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Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Titel: Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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fallen, ergänzte Amber in Gedanken. Carole erwiderte nichts, aber sie war mit einem Mal stiller und warf Amber einen Seitenblick zu, in dem eine Spur Besorgnis lag.
    „Ich geh dann mal in mein Zimmer. Wir treffen uns zum Dinner im Gastraum?“
    Amber nickte. Carole lief zur Tür und bevor sie die Klinke niederdrückte, wandte sie sich noch einmal um. „Ich spüre, dass dich etwas bedrückt. Ist es, weil ich Charles gebeten habe, dich abzuholen und uns zu begleiten?“
    „Musste es ausgerechnet er sein?“ Amber seufzte.
    „Ich weiß, aber ich dachte, du bist darüber hinweg.“
    „Das bin ich auch ... “ Aber wenn Aidan davon erführe ... Amber mochte sich nicht ausmalen, wie er reagieren würde. Wenn er sich an sein Versprechen hielte, würde er ihr nicht folgen. Nach ihrer Rückkehr in Gealach würde sie es ihm behutsam beibringen.
    „Charles kennt sich hier am besten aus. Du wolltest doch einen Fachkundigen.“ Carole klopfte ihr sanft auf die Schulter. „Oder bedrückt dich noch etwas? Wenn du reden möchtest, ich bin immer für dich da. Ich wollte nur, dass du das weißt.“
    Amber schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Danke, aber momentan ist alles in bester Ordnung. Mach dir keine Sorgen.“
    Als Carole gegangen war, sank Amber aufs Bett und blickte zum Fenster hinaus. Der Himmel war grau und Wolken türmten sich auf. Der Wind peitschte die Kronen der Ahornbäume. Bald würde es regnen. Sie schlang die Arme um ihren Körper, als wäre sie dem Sturm ausgesetzt. Oben auf dem Tor erkannte sie die Ruinen, die majestätisch dem Sturm trotzten. Ob ihr Vater später noch einmal hier gewesen war?
    Eine Weile saß sie da und ließ ihre Gedanken treiben, bis das Schlagen der Standuhr im Flur sie daran erinnerte, ihre Kleidung wegzuhängen und sich fürs Dinner umzuziehen. Sie fand keinen Schrank, sondern eine begehbare Kleiderkammer neben der Kopfseite des Bettes.
    Als Amber ihre Kleidung aus dem Koffer nahm, fiel ihr die Fibel ihres Vaters in die Hand, die sie obenauf gelegt hatte. Liebevoll strich sie mit den Fingern über die beiden Kreise, die der Pfeil durchbohrte. Ihr Blick fiel durch die geöffnete Tür der Kleiderkammer auf den Spiegel. Sie erstarrte. Es war eine kleinere Ausgabe von dem, der in Gealach im Keller hing, denn er trug das gleiche Symbol. Unwillkürlich presste Amber die Fibel fest an sich. Das war nur ein Spiegel. Dass er Samuels gleicht, war reiner Zufall. Sie durfte sich durch nichts ablenken lassen.
    Sie ordnete die Wäsche in die Fächer, wobei sie immer wieder zum Spiegel spähte. Kein Bild erschien auf der Oberfläche, nichts. Amber zog sich um, schloss erleichtert die Tür und begab sich auf den Weg zum Salon, in dem das Dinner serviert werden sollte.
    Carole saß allein am Tisch und blickte ihr erwartungsvoll entgegen. Charles war einer Einladung von Verwandten gefolgt. Der Abend würde harmonischer verlaufen als befürchtet. Sie plauderten über ihre Rollen im Theater und die Intendanten. Ambers Bauchmuskeln schmerzten vom Lachen. Gealach, Aidan, Revenant, alles rückte in weite Ferne. Erst nach Mitternacht gingen sie in ihre Zimmer. Amber nahm im Bett die Fibel in die Hand und schlief schnell ein.
    Lautes Gebrüll schreckte sie auf. Die Tür zur Kleiderkammer stand weit offen. Dabei war sie sicher, dass sie sie, als sie ins Zimmer zurückgekehrt war, geschlossen vorgefunden hatte. Ein leiser Zweifel keimte auf. Nein, die Tür war geschlossen gewesen. Die Fibel in ihrer Hand vibrierte. Das Gebrüll kam aus der Kleiderkammer. Männer schrien und Metall klirrte, als würde nebenan eine Schlacht stattfinden. Anscheinend hörte außer ihr niemand den Krach. Carole hatte einen leichten Schlaf und hätte mit Sicherheit längst vor ihrer Tür gestanden. Amber schwang sich aus dem Bett und betrat die Kleiderkammer. Sie erschrak, als sie im Spiegel eine Horde Krieger sah, die Streitäxte und Schilde schwangen. Die Fibel glühte in ihrer Hand. Im Spiegel von Gealach hatte sie Revenant gesehen und einen blutroten Mond. Aber Krieger in altertümlicher Kleidung, die eine Schlacht schlugen, waren etwas völlig Neues. Die Fibel zeigte Bilder der Vergangenheit. Sie glaubte zu träumen und schloss die Augen. Aber als sie sie wieder öffnete, war noch alles wie eben. Sie trat näher an den Spiegel und schrak zurück. Eine Horde rothaariger und blonder Hünen mit stämmigen Beinen und Keulenarmen strömte ins Bild. Unter furchtbarem Geschrei drängten sie ihre Gegner mit mächtigen Schlägen zurück.

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