Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Titel: Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
Vom Netzwerk:
Weg zum Tor hinauf, dicht gefolgt von Charles. Carole, die sicher schon bereut hatte, mehr Wert auf Ästhetik als Komfort gelegt zu haben, konnte nicht mithalten. Mit jedem Schritt, den Amber sich den Ruinen näherte, stieg ihre Aufregung. Sie spürte, wie nah sie dem Geheimnis ihrer Vergangenheit kam. Oben angekommen, drehte sie sich um und sah hinab. Zu dieser frühen Stunde erklommen nur wenige den Hügel. Amber war froh darüber, weil sie sich mit allen Sinnen auf diesen Ort konzentrieren konnte. Carole war ihnen bis zur Mitte gefolgt und dann stehen geblieben. Sie winkte Amber zu und bedeutete ihr mit einem Handzeichen, dass sie an dieser Stelle auf sie warten würde.
    „Und? Fühlst du was?“, fragte Charles.
    Früher hatte er sich zu ihrem Ärger über ihre Gabe lustig gemacht. „Dass du mir zu dicht auf die Pelle rückst“, erwiderte sie und trat einen Schritt seitwärts.
    „Meine Frage war ehrlich gemeint.“ Er sah aus wie ein Unschuldslamm, was nicht zu ihm passte.
    „Es gab eine Zeit, in der du dich gern auf meine Kosten amüsiert hast. Warum sollte ich glauben, dass du es nun ernst meinst?“
    „Menschen können sich ändern. Ich habe mich geändert.“
    Amber zog die Brauen hoch. Alles in ihr sträubte sich dagegen, das zu glauben, selbst wenn seine Worte ehrlich klangen. Sollte Charles sich wirklich in den vergangenen zwei Jahren geändert haben?
    „Bitte, Amber, lass uns das Kriegsbeil begraben. Ich bin hier, um dir bei den Recherchen zu helfen und nicht, um mich mit dir zu streiten.“
    Er reichte ihr die Hand als Friedensangebot, die sie zögernd ergriff.
    „Meinetwegen. Also Friede.“ Sie waren erwachsene Menschen, die einen Weg finden würden, miteinander umzugehen. Er hielt ihre Hand eine Spur zu lange, sodass sie sie ihm entzog. Amber sah nach vorn und schlenderte weiter. Sie fühlte sich in Charles’ Gesellschaft wider Erwarten entspannt. Weil er so herrlich normal war und sie ihn einschätzen konnte. Im Gegensatz zu Aidan.
    „Weißt du noch, als wir nach Brighton gefahren sind und das Strandhaus unter Wasser stand? Wir mussten in einem Zelt übernachten, das dann fast vom Regen weggeschwemmt wurde.“ Charles kicherte. „Ein tolles Wochenende war das.“ Er seufzte.
    Auch Amber konnte sich erinnern, wie viel Spaß sie damals gehabt hatten. Sie und Charles. Und wie verliebt sie gewesen waren, dass es ihnen nichts ausgemacht hatte, zwei Nächte im Wagen zu verbringen, bis sie eine Pension gefunden hatten. Charles plauderte so unverfänglich und gelöst wie früher. Damals war sie überglücklich gewesen und hatte geglaubt, ihre Beziehung würde ewig halten. Ein Trugschluss, wie sich herausstellte. Sie blickte viel zu oft zurück, anstatt in die Zukunft zu sehen. Weil die Zukunft dir kein Glück bescheren wird , meldete sich eine gehässige Stimme in ihrem Inneren.
    Sie war froh, am Tor angekommen zu sein, blieb stehen und ließ ihren Blick über das satte Grün des Hügels schweifen.
    „Kannst du jetzt etwas fühlen?“, fragte Charles.
    Amber zuckte mit den Achseln. „Nein, irgendwie nicht. Ehrlich gesagt, bin ich enttäuscht.“ Sie hatte gehofft, wenn sie hier oben stünde, würde sich ihr die Vergangenheit wie ein Buch offenbaren, aber weit gefehlt. Alles, was sie spürte, war der eisige Wind, der ihr durch die Kleidung fuhr und sie frösteln ließ.
    „Vielleicht ist es besser, wenn ich dich eine Weile allein lasse, damit du in dich hineinhorchen kannst.“
    Er lächelte sie aufmunternd an. So viel Einfühlungsvermögen hatte sie von ihm noch nie erfahren. Ein Charles, der sich um hundertachtzig Grad gedreht hatte. „Danke“, sagte sie. Er nickte ihr zu, bevor er sich auf den Weg abwärts begab. Charles’ Vorschlag, sie eine Weile allein zu lassen, war gut, denn als sie dem Wind lauschte, hörte sie wieder ihren Namen flüstern.
    „Geister des Windes, zeigt mir die Vergangenheit“, murmelte sie und zog die Fibel aus der Tasche. Sie berührte mit einer Hand das Tor. Eine Flut von Bildern drängte sich auf, aber sie standen in keinem Zusammenhang mit ihren Eltern. Amber war enttäuscht. Sie hatte gehofft, ihren Vater zu sehen oder eine Szene des Festivals. Nichts von alledem. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die steinerne Mauer und betrachtete die Fibel in ihrer Hand. Am liebsten hätte sie sie vor Enttäuschung fortgeschleudert, weil ihre Reise hierher umsonst gewesen war. Als Regentropfen vom Himmel fielen, stellte Amber sich Schutz suchend unter den Rundbogen der

Weitere Kostenlose Bücher