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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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nicht an mich, oder?«, fragte der Fahrer. Er hatte sich im Wagen als Carl Foster vorgestellt.
    Baedecker trank den Whiskey und betrachtete das rote Gesicht und die wässrigen blauen Augen des Mannes. »Nein«, sagte er.
    »Kann ich Ihnen keinen Vorwurf machen«, sagte der Farmer grinsend. »Wir beide waren zusammen in der vierten Klasse, aber ich blieb ein Jahr sitzen, als Sie und Jimmy und die anderen in die fünfte kamen.«
    »Carl Foster«, wiederholte Baedecker. Er ergriff die Hand des anderen Mannes. »Carl Foster. Ja, natürlich. Sie saßen vor Kevin und hinter Wie-hieß-sie-noch-gleich, dem Mädchen mit den Zöpfen und den … äh … «
    »Großen Titten«, ergänzte Carl und erwiderte Baedeckers Handschlag. »Jedenfalls für eine Viertklässlerin. Ja. Donna Lou Baylor. Hat Tom Hewford geheiratet. Das hier ist Galen, mein Schwiegersohn.«
    »Galen«, sagte Baedecker und schüttelte dem jungen Mann die Hand. »Ich glaube, wir waren zusammen bei den Pfadfindern, Carl, oder nicht?«
    »Der alte Meehan war Rottenführer«, bestätigte der Farmer. »Er hat uns immer gesagt, dass ein guter Pfadfinder auch ein guter Soldat wird. Hat mir eine verdammte Ehrenmedaille für Flugzeugerkennung verpasst. Ich hockte bis zwei Uhr morgens mit meinen Schattenrisskarten auf dem verdammten Heuschober und hab den Himmel beobachtet. Keine Ahnung, was ich getan hätte, wenn die Deutschen gekommen wären, um Peoria plattzumachen … wir haben erst 1948 Telefon bekommen.«
    »Carl Foster«, murmelte Baedecker. Er bestellte noch eine Runde beim Barkeeper.  
    Später, als die Schatten länger wurden, gingen sie nach hinten, um zu urinieren und ein paar Ratten zu schießen.
    »Galen«, sagte Foster, »lauf und hol die Zweiundzwanziger aus dem Wagen.«
    Sie standen am Rand der Schlucht und erleichterten sich auf den angesammelten Schrott von fünf Jahrzehnten. Rostige Bettfedern, alte Waschmaschinen, Tausende Blechdosen und der rostige Leichnam eines ‘ 38er Hudson füllten den Grund der Müllkippe. Jüngere Relikte lagen auf den schattigen Hügelflanken verstreut und vermischten sich weiter oben mit richtigem Abfall. Foster machte den Reißverschluss zu und griff nach dem Gewehr, das sein Schwiegersohn ihm entgegenhielt.
    »Kann keine Ratten sehen«, sagte Baedecker. Er stellte sein leeres Whiskeyglas weg und riss eine neue Dose Bier auf.
    »Man muss die kleinen Mistviecher aufscheuchen«, sagte Foster und feuerte in einen schon ziemlich durchlöcherten Waschzuber zwanzig Meter weiter unten am Hang. Dunkle Schemen stoben davon. Der Farmer lud eine neue Patrone in die Kammer und schoss noch einmal. Etwas schnellte in die Luft und fiepte. Foster reichte Baedecker das Gewehr.
    »Danke«, sagte Baedecker. Er zielte sorgfältig auf einen Schatten unter einem Philco-Radioschrank und drückte ab. Nichts regte sich.
    Foster hatte sich eine Zigarette angezündet, die ihm jetzt beim Sprechen an der Lippe baumelte. »Ich glaub, ich hab irgendwo gelesen, dass du bei den Marines warst.« Er nahm eine Frühstücksflockenpackung auf halbem Weg ins Visier und feuerte. Ein schriller Schrei ertönte, schwarze Schemen wuselten über den Müll.
    »Ist schon lange her«, sagte Baedecker. »Korea. Musste eine Zeit lang mit der Navy fliegen.« Die Flinte hatte fast keinen Rückstoß.
    »Ich selber hab nie gedient«, sagte Foster. Die Zigarette wippte auf und ab. »Bruch. Wollten mich nicht. Hast du je einen Menschen erschießen müssen?«
    Baedecker verweilte mit halb erhobener Bierdose. Er stellte sie ab, als Foster ihm das Gewehr gab.
    »Musst nicht antworten«, sagte der Farmer. »Geht mich ja auch nix an.«
    Baedecker spähte mit zusammengekniffenen Augen am Lauf entlang und drückte ab. Der trockene Knall der .22er ertönte, gefolgt von einem Poltern, als ein altes Waschbrett umkippte. »Man konnte aus dem Cockpit dieser alten Panther nicht viel erkennen«, sagte Baedecker. »Man warf seine Ladung ab. Flog nach Hause. Viel persönlicher war es bei meinen drei bestätigten Luft-Luft-Abschüssen auch nicht. Bei zweien sind die Piloten rechtzeitig raus. Beim dritten war mein Visier gesprungen und ölverschmiert, darum habe ich noch weniger gesehen als sonst. Die Waffenkameras haben nicht aufgezeichnet, dass jemand ausgestiegen wäre. Aber das hast du sicher nicht gemeint. Es ist nicht dasselbe, als würde man einen Menschen erschießen.« Baedecker lud die .22er durch und reichte sie Foster.
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte der und feuerte rasch. Eine

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