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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Foster. »Wurde wiedergeboren. War eine Zeit lang richtig religiös. 1966 hat er für den Straßenbau gearbeitet, als er von seinem Mähtraktor fiel und von dem Ding überfahren wurde. Hat noch eine Woche gelebt, dann hat ihn eine Lungenentzündung erwischt.«
    »Hmmm«, sagte Baedecker und drückte ab. Ein wuselnder Schatten wurde zur Seite geschleudert und fiepte vor Schmerz. Baedecker nahm die Flinte wieder in Schräglage und lud dreimal durch, um sich zu vergewissern, dass die Kammern leer waren.
    Er gab sie weiter. »Ich muss zurück«, sagte er. »Ich muss um acht eine Rede halten.«
    »Scheißspiel«, sagte Carl Foster und reichte Galen das Gewehr.
    »Sind Sie sicher, dass Sie keinen Kaffee möchten?«, fragte Bill Ackroyd nervös.
    »Ganz sicher«, sagte Baedecker. Er stand vor dem Dielenspiegel in Ackroyds Haus und versuchte zum zweiten Mal, die Krawatte zu binden. »Wie wäre es mit etwas zu essen? «
    » Hab gut gefrühstückt«, sagte Baedecker. »Zweimal. «
    » Jackie kann Ihnen was von dem Roastbeef aufwärmen. «
    » Keine Zeit«, sagte Baedecker. »Es ist fast acht.« Sie eilten zur Tür hinaus. Die Dämmerung überzog die Maisfelder und Ackroyds RV mit einem fast überirdischen Leuchten. Ackroyd setzte mit dem Bonneville zurück, dann brausten sie die Straße entlang.
    Das Gelände des Old-Settlers-Jahrmarkts wurde von Lichtern erhellt. Die Leinwand des großen Zelts wurde von innen angestrahlt, gelbe Glühbirnen waren zwischen den Spielbuden aufgehängt, die Softballfelder waren in gleißenden Schein gebadet und die Karussells von bunten Lampions umkränzt. Baedecker erinnerte sich plötzlich an eine Nacht im August, als Jimmy Haines bei ihm geschlafen hatte. Das war die Nacht vor Old Settlers gewesen. Irgendwann nach Mitternacht waren die beiden Jungs aufgewacht, als folgten sie einem geflüsterten Befehl, hatten sich lautlos angezogen, waren über den Drahtzaun am hinteren Ende des Geländes geklettert und durch das hohe Gras der Wiesen hinter der Highschool gestapft, bis sie nahe genug waren, dass sie die leisen Flüche und Anweisungen der Arbeiter hören konnten, die die Attraktionen aufbauten. Plötzlich waren die Lichter von Riesenrad und Kettenkarussell angegangen, strahlende Muster vor der schwarzen Nacht des Mittelwestens. Baedecker und sein bester Freund standen reglos da, wie gelähmt vor Staunen.
    Baedecker erinnerte sich auch, wie er auf dem Mond stand und sein ohnehin abgedunkeltes Visier zusätzlich mit der Hand im dicken Handschuh abschirmte, um den schwarzen Himmel nach einem einzigen Stern abzusuchen. Er konnte keinen entdecken. Nur das weiße Gleißen der kraterübersäten Oberfläche und das Licht der unbedeutenden Sichel der Erde drangen durch das goldgetönte Visier.
    Ackroyd parkte hinter einem Polizeiauto, dann gesellten sich die beiden Männer zu der Menge, die zur Turnhalle der Highschool strömte. Baedecker erkannte den Holz- und Lackgeruch sofort. Er hatte mit Basketbällen gedribbelt, wo sich heute Stühle aneinanderreihten. Das Podium, das er betrat, war die Bühne für eine Aufführung in der sechsten Klasse gewesen. Er hatte die Rolle des Waisen Billy gespielt, der sich im letzten Akt als wiedergekehrter Christus entpuppt und gekommen ist, die Barmherzigkeit einer Familie auf die Probe zu stellen. Baede ckers Vater hatte von Camp Pendl eton geschrieben, dass das wohl die kolossalste Fehlbesetzung in der Geschichte des Theaters war.
    Er hockte sich neben Ackroyd auf einen grauen Metallstuhl, während Bürgermeisterin Seaton die Menge um Ruhe bat. Baedecker schätzte, dass etwa drei- bis vierhundert Menschen auf Klappstühlen und Holzbänken saßen. Weitere Zuschauer standen unter den offenen Türen weiter hinten. Von den Karussells wehte in der schwülen Luft Musik herüber.
    » … vo m Apollo - Programm. Unser Reisender zum Mond. Einer von Amerikas wahren Helden und Sohn von Glen Oak … Richard M. Baedecker!«
    Applaus brandete auf und übertönte vorübergehend sogar die Jahrmarktsmusik. Als Baedecker sich erhob, versetzte Bill Ackroyd ihm einen Schlag auf den Rücken, bei dem er fast in die Knie ging. Er richtete sich wieder auf, schüttelte der Bürgermeisterin die Hand und drehte sich zu der Menge um.
    »Danke, Bürgermeisterin Seaton und Mitglieder des Stadtrats. Es freut mich, dass ich heute Abend hier in Glen Oak sein darf.« Es folgte eine erneute Runde Applaus, und in den wenigen Sekunden, bevor er weitersprach, stellte Baedecker fest, dass er ziemlich

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