Zeit.
    »Was denkst du gerade?«, fragte sie ihn leise.
    Tom spürte das Blut in sein Gesicht steigen.
    »Ich ...«, stotterte er. »Ich habe gerade gedacht, wie es wohl wäre, wenn wir einfach hier blieben ...«
    Sie lächelte. Dann gab sie ihm einen schnellen Kuss auf die Wange, zog ihren Arm weg und eilte den anderen nach.
    »Ich vermisse jetzt schon den Geruch von Autoabgasen und den Kohleöfen in Berlin«, rief sie nach hinten.
    Er lachte und ging ihr nach. Seine Höhenbeschwerden waren fast vollständig verschwunden.
    Der Wald wurde mit jedem Meter, den sie weiter abstiegen, höher, und immer wieder verschwand die Wolkendecke über ihnen, weil sie von einem dichten Blätterdach verdeckt wurde. Noch ein Stück weiter veränderte sich die Umgebung schlagartig. Bananenstauden tauchten auf, Felder wiesen auf menschliche Besiedlung hin und die ersten einzeln stehenden Hütten erinnerten Tom daran, dass hier Menschen lebten. Aber die sauber gefegten kleinen Höfe waren leer, als sie sie überquerten. Hühner liefen herum, hier und da ruhten Ziegen unter den Bäumen. Wieder hatte Tom das Gefühl, beobachtet zu werden. Er sah sich um, aber er konnte außer den Menschen, mit denen er unterwegs war, niemanden entdecken.
    Sie marschierten nun über einen deutlich besseren Weg als bisher, kamen an weiteren Feldern vorbei, die verlassen dalagen. Und dann erreichten sie den See. Er schimmerte grünlich-blau und die dahinter liegenden Hänge spiegelten sich in der beinahe glatten Oberfläche. Zahllose Insekten huschten über das Wasser. Seine Ausmaße erschienen riesig und nahmen beinahe den gesamten Talkessel ein. Tom betrachtete die Insel in der Mitte des Sees. An ihrem Ufer standen Menschen, die ihnen entgegenblickten. Ebenso spärlich bekleidet wie ihr Empfangskomitee. Tom konnte ihre Mienen auf die Entfernung nicht erkennen. Aber er spürte die Anspannung, die von diesen Menschen ausging. Er machte sich die erste Begrüßung durch die Bayira-Frau noch einmal bewusst und ihm wurde klar: Sie waren hier alles andere als willkommen.
    Am Festlandufer saßen die Balindi auf einer freien Fläche und betrachteten sie neugierig. Was war hier los? Andrea, die vor ihm ging, blieb stehen. Als Tom sie erreichte, griff sie nach seiner Hand.
    »Ich habe so eine merkwürdige Stimmung noch nie erlebt«, flüsterte sie.
    »Ich auch nicht. Diese Tiere sind anders als alle Gorillas, die ich jemals gesehen habe. Ich habe auch noch nie gelesen, dass sie sich so verhalten.«
    »Ich habe davon schon gehört«, sagte Peter nun, der dicht neben ihnen stand. »Aber ich kann es mir trotzdem nicht erklären. Ich sehe, dass dort Tiere sitzen, die normalerweise so scheu sind, dass man sie nur von weitem hört. Ich sehe ein Tal, das ich bisher nur aus den Geschichten meiner Großmutter kannte. Ich sehe Menschen, die hier offenbar in vollkommener Harmonie mit ihrer Umgebung leben. Und ich spüre eine Gefahr, die von all dem für uns ausgeht.«
    Beklommen standen die

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