Mondberge - Ein Afrika-Thriller
Ankömmlinge mit besorgten Gesichtern. Kamberes Vater Tsongo wollte wissen, was geschehen war, doch die beiden zögerten. Schließlich baten sie alle, mit ihnen zu kommen. Eilig stiegen sie den Hang hinauf, an Bananenpflanzungen und Manioksträuchern vorbei, gingen über den Hof neben Kathyas Hütte und drangen dahinter in den dichten Dschungel ein. Nach einer Weile öffnete sich die grüne Pflanzenmasse zu einer kleinen Lichtung, in deren Mitte die Balindi saßen. Seit Ewigkeiten bewohnten sie schon das Tal.
Die Balindi waren anders als die Bayira. Und doch waren sie ihnen in vielen Dingen sehr ähnlich. Schwarze Haare bedeckten ihre Körper beinahe vollständig und mit ihren bernsteinfarbenen Augen nahmen sie jede noch so kleine Bewegung wahr. Sie lebten hier am Hang der Berge ausschließlich von den Blättern der Sträucher und Bäume und unterhielten sich auf eine Weise, die ohne Worte auskam. Sie stritten und freuten sich, sie liebten ihre Kinder und bekämpften ihre Feinde. Sie erinnerten sich sehr genau an diejenigen, die ihnen Schaden zufügten, und erzählten dies in ihrer eigenen Art von Generation zu Generation weiter. Sie gehörten hierher wie der See und der Urwald und die Berge. Ohne sie war das Tal nicht vorstellbar, ebenso wie es die Balindi ohne das Tal nicht geben konnte. Von Kamberes Stamm wurden sie wie Götter verehrt – vielleicht auch, weil sie schon lange vor den Bayira hier gewesen waren.
Die Balindi blickten den Ankömmlingen entgegen, in ihren Gesichtern spiegelte sich große Sorge. Als Tsongo auf die Gruppe zutrat, wichen einige von ihnen scheu zur Seite, um den Blick auf das frei zu geben, was sie in ihrer Mitte schützten. Tsongo blieb abrupt stehen und stieß einen Ruf des Erschreckens aus. Kambere eilte zu ihm. Im hohen Gras der Lichtung lagen zwei Balindi zusammengekauert auf der Erde. Kambere hatte sie noch nie gesehen, dabei war er sicher, alle Bewohner des Tals genau zu kennen. Die beiden waren sichtlich erschöpft und sahen verstört zu Tsongo hinauf, der neben ihnen stehen geblieben war. Eine der Balindi blutete an der Schulter und am Rücken. Als Tsongo sich zu ihr hinabbeugte, stieß sie ein drohendes Knurren aus und wich zurück. Doch sofort grunzte Ruhondeza, der Älteste der Gruppe, leise. Tsongo stieß die gleichen Laute aus. Die Balindi beruhigte sich, doch sie wandte sich ab, als Tsongo ihre Wunden genauer untersuchen wollte.
»Das sind Johari und Tariro«, sagte Kamberes Vater zu Mbusa und Kathya. »Lange haben wir die beiden nicht mehr gesehen. Es müssen viele Jahre sein, seit sie das Tal verlassen haben.« Er schaute die beiden jungen Männer eindringlich an. »Was ist passiert?«
»Wir wissen es nicht«, antwortete Kathya. »Sie sind mitten in der Nacht aufgetaucht. Mbusa hat sie gehört, als sie durch das Unterholz brachen. Er hat mich geweckt, und zusammen sind wir in den Wald gegangen, um zu sehen, was los ist. Wir haben die beiden hier gefunden, als die anderen gerade aus dem Wald kamen.«
Mbusa wandte sich an Kambere und Baluku, die nun auch zwischen den Balindi standen. »Es tut mir leid, dass wir euren besonderen Tag mit schlechten Nachrichten verderben.« Er sah unglücklich aus, als er das sagte.
»Woher kommen die beiden denn? Und warum haben sie das Tal überhaupt verlassen?« Kambere blickte seinen Vater fragend an. Der betrachtete seinen Sohn und dessen besten Freund, dann sah er wieder auf die ermatteten Balindi.
»Wir wissen nicht genau, wohin sie gegangen sind. Vermutlich ist es ihnen hier im Tal zu eng geworden, und sie sind deshalb weitergezogen.«
»Aber ist es nicht ungewöhnlich, dass Johari und Tariro allein unterwegs sind?«, fragte Kambere.
»Von Akintunde haben wir keine Spur gefunden«, sagte Kathya an Tsongo gewandt. »Er ist nicht im Tal.« Betretenes Schweigen folgte diesem Satz.
»Wer?«, fragte Kambere.
»Akintunde war immer bei Johari und Tariro. Er hat sie nie aus den Augen gelassen. Es war die Entscheidung der beiden, das Tal zu verlassen. Akintunde ist ihnen damals nur gefolgt.«
»Und was heißt das, wenn er nicht da ist?«, mischte sich nun auch Baluku ein.
»Siehst du Joharis Wunden? Die sind nicht bei einem Kampf zwischen den Balindi entstanden. Das sieht nach einer Verletzung durch eine Machete aus. Es muss etwas Schlimmes passiert sein.«
Kambere war entsetzt. Er war mit diesen sanften Geschöpfen im Tal aufgewachsen, sie waren wie Familienmitglieder für ihn. Es gab so gut wie keine Auseinandersetzungen mit
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