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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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Ruck zum Stehen.
    Die Hüttenreihe des Gästehauses, das ihnen für die kommende Nacht Unterkunft bieten sollte, lag im warmen Licht des späten Nachmittags. Manfred stellte den Motor ab und sprang stöhnend von seinem Sitz.
    Andrea betrachtete Peter aufmerksam, der die Gäste überschwänglich empfing. Dann gab sie sich einen Ruck und stieg betont entspannt aus dem Fond, um den schlanken Mann, der auch ihr freundlich lächelnd entgegentrat, zu begrüßen.
    Seine Haut war nicht so dunkel wie die der anderen Ugander, seine Lippen waren schmaler und er war deutlich größer. Er lächelte, als Andrea unter der Kraft seiner Hand leicht zusammenzuckte. Dieses Lächeln fiel ihr sofort auf. Die Ähnlichkeit war unübersehbar. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken.
    »Herzlich willkommen!« Seine Stimme war warm und tief. »Du bist bestimmt Andrea.«
    Sie nickte knapp. Der Mann sah sie mit den gleichen klaren Augen an, die sie schon seit Ewigkeiten kannte. Damit hatte sie nicht gerechnet.
    »Ich werde euch durch die grüne Hölle des Ruwenzori führen«, fuhr Peter in bestem Englisch fort. Auf Andreas Stirn entstand eine steile Falte. »Aber das ist alles halb so schlimm, wie es sich anhört. Ich passe schon auf euch auf.«
    Andrea konnte den Blick nicht abwenden. Sie musste es ihm sagen. Sofort. In diesem Moment wandte Peter sich den anderen Reisenden zu. Zwei Männer nahmen die Rucksäcke aus dem Kofferraum und trugen sie auf die Terrasse des kleinen Restaurants, das zu der spartanischen Anlage gehörte. Sie unterhielten sich in einer fremden Sprache.
    »Das ist Lhoukonzo, die Sprache der Eingeborenen hier in dieser Region.« Andrea erschrak. Hans stand dicht neben ihr, und sie spürte den Luftzug seiner Stimme an ihrem Ohr. »In Uganda werden über dreißig verschiedene Sprachen gesprochen.« Die feinen Haare in ihrem Nacken stellten sich auf, und ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken. Demonstrativ trat sie einen Schritt zur Seite, obwohl Hans schon auf die Terrasse zuging, um sich dort mit großer Geste ein Bier zu bestellen. Andrea wurde das Gefühl nicht los, dass er sie beobachtete. Was wollte dieser Mann von ihr? Auf einen Verehrer dieser Sorte konnte sie gut verzichten.
    Die Bilder der letzten Stunden geisterten durch ihren Kopf. Die kleinen Orte, deren Straßen mit Menschen geradezu überschwemmt waren. Die vielfältigen Waren, die überall angeboten wurden. Vor allem die vielen Bananensorten, die Holzkohle, die aus den illegalen Köhlereien der Berge kam und ohne die Ugandas Infrastruktur nicht funktionierte, goldgelber Mais, lange Zuckerrohrstangen, aber auch lebende Hühner in winzigen Käfigen, Sofas in schreienden Farben und Särge in jeder Größe – die meisten waren für Kinder gemacht. Andrea hatte die schillernden Kleider der ugandischen Frauen noch vor Augen und die fremden Gerüche in der Nase. Dennoch brach jetzt der Gedanke an ihre Mission über sie herein, eine Aufgabe, die sie in das pulsierende Herz Afrikas geführt hatte.
    Mit in die Ferne gerichteter Wahrnehmung dachte Andrea nach: War es richtig, was sie hier tat? Sollte sie nicht lieber auf der Stelle umkehren, nach Entebbe zurückfahren, das nächste Flugzeug besteigen und es sich wieder in ihrer schicken Berliner Wohnung gemütlich machen?
    Nach und nach ließ sich die kleine Reisegruppe auf der Terrasse nieder. Sie bestellten Bier, Wasser oder Cola und unterhielten sich angeregt über die bevorstehende Trekkingtour. Sieben Tage mit diesen Menschen.
    Andrea ging auf Tom zu, und eine verlegen kichernde Kellnerin stellte Bier und Cola vor sie hin.
    »Auf eine erfolgreiche Besteigung des Ruwenzori!«, rief Hans laut. »Und auf eine gesunde Rückkehr!« Er musterte Andrea, die sich von ihm abwandte, um in ihrer Tasche nach der Kamera zu suchen.
    Als sie wieder aufschaute, stockte sie für einen kurzen Moment. Tom sah ihr in die Augen, sekundenlang, ohne zu zwinkern, ohne die Miene zu verziehen. Röte stieg in Andreas Gesicht. Sie griff nach ihrer Colaflasche, nahm einen hastigen Schluck und vermied jeden weiteren Blick in die Runde.
    Stattdessen fixierte sie das Geschehen unterhalb der Terrasse. Der Platz der kleinen Anlage war sonnenbeschienen und mit saftigem Gras bedeckt. Zwei Häuserreihen erstreckten sich nach links und rechts, dahinter hatte sich ein Fluss ins Tal gegraben. Unterhalb des Gästehauses lag der kleine Ort Nyakalengija. Eine kleine Kaffeeplantage, nicht größer als ein Hektar, zog sich einen Hang hinauf.

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